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Vizepräsidentin im US-Wahlkampf
Sie ist überzeugt, dass sie die Richtige wäre

MUNICH, GERMANY - FEBRUARY 16:  US Vice President Kamala Harris speaks on stage at the 2024 Munich Security Conference on February 16, 2024 in Munich, Germany. The conference is bringing together political and defence leaders from all over the world. It is taking place as Russia's war in Ukraine will soon enter its third year and the conflict in Gaza continues to grind on. (Photo by Johannes Simon/Getty Images)
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Fällt es Kamala Harris ebenso schwer wie einst Joe Biden, nur die Nummer zwei im Weissen Haus zu sein? Biden litt darunter, als er sich 2008 Barack Obama geschlagen geben und im Seitenwagen Platz nehmen musste, statt selbst zu lenken. Er fühlte sich zu Höherem berufen.

Nun hat auch seine Vizepräsidentin durchblicken lassen, dass sie durchaus auch schon davon geträumt hat, ihr unscheinbares Büro neben dem Lift im Westflügel des Weissen Hauses gegen das hellere Oval Office einzutauschen. Mit der Air Force One an die heutige Sicherheitskonferenz in München zu fliegen statt nur mit der Air Force Two, dort als Präsidentin die Alliierten zu beruhigen statt nur als Vertreterin des mächtigsten Mannes der Welt.

An Bord des Flugzeugs der Vizepräsidentin hatte ihr eine Reporterin des «Wall Street Journal» vor kurzem eine delikate Frage gestellt. Muss sie die Wähler noch überzeugen, dass sie bereit wäre für das Präsidentenamt, nachdem die Bedenken über Bidens hohes Alter so viel zu reden geben? Sie wäre die designierte Nachfolgerin, falls der mehr als 80 Jahre alte Präsident nicht mehr in der Lage sein sollte, sein Amt auszuüben.

«Ich bin bereit zu dienen»

«Ich bin bereit zu dienen. Das steht ausser Frage», antwortete Harris, «unverblümt», wie die Zeitung festhielt. Jeder, der sie bei der Arbeit erlebt habe, schob die Vizepräsidentin nach, sei «voll überzeugt von meiner Fähigkeit zu führen». Das sind, unverblümt ausgedrückt, Fake News.

Üblich ist es nicht, dass eine Vizepräsidentin so offen über den möglichen Ernstfall spricht. Aber üblich ist ohnehin nichts an der Situation der 59-jährigen ersten Frau und ersten farbigen Person in diesem Amt, auf dem Wahlticket zusammen mit dem ältesten Kandidaten in der Geschichte der USA, der 1973 schon im Senat sass, als sie noch die Primarschule in der kalifornischen Stadt Berkeley besuchte.

Eine Stimme für Biden sei «in Wahrheit auch eine Stimme für Präsidentin Harris irgendwann in Bidens Amtszeit», hielt das konservative «Editorial Board» des «Wall Street Journal» fest. Die im Nachrichtenteil so seriöse Zeitung brachte damit eine These auf Papier, die seit Bidens Wahl herumgeistert, vor allem unter Republikanern: Er sei nur eine Puppe in einem Geheimplan, Harris an den Wählern vorbei als erste Präsidentin zu installieren. Oder, genauer: als erste dunkelhäutige Präsidentin. Maximale Wirkung entfaltet die Verschwörungsthese erst mit der Vermischung von Sexismus und Rassismus.

Sie sollte das Einwanderungsthema entschärfen

Dabei ist mehr als offensichtlich, dass Harris im Weissen Haus nicht einmal zweite Geige spielen darf, sondern höchstens ab und zu mal Bratsche. Biden übertrug ihr am Anfang der Amtszeit das Thema Migration, mit dem sich kaum Applaus ernten lässt. Eine spürbare Führungsrolle hat Harris in dem Dossier aber nie eingenommen, und drei Jahre später ist es die wohl grösste politische Hypothek der beiden.

Harris, jahrelang Staatsanwältin in Kalifornien, aber nur vier Jahre im Senat, scheint es an politischer Erfahrung zu mangeln. Zu reden gaben vor allem Intrigen und Personalwechsel in ihrem Stab, was auch nicht unbedingt dazu geeignet war, sie wie eine erfolgreiche Führungsfigur wirken zu lassen.

Erst in den vergangenen Monaten hat Harris etwas an Statur gewonnen, als öffentliche Fürsprecherin für das Recht auf Abtreibung, mit dem sich der überzeugte Katholik Biden eher schwertut. Als Amerikanerin indisch-jamaikanischer Abstammung versucht sie auch, den Missmut der farbigen Wählerschaft über den alten weissen Mann im Weissen Haus aufzufangen. Bei dieser – zugegeben schwierigen – Aufgabe wirkt sie alles andere als erfolgreich.

So startet Joe Biden nicht nur mit den schlechtesten Umfragewerten aller Präsidentschaftskandidaten der vergangenen Jahrzehnte in einen Wahlkampf, in dem er jede erdenkliche Hilfe benötigt, um seine fragile Wahlallianz zusammenzuhalten. Sondern auch mit einer Vizepräsidentin, die zwar bereit ist zu dienen, aber noch unbeliebter ist als er selbst.

In München beruhigt Harris die Europäer

Die Nato-Verbündeten sind deswegen beunruhigt, erst recht, seit der mutmassliche Gegenkandidat Donald Trump Russland zu ermutigen schien, europäische Länder anzugreifen. An der Sicherheitskonferenz in München versuchte Harris am Freitag, die Alliierten zu beruhigen. Die Amerikaner würden mehrheitlich hinter der Aussenpolitik der Biden-Harris-Regierung stehen, sagte sie, mit ihrem weltweiten Führungsanspruch, ihrem Schmieden enger Bündnisse und ihren umfangreichen Waffenlieferungen an die Ukraine.

«Das amerikanische Volk wird sich der Herausforderung stellen, und Amerika wird weiter eine Führungsrolle einnehmen», versprach sie. Allerdings hatte Harris auch die Unverbrüchlichkeit der Unterstützung für die Ukraine versprochen, als sie vor zwei Jahren ebenfalls in München vor dem bevorstehenden Angriff Russlands auf die Ukraine warnte. Inzwischen blockieren Trumps Bannerträger im Kongress weitere Hilfsgelder.

Kurz vor ihrem dritten Besuch der Sicherheitskonferenz erreichte Harris die Nachricht, dass der russische Oppositionelle Alexei Nawalny in einem Straflager umgekommen sei. «Welche Geschichte sie auch immer erzählen werden, lassen Sie uns klar sagen: Russland ist verantwortlich», sagte die US-Vizepräsidentin, und drückte seiner Ehefrau Julia Nawalny, die ebenfalls an der Konferenz teilnahm, ihr Mitgefühl aus.