Kolumne «Heute vor»Vier Liter Maikäfer, bitte!
Im Mai 1933 waren Landbesitzer am Zürichsee verpflichtet, Maikäfer einzusammeln und bei der Gemeinde abzuliefern. Wer der Forderung nicht nachkam, bekam eine Busse.
Bevor Maikäfer mit ihrer tollpatschigen Zielstrebigkeit durch die Lüfte brummen, verbringen sie bis zu fünf Jahre unter der Erde. Dort schlagen sie sich als Larven – Engerlinge genannt – mit den Wurzeln von Pflanzen den Magen voll. Einmal an der Oberfläche, ist der Hunger nicht gestillt, und es wird weiter verspeist, was vor die Mundwerkzeuge kommt.
Da ein grosses Auftreten der Insekten verheerende Folgen für die Landwirtschaft haben kann, werden Maikäfer seit Jahrhunderten vom Menschen bekämpft. So auch im Mai des Jahres 1933. Um der Ausbreitung des Schädlings Herr zu werden, wurde zu jener Zeit ein drastisches Mittel ergriffen: Wie in einer amtlichen Anzeige im linksufrigen «Anzeiger vom Zürichsee» zu lesen war, waren sämtliche Landbesitzer auf Anordnung des Bundes dazu verpflichtet, mindestens vier Liter der toten Insekten abzuliefern.
20 Rappen pro Liter
Damals war die Maikäferjagd in der Schweiz gang und gäbe. Für besonders fleissige Sammler sprang sogar ein kleines Entgelt heraus: Wer mehr als die vier Liter einsammelte, erhielt für jeden «freiwillig gesammelten Liter Käfer» eine Entschädigung von 20 Rappen – für manches Kind der Nachkriegszeit ein willkommener Batzen. Wer sein Soll wiederum nicht erfüllte, wurde mit einer Busse von 50 Rappen pro fehlendem Liter bestraft. Wer sich an der Sammelaktion gar nicht erst beteiligte, musste sogar mit einer Busse bis zu 50 Franken rechnen.
Nach Ablieferung wurden die proteinhaltigen Insektentonnen verbrannt oder an Hühner und Schweine verfüttert. Als man jedoch merkte, dass sich der Geschmack der Eier dadurch veränderte, wurde der Schädling als Hühnerfutter verpönt. Bis etwa Ende der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das Käfersammeln praktiziert.
Botschaft aus England
Zur gleichen Zeit landeten im Wädenswiler Strandbad Rietliau drei zusammengebundene Ballone. Wie im «Anzeiger des Bezirks Horgen» zu lesen war, hing ein kleines Brieflein in englischer Sprache daran befestigt. Beim Inhalt handelte es sich um eine Werbebotschaft der «Twickenham Film Studios» aus London. Offenbar wurden dort am Sonntagnachmittag – also weniger als 20 Stunden bevor die Nachricht gefunden wurde – zahlreiche Ballone losgelassen. «Die Strecke vom Aufstiegs- bis zum Fundort beträgt in Luftlinie rund 650 Kilometer», staunte der Autor nicht schlecht.
Fehler gefunden?Jetzt melden.