Gewitterfront am Abend«Verbreitet Böen über 100 km/h»: Warnung vor Gewitterlinie
Die Hitzewelle wird am Dienstagabend durch eine Gewitterfront beendet. Es ist dabei auf der ganzen Alpennordseite mit Sturmwinden zu rechnen. Das sind die Gründe dafür.
Am Dienstagabend dürfte es auf der gesamten Alpennordseite – von Genf bis zum Bodensee – turbulent werden. Die Wetterdienste erwarten verbreitet heftige Gewitter. Meteo Schweiz hat eine Unwettervorwarnung der Stufe 4 herausgegeben. Das ist die höchstmögliche Warnstufe bei Gewittern.
Warum schätzen die Meteorologen die Wetterlage derart gefährlich ein?
Um das zu verstehen, lohnt sich zunächst ein Blick auf die Wetterkarten. Diese zeigen, dass am Dienstag im Vorfeld eines Tiefdruckgebietes über Schottland sehr heisse und feuchte Luftmassen subtropischen Ursprungs zur Alpennordseite geführt werden. Damit sind zwei wesentliche Voraussetzungen für Gewitter (Feuchtigkeit und eine tiefdruckbestimmte und damit instabile Atmosphäre) gegeben.
Im Verlauf des Abends fügt sich dann auch die dritte wesentliche Gewitterzutat hinzu: Hebung. Diese kommt in Form einer Kaltfront daher, die sich dem Alpenraum nähert.
Das bedeutet: Es werden sich nicht wie in den letzten Tagen nur lokal oder über den Bergen Gewitter bilden. Mit dem Herannahen der Kaltfront sind verbreitet Gewitter zu erwarten. «Wir gehen davon aus, dass im Verlauf des Abends eine Gewitterlinie von West nach Ost übers Lands ziehen wird», sagt Denise Praloran, Meteorologin bei Meteo Schweiz. Im Fachjargon reden die Meteorologen in diesem Fall von einer sogenannten Squall-Line. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sich mehrere Gewitterzellen linienartig formieren. Es bildet sich also eine regelrechte Gewitterfront heraus.
Solche Squall-Lines sind vor allem für eines gefürchtet: heftige Windböen. Das ist auch in diesem Fall so. «Die Wettermodelle deuten darauf hin, dass entlang der Gewitterlinie heute Abend verbreitet Downbursts auftreten, die 100 km/h oder mehr erreichen können», sagt Praloran.
Downbursts sind im Grunde genommen nichts anderes als kalte Abwinde, die aus grosser Höhe aus einer Gewitterzelle heraus Richtung Boden stürzen. Beim Aufprall und Weggleiten am Boden können sie dabei enorme Geschwindigkeiten erreichen und erhebliche Schäden anrichten.
Zwei Faktoren beschleunigen dabei diesen Prozess: eine hohe Wolkenbasis und das Vorhandensein einer trockenen Luftschicht im mittleren Wolkenniveau (2 bis 7 Kilometer). Gemäss Praloran sind heute Abend beide dieser Faktoren vorhanden. Hinzu kommt eine Windscherung. Das bedeutet, der Wind nimmt mit der Höhe zu und ändert seine Richtung. Auch das befördert die Bildung von heftigen Gewittern.
Böen treten sehr unmittelbar auf
Gefährlich sind die Downbursts deshalb, weil sie sehr plötzlich auftreten. «Der Wind zieht nicht langsam an», erklärt Praloran. Im Gegenteil: Die heftigsten Böen «knallen» unmittelbar im Bereich der Gewitterlinie zu Boden.
Die Squall-Line dürfte die Alpennordseite etwa zwischen 18 Uhr (Genf) und 22 Uhr (Bodensee) überqueren. Neben dem heftigen Wind muss mit Hagel und Starkregen gerechnet werden.
Bei allem Grund zur Vorsicht sei jedoch noch betont: Gewitter sind unberechenbar und deshalb schwer exakt vorherzusagen. Es ist also durchaus möglich, dass es nicht überall derart heftig zu- und hergehen wird.
Gemäss Praloran dürfte sich die Lage in der Nacht auf Mittwoch vorübergehend beruhigen. Am Mittwoch sind dann aber tagsüber bereits neue Gewitter zu erwarten. Diese dürften zwar nicht mehr so heftig sein wie am Dienstagabend. Stattdessen muss jedoch gebietsweise mit intensiven Niederschlägen in kurzer Zeit gerechnet werden.
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