US-WahlkampfDer afroamerikanische Trump
Aus dem Nichts ist Mark Robinson zu einem Star der Republikaner aufgestiegen. Bereits wird der Gouverneurskandidat in North Carolina mit seinem orangen Vorbild verglichen.
Natürlich war es eine Wutrede, mit der Mark Robinsons politische Karriere begann. Als einfacher Bürger las er vor sechs Jahren der Stadtregierung von Greensboro die Leviten. «Wann wehren Sie sich endlich für die Mehrheit?», rief er, als die Behörde nach einem Schulmassaker eine Waffenmesse verbieten wollte. «Ich bin die Mehrheit. Ich bin ein gesetzestreuer Bürger, der nie jemanden erschossen hat.»
Millionenfach wurde das Video in den sozialen Medien angeklickt, Robinson stieg zum Star der Waffenlobby auf. Zwei Jahre später eroberte er überraschend als Quereinsteiger das Amt des stellvertretenden Gouverneurs von North Carolina, als erster Afroamerikaner in dem Südstaat.
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Die Wut von Mark Robinson scheint auch die Basis der Republikaner zu spüren. Am Super Tuesday hat sie ihn an die Spitze der Vorwahlen getragen. Nun ist der 55-Jährige Kandidat der Partei für das Gouverneursamt. Sehr zur Freude von Donald Trump, der dem Afroamerikaner kurz vor dem Wahltag seinen Segen erteilte. Dieser sei «Martin Luther King auf Steroiden», dieser sei «Martin Luther King mal zwei», sagte Trump in seinem blauen Anzug und roter Krawatte über Mark Robinson, der, man könnte es sich nicht ausdenken, in blauem Anzug und roter Krawatte auftritt.
Vergleich mit Martin Luther King
Der Vergleich ist ausgemachter Unsinn. Martin Luther King führte jenen Protest von Millionen Afroamerikanern und Weissen gegen rassistische Gesetze an, den Robinson als «sogenannte Bürgerrechtsbewegung» zu bezeichnen pflegt. Die Sitzstreiks in Robinsons Heimatstadt Greensboro, die ab 1960 zu einer landesweiten Welle führten, fussten laut dem Republikaner auf «lächerlichen Annahmen» und dienten nur dazu, «den Boden unter dem Kapitalismus, der Wahlfreiheit und dem freien Markt wegzuziehen». Es wäre grausame Ironie, wenn er als erster Afroamerikaner Gouverneur von North Carolina würde.
Nicht weniger kontrovers hat sich der Republikaner auf sozialen Medien zu allen erdenklichen Themen geäussert. Protestierende gegen Polizeigewalt beschimpfte er als «schwachsinnige Negroes», Feministinnen nannte er «fem-nazi sexists» und Transgender-Menschen «Degenerierte». Mit dem Film «Black Panther» würden ein «agnostischer Jude» und ein «satanischer Marxist» Afroamerikanern «die Schekel aus der Tasche ziehen».
In Amt und Würden angelangt, verteidigte Robinson das als «Beiträge eines privaten Bürgers», die er als Regierungsvertreter – mit überwiegend zeremoniellen Aufgaben – hinter sich lasse. Er entschuldigte sich bei allen möglichen jüdischen Organisationen, im Privaten, und reiste nach dem Hamas-Terroranschlag nach Israel. Einer lokalen Fernsehstation hingegen sagte er: «Ich schäme mich für nichts, was ich publiziere.»
Selber abgetrieben und gegen Abtreibung
Solche Widersprüchlichkeiten sind keine Hürden für eine politische Karriere in Trumps Partei, schon gar nicht für einen, der sich als einfacher Bürger zu inszenieren versteht, ein früherer Handwerker in Möbelfabriken, aufgewachsen als neuntes von zehn Kindern mit einem alkoholkranken und gewalttätigen Vater.
Robinson schimpft gegen die «Wohltätigkeit des Staats», obwohl er Lohn vom Unternehmen seiner Frau bezog, das Bundesbeiträge für Kinderkrippen beschafft und auffällig ausgiebig von Covid-Hilfen aus Washington profitierte. Frauen, die abgetrieben haben, beschimpft er als «Mörderinnen», obwohl er und seine Frau die erste Schwangerschaft abbrachen.
Die Demokraten hoffen, dass der politische Brandstifter eine Gegenbewegung auslöst am Wahltag am 5. November: Gemässigte Republikaner könnten ihnen helfen, den aktuellen Justizminister Josh Stein, einen Demokraten, zu wählen. North Carolina erhielte den ersten jüdischen Gouverneur. So könnte sogar die Präsidentschaftswahl kippen, falls Donald Trump deswegen seinen knappen Sieg von 2020 nicht wiederholen kann und den Südstaat an Joe Biden abtreten muss. Es wäre nicht der erste Beleg für Nebenwirkungen von Steroiden.
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