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Meinung

Kolumne «Heute vor»
Als das Militär eine Thalwiler Industriehalle in die Luft jagte

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Nach der Explosion lag das Areal in Trümmern.
Die alten Fabrikationsanlagen der Färberei Thalwil vor der Sprengung.
35,5 Kilogramm Sprengstoff liessen die Halle zerbersten.
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An diesem Montagnachmittag vor 45 Jahren war die Seestrasse autoleer, umso mehr Kinder und Schaulustige drückten sich dafür an die Abschrankungen und erwarteten gebannt das ihnen versprochene Spektakel. Das abbruchreife Areal der alten Färberei in Thalwil war umstellt von Soldaten in Kampfmontur und Polizisten. Gleich sollte es 15 Uhr schlagen, die Spannung stieg.

Dann war es so weit. Urplötzlich zerriss eine ohrenbetäubende Explosion die Stille. Die Wände der alten Fabrikationsanlagen fielen ein, als bestünden sie aus dünner Pappe, die zersprengenden Stützen glichen berstenden Zündhölzchen. Wie eine gefällte Eiche stürzte der hohe Kamin in die Trümmer. Sekunden später hüllte ein undurchsichtiger Staubpilz das Publikum ein und stahl ihm die Sicht. So schnell, wie es begann, war das Schauspiel auch zu Ende – der Nordwestflügel der ehemaligen Färberei Thalwil lag in Schutt und Asche. 

Gesprengt wurde die Halle von den Luftschutzsoldaten des Schweizer Militärs zu Übungszwecken. Und auch die Räumung der zurückgebliebenen Trümmerruine habe den Soldaten dazu gedient, einen Einblick in die Realität eines Ernstfalleinsatzes zu gewinnen, schreibt der «Anzeiger des Bezirkes Horgen».

Die Sprengung sei von den Soldaten sowohl vorbereitet als auch durchgeführt worden. So mussten im Vorhinein die Fenster der angrenzenden Häuser und die umliegenden Bäume geschützt werden. Die insgesamt 35,5 Kilogramm Sprengstoff wurden in kleinen Portionen an den Wänden und Stützen der 37 Meter langen Halle angebracht. Aufwand und Ertrag schienen zu stimmen, resümierte der Journalist in seinem Bericht. «Die Verantwortlichen beschauten sich nach dem Auflösen der Staubwolke zufrieden ihr kunstvoll erwirktes Trümmerfeld.» 

Weniger spektakulär, doch mindestens genauso skurril wirkt eine Kurzmeldung der «Zürichsee-Zeitung» aus derselben Woche. In Küsnacht sei eine vermisste Frau aufgefunden worden. Anwohner vermeldeten der Polizei, dass eine ältere Dame durch die Strassen von Küsnacht irre.

Die Beamten griffen die Frau daraufhin in der zentralen Unterführung auf. Es stellte sich heraus, dass die 67-Jährige am Vortag aus der Psychiatrischen Klinik in Münsterlingen im Kanton Thurgau entwichen war und laut eigenen Angaben zu Fuss nach Küsnacht gereist war.

Ob die psychisch kranke Frau die über 70 Kilometer tatsächlich als Fussgängerin innert eines Tages zurückgelegt hat, bleibt unklar. Falls dem so wäre, hätte die Seniorin wohl so mancher Marathonläuferin die Stirn bieten können.