ProbefahrtVernünftige Fahrspassmaschine
Mit dem i4 zeigt BMW, dass die Bayern den Sprung ins Elektrozeitalter problemlos schaffen werden, ohne die eigenen Markenwerte zu beschneiden.
Damit ein 4er-BMW in unseren Breitengraden Aufmerksamkeit erregt, muss schon ein grosses M davorstehen – und selbst dann drehen nur wenige den Kopf, schliesslich sind diese hochpotenten Coupés oft auf unseren Strassen anzutreffen. Doch dieser 4er ist anders. An der Raststätte, auf dem Parkplatz, in der Tiefgarage fragen die Leute, was das denn für ein BMW sei – so flüsterleise, wie der fährt, ist das wirklich ein Elektroauto?
Ja, ist er. Der i4 ist die rein elektrische Variante des 4ers, und obwohl er sich äusserlich nur durch kleine Details von der Basisvariante abhebt, hat er einen ganz anderen Charakter als die Geschwister mit Verbrennungsmotor. Und – das ist wichtig zu betonen: Obwohl der i4 nicht auf einer spezifischen Elektroplattform, sondern auf dem 4er Gran Coupé aufbaut, fühlt er sich an wie ein Vollblut-Stromer.
Teuer, aber gut
Zum Test trat der i4 in der Variante eDrive40 an, mit Heckantrieb, 250 kW (340 PS) Leistung und 430 Nm Drehmoment, die zu einem Basispreis ab 69’900 Franken zu haben ist. Wie von BMW gewohnt, kommt noch einiges für Optionen hinzu, der Testwagen kostete so knapp 90’000 Franken. Das ist viel Geld für eine Mittelklasselimousine, doch man bekommt dafür auch ein vernünftiges, ausgereiftes, hochwertiges Elektroauto – und eine Fahrspassmaschine, die das blau-weisse Logo zu Recht trägt. Die Limousine fährt sich wunderbar geschmeidig, schiesst auf Wunsch auch wie vom Flitzebogen geschossen davon, ist zwar leise, aber immer präsent. Die Lenkung ist wie gewohnt präzise und gibt ein klares Feedback über die Beschaffenheit der Strasse. Das alles trifft den Slogan «Freude am Fahren» voll, einfach in einer moderneren Interpretation.
Im Vergleich zum i3, der aufgrund seiner bescheidenen Reichweite eher für kurze Strecken geeignet ist, schafft der i4 dank einer guten Aerodynamik (Cw-Wert: 0,24) und seiner grossen Batterie locker auch Langstrecken: Die nutzbare Kapazität von 80,7 kWh reicht für maximal 590 Kilometer gemäss WLTP, in der Realität sind es wie bei allen Elektroautos etwas weniger. Neigt sich der Füllstand dem Ende zu, steuert man am besten eine der inzwischen sehr zahlreichen Schnellladestationen an. Dort saugt der i4 mit bis zu 205 kW und füllt seine Akkus in einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent. Das ist kein Problem, denn nach vier Stunden Fahrt ist ohnehin eine Pause angesagt, und nach einem Kaffee und einem Toilettenbesuch ist der Elektro-BMW wieder fit für weitere vier Stunden Autobahn.
Typisch BMW
Dass der i4 auf dem 4er Gran Coupé basiert, erkennt man nicht nur von aussen am Design, sondern auch im Innern. Das bedeutet auch: Die enorm luftigen Platzverhältnisse, wie sie Modelle auf reinen Elektroplattformen haben, kann der BMW nicht bieten. Doch man sitzt auf allen vier Plätzen gut mit ausreichend Raum für Kopf, Ellbogen und Beine, und der Kofferraum ist mit 470 bis maximal 1290 Litern mit umgeklappten Rücksitzen ebenfalls dem Segment angemessen. Auch die Bedienung weicht kaum von einem 4er mit Verbrennungsmotor ab – wer sich die futuristische Welt mancher Stromer noch nicht zutraut oder sich lieber schrittweise herantasten will, ist mit dem i4 gut bedient. Das grosse Display, das aus zwei Bildschirmen zusammengesetzt ist und sich quer von hinter dem Lenkrad bis über die Mittelkonsole erstreckt, haben auch die Modelle mit herkömmlichem Antrieb, das Navigieren durch die Menüs ist zwar nicht mehr so einfach und logisch, wie es früher bei BMW war, gelingt aber immer noch problemlos.
Mit dem i4 (und auch dem iX) beweist BMW, dass die Bayern den Sprung ins Elektrozeitalter problemlos meistern werden, ohne dabei die bekannten Markenwerte zu beschneiden. Denn ganz egal, ob nun ein Reihensechszylinder unter der Haube oder ein Elektromotor an der Hinterachse für Vorschub sorgt: Hinter dem Steuer fühlen sich die Autos aus München einfach grossartig an. Für dieses Fahrgefühl greifen viele gerne etwas tiefer ins Portemonnaie, denn schliesslich bekommt man auch abgesehen davon ein hochwertig ausgestattetes und verarbeitetes Produkt.
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