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Serbiens Geheimdienstchef
USA verhängen Sanktionen gegen den wichtigsten Handlanger des Kremls auf dem Balkan

Migranten bezeichnet er als «Abschaum aus Asien»: Serbiens Geheimdienstchef Aleksandar Vulin.
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In der Belgrader Staatsführung gilt Aleksandar Vulin als Mann für drastische Worte. Flüchtlinge, die in Serbien aufgegriffen wurden, hat er als «Abschaum aus Asien» bezeichnet. Er reiste an die Grenze zu Ungarn und zwang die Migranten, vor einer Polizeieinheit niederzuknien. Russische Oppositionelle, die sich in Belgrad trafen, liess er offenbar abhören. Das Dossier soll er dem engsten Sicherheitsberater Wladimir Putins überbracht haben. Nach ihrer Rückkehr in Moskau wurden die Kremlkritiker festgenommen. Einer von ihnen, der Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa, erhielt Mitte April nach einem Schauprozess 25 Jahre Haft.

Als Ende Dezember der autokratische Staatschef Serbiens, Aleksandar Vucic, seinen Vertrauten Vulin zum Chef des berüchtigten Geheimdienstes BIA ernannte, gab es nicht nur in der serbischen Opposition einen Aufschrei der Empörung. Nun hat die US-Regierung Sanktionen gegen den obersten Agenten Serbiens verhängt. Die Liste seiner mutmasslichen Verbrechen ist lang. Vulin soll gemäss einer Mitteilung des US-Finanzministeriums in Drogenhandel verstrickt sein und in der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität eine Rolle spielen. Erwähnt werden auch seine Verbindungen zum serbischen Waffenschieber Slobodan Tesic. Ausserdem destabilisiere der Ultranationalist Vulin die Region im Auftrag Moskaus, heisst es in Washington.

Er träumt von einer «serbischen Welt»

Tatsächlich agiert Vulin wie der Sonderbeauftragte Belgrads für primitive, rassistische oder nationalistische Äusserungen. Was Staatschef Vucic selbst nicht sagen will oder kann, überlässt er seinem treuen Diener, der von einer «serbischen Welt» träumt – ein Euphemismus für ein Grossserbien auf dem Balkan. Putins Propagandisten sprechen von einer «russischen Welt». Der Begriff entstammt einer imperialen Ideologie des Kremls.

Bevor Vulin Chef des serbischen Geheimdienstes wurde, war er Innen- und Verteidigungsminister. Der Mann geniesst also das Vertrauen Vucics, der seit mehr als einem Jahrzehnt mit dubiosen Methoden in Serbien herrscht. Der Staatschef soll gemäss einer Recherche des «New York Times Magazine» Verbindungen zu Drogengangs und Hooligans der Belgrader Unterwelt pflegen.

Aleksandar Vulin bei einem Besuch in Moskau im August 2022.

Vulin tritt in der Öffentlichkeit oft mit einer schwarzen Uniform auf. Der «Pitbull des Präsidenten», so sein Spitzname, hat zwar nie Militärdienst geleistet, wirft sich aber gerne für die Kameras in martialische Posen und posaunt bellizistische Floskeln. Der in der nordserbischen Stadt Novi Sad geborene Vulin bezeichnet sich als Linker, der Che Guevara glorifiziert und Amerika hasst.

Steilvorlage für Kabarettisten

Gleichzeitig bewundert er serbische Kriegsverbrecher und den österreichischen Schriftsteller Peter Handke, der laut dem Jüdischen Weltkongress den Völkermord an (muslimische) Bosniaken in Srebrenica leugnet. Das tut Vulin auch, und er ist zusammen mit dem Präsidenten der bosnisch-serbischen Republik, Milorad Dodik, regelmässiger Gast in Moskau – zuletzt Ende Mai. Die US-Behörden haben Dodik schon 2017 mit Sanktionen belegt. Die EU konnte sich bisher nicht dazu durchringen, Strafmassnahmen gegen die beiden Zündler zu beschliessen.

Vulin begann seine politische Karriere in den 1990er-Jahren zusammen mit Mira Markovic. Die Ehefrau des damaligen Gewaltherrschers Slobodan Milosevic stand an der Spitze der Jugoslawischen Linken (JUL), die vor allem Posten im Staatsdienst verteilte. 2017 geriet Vulin in die Schlagzeilen, weil er nicht glaubwürdig erklären konnte, wie er eine teure Wohnung in Belgrad gekauft hatte. Er habe 200’000 Euro von einer Tante in Kanada geliehen, sagte er den Ermittlern. Später räumte er ein, die Dame sei eigentlich die Tante seiner Ehefrau. Damit lieferte er den Kabarettisten in Serbien eine willkommene Steilvorlage. «Tetka iz Kanade» (die Tante aus Kanada) ist in Serbien zum Synonym für Machtmissbrauch, Korruption und Unantastbarkeit der hochrangigen Politiker geworden.

Staatschef Vucic hat Vulin erwartungsgemäss in Schutz genommen. Die USA hätten ihn wegen seiner Nähe zu Russland sanktioniert, mit Drogenhandel habe er nichts zu tun. Kokain habe man nicht bei Vulin gefunden, sondern im Weissen Haus, so Vucic. Dort war kürzlich ein verdächtiges Pulver gefunden worden. Der Secret Service der USA bestätigte, dass es sich um Kokain handelte.