Kolumne «Heute vor»Als Jugendliche Notenautomaten mit einer Schrotflinte aufschossen
Vor 30 Jahren trieb eine Jugendbande in Wädenswil ihr Unwesen. Die Clique knackte Autos, raubte und zog mit einer Schrotflinte in der Gegend herum.
Schön waren sie die goldenen Neunziger. Doch dass nicht alles Gold ist, was glänzt, beweist ein Blick ins Zeitungsarchiv von vor 30 Jahren. Im grossen Stil geknackte Autos, Diebstähle und Raubüberfälle sorgten rund um den See, insbesondere am linken Ufer, für Aufsehen. Verantwortlich für die insgesamt 151 Straftaten war eine 50-köpfige Jugendbande. Die meisten Mitglieder stammten aus Wädenswil, viele von ihnen waren minderjährig.
«Es ist ein Fall in noch nie da gewesenem Ausmass», liess Feldweibel René Dutli von der Kantonspolizei Zürich gegenüber der «Zürichsee-Zeitung» verlauten. Die Gesamtdeliktsumme betrug rund 81’000 Franken, dazu kam ein Sachschaden an den aufgebrochenen Autos in der Höhe von 45’000 Franken.
Die Clique hatte sich auf das Autoknacken spezialisiert. Objekt der Begierde seien meist Radios, CD-Geräte und Lautsprecheranlagen gewesen. Teils seien die Geräte für den Eigengebrauch genutzt, manchmal aber auch zur Finanzierung des Heroinrauchens verscherbelt worden.
Vier Jugendliche hätten es gar so weit getrieben, Notenautomaten an Tankstellen mit einer Schrotflinte aufzuschiessen, um an das Bare zu gelangen – dies jedoch mit wenig Erfolg. Anders als vielleicht vermuten lässt, entstammten die Täter der Mittelschicht und hatten nichts mit «Home Boys, Skinheads oder Ähnlichem» am Hut.
Vielmehr sei «Action» im Vordergrund gestanden, hielt der zuständige Horgner Jugendanwalt Hansueli Gürber fest. Zu langjährigen Haftstrafen kam es aber trotz allem nur vereinzelt. Gürber spricht von einer kriminellen Phase und dass die Jugendlichen aus ihren Fehlern gelernt hätten. «Das ganze Verfahren hatte schon eine abschreckende Wirkung.»
Es lässt sich nur rätseln, ob ein bewaffneter Räuber, der in Zollikon sein Unwesen trieb, ebenfalls zur Wädenswiler Bande gehörte. Jedoch trug sich zu dieser Zeit ein dreister Überfall zu, bei dem ein Unbekannter in Motorradbekleidung einen auf einer Parkbank schlafenden jungen Mann aufweckte und ihn sogleich mit einem Messer bedrohte.
Der Täter nahm seinem Opfer Lederjacke, Armbanduhr, Fingerring, Fotoapparat sowie Walkman ab und brauste daraufhin mit seinem Motorrad über alle Berge. So hat sich der dösende Jüngling den Weckruf aus seiner Siesta bestimmt nicht vorgestellt.
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