Streit um KontoeröffnungVekselberg zerrt Postfinance vor das Bundesgericht
Muss die Post-Tochter dem russischen Oligarchen ein Konto führen? Nein, sagte das Berner Handelsgericht. Nun kommt der Fall vor das höchste Gericht.
Zuerst sagte Postfinance Ja und eröffnete dem prominenten russischen Kunden Viktor Vekselberg ein Konto. Das war im Oktober 2018. Zwei Monate später bekamen die Bankverantwortlichen kalte Füsse und schlossen das Konto. Der russische Geschäftsmann, seit Frühling 2018 von den USA wegen seiner Nähe zum Kreml mit Sanktionen bestraft, erschien der Bank als zu riskant für das Geschäft und die Reputation. Doch Vekselberg will sich nicht so einfach abspeisen lassen und klagt durch alle Instanzen.
Im letzten Jahr trafen sich die Kontrahenten vor dem Berner Obergericht wieder. Vekselbergs Anwalt pochte auf den Grundversorgungsauftrag von Postfinance. Das Institut sei verpflichtet, jeder Person mit Wohnsitz in der Schweiz ein Konto zur Verfügung zu stellen, damit diese ihren Lebensunterhalt bestreiten könne. Die Anwältin von Postfinance konterte mit dem Reputationsrisiko und allfälligen Beeinträchtigungen des Bankgeschäfts im Zahlungsverkehr. Und sie verwies auf den unverhältnismässig hohen Aufwand, der der Bank bei der Einhaltung der Sorgfaltspflichten gemäss Geldwäschereigesetz entstehe.
Dieser letzte Punkt bewog das Handelsgericht mit Urteil vom 17. November, die Klage von Viktor Vekselberg abzuweisen. Die letzte Station in diesem juristischen Seilziehen findet nun vor dem Bundesgericht statt. Auf Anfrage bestätigte das oberste Gericht des Landes, dass eine Beschwerde eingereicht worden sei. Weder Vekselberg noch Postfinance wollten zuvor Auskunft über den Weiterzug geben.
«Massgeschneiderte Anpassung»
Die Beschwerde dürfte sich um die Ausnahmebestimmungen von der Grundversorgung in der Postverordnung drehen. Postfinance darf einen Kunden dann vom Zahlungsverkehr ausschliessen, wenn der Post-Tochter bei der Überwachung ein unverhältnismässig hoher Aufwand entsteht. Dieser Punkt wurde in der Verordnung erst per 1. Januar 2021 präzisiert, also rund zwei Wochen nach der Urteilsverkündung. (Hier geht es zur revidierten Postverordnung mit dem Artikel 45.)
Vekselbergs Anwalt hatte schon in Bern moniert, dass diese Anpassung «offensichtlich auf den vorliegenden Prozess massgeschneidert worden sei» und gegen die Grundrechte von Vekselberg verstosse. Es müsse folglich das alte Recht zur Anwendung gelangen. Das Berner Handelsgericht wies diese Argumente ab. Es handle sich in keiner Weise um eine Rechtsänderung. Vielmehr gehe es um die blosse Präzisisierung des bereits geltenden Rechts.
Das Gericht verwies unter anderem auf einen Bericht vom 10. März 2020 des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, der Bezug nimmt auf den unverhältnismässig hohen Aufwand als Grund, eine Kundenbeziehung zu verweigern. «Die geltenden Ausnahmebestimmungen (….) werden zu diesem Zweck redaktionell überarbeitet und ergänzt», heisst es darin. Nun haben die Bundesrichter im epischen Kontostreit das Wort.
Fehler gefunden?Jetzt melden.