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Reportage
Toast Hawaii und Pannenhilfe: Auf den Spuren des «Guide Michelin»

Eine alte Ausgabe des Michelin-Führers mit einem Bibendum-Modell, der Maskottchenfigur, und einem dazugehörigen Werbefoto.
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550 Kilometer trennen Frankfurt und Salzburg. Eine Strecke, für die man mit dem Flugzeug eine gute Stunde braucht. Alternativ könnte man auch die Bahn nehmen. Doch das Risiko, zumindest auf deutscher Seite irgendwo zu stranden und nach acht oder neun statt sechs Stunden anzukommen, mögen wir nicht eingehen. Also wählen wir das Auto, in diesem Fall einen gediegenen und geräumigen SUV von DS: Schliesslich fahren wir zur Verleihung der österreichischen «Michelin»-Sterne. Was passt da besser als ein stilvoller Wagen der französischen Marke?

Rasch ziehen nach der Abfahrt von der deutschen Michelin-Zentrale am Frankfurter Flughafen die Ausfahrten Aschaffenburg, Würzburg und Nürnberg vorbei. Wie die Reise wohl vor 100 Jahren verlaufen wäre, oder noch früher im Jahr 1900, als Michelin in Frankreich den ersten «Guide» herausbrachte?

Eine Tour ohne «Guide» war fast undenkbar

Damals war das rote Büchlein noch kein Gastroführer mit Restaurant- und Hotelempfehlungen. Vielmehr richtete es sich an die 2400 französischen Autofahrer sowie Fahrradtouristen, die unterwegs Pannenhilfe benötigten, ihre Batterien nachladen oder Benzin tanken mussten. Reisen war aufwendig, zumal mit dem Auto. Der kostbare Sprit wurde in Depots gelagert, Strassen und Wege waren auf Pferdekutschen ausgelegt und entsprechend holprig. Da waren Radfahrer und Automobilisten froh, wenn ihre Gefährte auf den von den Brüdern Michelin eben erst erfundenen, aufblasbaren Luftreifen rollten. Und vor allem: wenn sie nachschlagen konnten, wo sie einen der nicht eben seltenen Platten reparieren lassen konnten.

Mit der Motorisierung des Verkehrs entstanden immer mehr Tankstellen und Werkstätten, und die Interessen der Reisenden wandelten sich. Wo kann man komfortabel übernachten, wo zumindest schlafen? Es dauerte aber noch bis 1923, bis der «Guide Michelin» auch solche Adressen aufnahm und den Grundstein zum Erfolg des roten Nachschlagewerks legte. Ohne Strassenkarten und ohne «Guide Michelin» in Frankreich auf Tour zu gehen, war fast undenkbar.

Verschiedene Gerichte auf einem Küchentisch, darunter Suppe, Röstis mit Lachs und Kräutersosse, sowie ein Sandwich.

Noch heute findet man den roten Führer im Buchhandel. Zudem finden sich alle Adressen und Beschreibungen in einer kostenlosen App, was angesichts der immer kleiner werdenden Handschuhfächer moderner Autos sicher seine Berechtigung hat.

Für jeden etwas

Der DS rauscht staufrei gen Süden, vorbei an den vielen Sternetempeln links und rechts der Autobahn. 2024 haben sich in Deutschland 340 Restaurants einen oder mehrere Sterne erkocht, zehn wurden sogar mit drei Sternen gekrönt. In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 136 Restaurants mit «Michelin»-Sternen ausgezeichnet, darunter vier mit der Höchstbewertung. Einmal dort zu speisen, dürfte aber für das Gros der Bevölkerung ein unerfüllter Traum bleiben. Selbst die 1-Stern-Adressen bleiben einem kleineren Teil der Bevölkerung vorbehalten. Trotzdem empfiehlt es sich, die «Michelin»-App herunterzuladen – etwa, um sich die 199 mit dem «Bib Gourmand» ausgezeichneten Restaurants näher anzuschauen. Der «Bib» steht für ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis, und wer dort stoppt, wird in der Regel nicht enttäuscht.

Die Schweizer Ausgabe des Gastroführers gibt es seit 1994. In Deutschland gibt es den «Guide» bereits seit 1964. Damals hätten wir nach drei, vier Stunden irgendwo vor Nürnberg das Büchlein aus dem Handschuhfach gezogen, ein nettes Restaurant gesucht und uns Käsespiesschen, einen Toast Hawaii oder ein paar Fliegenpilzeier gegönnt, jene beliebten hart gekochten Eier mit rotem Tomatendeckel und Mayonnaisetupfen. Wie es schmecken würde, hätten wir aber vorher nicht gewusst. Der «Guide» beschränkte sich auf Restaurantname und -adresse, Telefonnummer sowie ein, zwei Preise – zur Qualität wurde anfangs kein Wort verloren.

Drei DS 7 Autos in einer Reihe auf einem Parkplatz vor einem weissen Gebäude und Sonnenschirmen.

Eher schon zur Qualität der Herbergen: Es gab Symbole für Heizung, Dusche oder Badewanne, warmes Wasser oder Toilette auf dem Zimmer. Heute hat sich der Fokus der Bewertung etwas verschoben: Wellness, Gastronomie, Komfort und auch Nachhaltigkeit und Bioküche bewerten die Tester und vergeben dafür zusätzlich grüne Sterne.

Österreich ist zurück

Uns drängt aber die Zeit, Salzburg wartet. Deshalb müssen eine schnelle Bockwurst und ein Kaffee an der Autobahn reichen. Macht zehn fünfzig plus einen Euro für Toilette. Kein Vergleich zu 1964. Damals kostete die Tasse Kaffee 25 Pfennig, ein Frühstück in guten Hotels keine drei Mark. Ein VW Käfer oder ein Opel Kadett verbrauchte sieben Liter, war aber auch selten schneller als mit 100 km/h unterwegs. Unser 300 PS starker, mit Gepäck und vier Insassen schwer beladene DS 7 genehmigt sich dagegen rund elf Liter. Für einen Plug-in-Hybrid ist das nicht gerade wenig, doch angesichts von 115 km/h Durchschnittstempo und langen Abschnitten jenseits von 150 km/h geht das noch in Ordnung.

Der Tag endet mit einem Sternehimmel, der über 82 Köchinnen und Köchen in Österreich aufgegangen ist. Damit findet eine lange Wartezeit ein Ende, denn Michelin hatte den «Guide» und damit die Sternebewertung in Österreich 2009 eingestellt – weil sich das Buch nicht mehr rechnete. Nun ist auch Österreich in der «Michelin»-App kein Niemandsland mehr. Im Gegenteil: Mit zwei 3-Sterne-Tempeln, 18 2-Sterne-Restaurants und 62 1-Stern-Betrieben ist unser östliches Nachbarland immer eine kulinarische Reise wert.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels stand fälschlicherweise, dass der rote Guide nicht mehr gedrückt werde.