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Steueroptimierung für Superreiche
FDP will seit 100 Jahren verbotene Stiftungen wieder erlauben

FDP Praesident Thierry Burkart, FDP-AG, spricht zur Kleinen Kammer, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 14. Dezember 2023 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
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Der gestrauchelte österreichische Immobilienkönig René Benko hat sein Privatvermögen in einer Familienstiftung parkiert. Mit dem Nebeneffekt, dass es wohl dem Zugriff der Gläubiger entzogen ist. In der Schweiz könnte er das nicht. Hier sind Stiftungen, die der Weitergabe des Familienvermögens dienen, verboten. Jetzt will das Parlament das mehr als 100-jährige Verbot kippen: Am Dienstag beugte sich der Nationalrat über einen entsprechenden Vorstoss aus den Reihen der FDP.

Eine linke Minderheit geisselte das «massgeschneiderte Instrument für einige sehr wenige Familien, die Reichtümer in einer Höhe konzentrieren, wie es sie in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben hat». Angeführt vom Genfer Sozialdemokraten Christian Dandrès wehrte sie sich gegen die Wiederauferstehung des «Steueroptimierungsvehikels aus dem Ancien Régime», wie sie es nannte.

Christian Dandres, SP-GE, spricht zum Mietrecht, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 7. Maerz 2023 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Tatsächlich wurde auch hierzulande ab dem 17. Jahrhundert ein entsprechendes Rechtskonstrukt verwendet, das sogenannte Familienfideikommiss. So konnten Herrschaftsfamilien ihre Ländereien, Güter und Schlösser an die ihnen genehmen Nachkommen binden und unliebsame Erben ausschalten.

1907 war damit Schluss: Das Bundesgericht verbot die «Unterhaltsstiftung», wie das Instrument inzwischen genannt wurde, weil sie feudale Strukturen begünstigte und als undemokratisch galt. Seitdem müssen reiche Familien, die ihren Angehörigen über eine Stiftung den Lebensunterhalt finanzieren und gleichzeitig die Steuern optimieren wollen, ins Ausland ausweichen – namentlich nach Liechtenstein.

Das Revival des Familienfideikommisses

Ihre Hoffnungen richten sich jetzt auf den Aargauer Ständerat und FDP-Präsidenten Thierry Burkart, der das Familienfideikommiss aus der Versenkung herausgeholt hat. Er reichte eine Motion ein, die den Bundesrat beauftragt, das Verbot der Unterhaltsstiftung aufzuheben. Dieses sei aus der Zeit gefallen, argumentiert er. In der Schweiz fehle ein taugliches Instrument für die familiäre Vermögens- und Nachlassplanung.

Im Ständerat stiess Burkart mit seiner Forderung in der Wintersession auf offene Ohren: Nicht nur Reiche seien darauf angewiesen, sondern auch KMU, welche die Nachfolge sauber regeln möchten, hiess es. Worauf der Ständerat die Motion überaus deutlich guthiess – am Vortag der Bundesratswahl, von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Nur die Linken und vereinzelte Mitte-Vertreter stimmten dagegen.

Im Nationalrat tönte es am Dienstag ähnlich. Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen bestehe bei der Übergabe von Eltern an die Kinder Handlungsbedarf, sagte der Walliser Mitte-Vertreter und Rechtsanwalt Philipp Matthias Bregy namens der Kommissionsmehrheit.

Die Schaffung eines «Schweizer Trusts» wäre dazu eine gute Möglichkeit. Bloss ist dieser politisch chancenlos, weil eine Mehrheit der Kantone keine steuerlichen Sonderregelungen will.

Da sei die Familienstiftung nicht nur geeigneter, sondern auch «die schweizerische Lösung», so Bregy. Gedacht dazu, die Vermögens- und Nachlassplanung zu erleichtern, nicht etwa dazu, die Steuern zu umgehen.

Der lange Arm des Gründerpatriarchen

Die Minderheit um den Genfer SP-Rechtsanwalt Dandrès hingegen ortete ein «zutiefst reaktionäres Konzept» hinter dem Vorhaben. Eine Familienstiftung diene dazu, den nachfolgenden Generationen die Wünsche des Gründerpatriarchen aufzuzwingen. Dieser könnte zum Beispiel Nachkommen vom Familienvermögen ausschliessen, die nicht den Familiennamen tragen, namentlich Frauen. «Die FDP liquidiert damit die Reste ihres liberalen Erbes», befand Dandrès.

SP-Justizminister Beat Jans hätte die Motion lieber nur als unverbindlichen Prüfauftrag entgegengenommen, wie er namens des Bundesrats sagte. Vieles ist nach seinen Worten noch unklar. So müsste beispielsweise sichergestellt werden, dass es keine Ungleichbehandlung gegenüber gemeinnützigen Stiftungen gibt.

Nach Jans braucht es eine weitgehende Revision des Stiftungsrechts. Ausserdem stellten sich die gleichen Probleme wie bei der Schaffung eines Schweizer Trusts.

Der Nationalrat liess sich von all dem nicht beeindrucken. Er nahm die Motion mit 116 Stimmen aus FDP, SVP und Mitte gegen 69 Stimmen aus den Reihen der SP, Grünen und Grünliberalen an. Die beiden EVP-Nationalräte sowie ein Grünliberaler enthielten sich der Stimme.

Also darf der Bundesrat nicht prüfen, sondern muss dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorlegen.