US-NotenbankFed senkt Leitzins um 0,5 Punkte
Dass die US-Notenbank Fed die Zinswende einleitet, galt als ausgemacht. Nun ist klar, dass sich die US-Notenbank für das kühnere Vorgehen entschieden hat – was auch im US-Wahlkampf eine Rolle spielen dürfte.
Die US-Notenbank Federal Reserve reagiert auf die abflauende Inflation und senkt zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren ihren Leitzins. Die Fed verringerte den Zinssatz am Mittwoch um 0,5 Prozentpunkte auf die Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Zu diesem Satz können sich Geschäftsbanken Zentralbankgeld leihen. Es handelt sich um einen ungewöhnlich grossen Zinsschritt – die Notenbank signalisiert ausserdem weitere Zinssenkungen in diesem Jahr.
Der Kurswechsel hin zu einer lockereren Geldpolitik an sich war erwartet worden – offen war aber, ob die Notenbank der grössten Volkswirtschaft der Welt sich für diesen grossen Zinssprung entscheiden würde – oder den vorsichtigeren Weg wählt und die Zinsen nur um 0,25 Prozentpunkte senkt.
Zinswende eingeleitet
Die Fed hatte den Leitzins zuletzt im März 2020 gesenkt – um die Wirtschaft in der beginnenden Corona-Pandemie anzukurbeln. Danach blieben die Zinsen zunächst an der Null-Marke – bis die Fed im März 2022 mit Erhöhungen in rekordverdächtigem Tempo begann und den Zinssatz vor einem Jahr auf das aktuelle Niveau hochschraubte. In den USA hat sich der Preisauftrieb zuletzt abgeschwächt. Das gibt der Federal Reserve mehr Handlungsspielraum für Zinssenkungen. Die Europäische Zentralbank hatte bereits im Juni die Zinswende eingeleitet.
Die neue Wirtschaftsprognose der Fed deutet nun darauf hin, dass die Zentralbank in diesem Jahr die Zinsen noch weiter senken dürfte. Die Entscheider der Fed rechnen für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 4,4 Prozent (Juni: 5,1 Prozent). Für das kommende Jahr geht die Fed im Mittel von einem Leitzins von 3,4 Prozent aus (Juni: 4,1 Prozent.)
Kampf gegen hohe Verbraucherpreise
Die Notenbank hat auch neue Prognosen für die Teuerungsrate veröffentlicht. In diesem Jahr geht die Fed einer niedrigeren Teuerungsrate als im Juni prognostiziert aus – sie soll durchschnittlich bei 2,3 Prozent (Juni: 2,6 Prozent) liegen. Für das kommende Jahr rechnen die Notenbanker mit durchschnittlich 2,1 Prozent (Juni: 2,3 Prozent). Die US-Notenbank strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von 2 Prozent an.
Die Kerninflation, also ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen, soll dieses Jahr aber bei 2,6 Prozent (Juni: 2,8 Prozent) liegen, kommendes Jahr bei 2,2 (Juni: 2,3 Prozent). Die Notenbanker schauen in ihrer Analyse besonders auf diesen Wert. Er gibt den allgemeinen Preistrend nach Meinung von Fachleuten besser wieder als die Gesamtrate, da schwankungsanfällige Komponenten herausgerechnet werden.
Neue Konjunkturdaten
Zuletzt war der Druck aus der Wirtschaft auf Powell gewachsen, an der Zinsschraube zu drehen. Ein Argument dafür ist der sich abkühlende Arbeitsmarkt. Gegner einer lockeren Geldpolitik sagen hingegen, Zinssenkungen seien angesichts einer robusten US-Wirtschaft zurzeit noch nicht notwendig.
Die Notenbank veröffentlichte nun auch ihre neue Konjunkturprognose für die USA. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrössten Volkswirtschaft wird demnach 2024 um 2 Prozent wachsen (Juni: 2,1 Prozent). Für das kommende Jahr sagt die Fed ein Wachstum um ebenfalls 2 Prozent voraus, derselbe Wert wie bereits im Juni prognostiziert.
Balanceakt für Fed
Die Geldpolitik der Fed wirkt erst mit Verzögerung – die Notenbanker dürften die Inflationsrate weiter genau im Blick behalten. Für die Fed ist der Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise ein Balanceakt. Bei zu hohen Zinsen besteht die Gefahr einer Rezession. Werden die Zinsen zu früh gesenkt, könnte die Inflationsrate wieder ansteigen. Im Sommer 2022 lag sie bei mehr als 9 Prozent.
Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürgerinnen und Bürger weniger für Schulden ausgeben müssen – sie haben so mehr Einkommen zur Verfügung. Das könnte die Wirtschaft ankurbeln. Hohe Renditen für Sparer könnten hingegen geschmälert werden. Für US-Anleger sind Zinssenkungen eine gute Nachricht. Den Dollar dürfte die Zinssenkung weiter schwächen – USA-Reisende aus Deutschland dürfte das freuen.
Geldpolitik spielt auch Rolle im Wahlkampf
Kurz vor der Präsidentenwahl am 5. November spielt die Zinspolitik der Fed auch im Wahlkampf eine Rolle. Donald Trump, der nach der Präsidentenwahl im November wieder ins Weisse Haus einziehen will, warf der Fed in der Vergangenheit vor, mit Zinssenkungen vor der Wahl die Stimmung zugunsten der aktuellen Regierung des demokratischen Präsidenten Joe Biden verbessern zu wollen. Auf den Zinsentscheid reagierte der Republikaner nun mit den Worten: «Ich denke, es zeigt, dass die Wirtschaft sehr schlecht ist, wenn man (die Zinsen) so deutlich senkt – vorausgesetzt, sie spielen nicht nur Politik.»
US-Präsident Biden hingegen feierte die Entscheidung der Notenbank und bewertete die Lage erwartungsgemäss völlig anders: «Wir haben gerade einen wichtigen Moment erreicht: Die Inflation und die Zinssätze sinken, während die Wirtschaft stark bleibt.» Die hohe Inflation hatte Bidens Präsidentschaft überschattet – und die wirtschaftliche Lage ist für die Menschen im Land das Topthema bei der anstehenden Wahl. Für die Demokraten geht US-Vizepräsidentin Kamala Harris ins Rennen. Sie nannte die Fed-Entscheidung «eine willkommene Nachricht für die Amerikaner, die die Hauptlast der hohen Preise zu tragen haben.»
Fed-Chef Powell: «Wir dienen keinem Politiker»
Angesprochen auf Trump betonte Fed-Chef Powell, dass Länder mit unabhängigen Zentralbanken wie die USA oftmals eine niedrige Inflationsrate aufweisen würden. Trump hatte während seiner Zeit im Weissen Haus immer wieder öffentlich Druck auf die Fed ausgeübt. Powell betonte: «Wir dienen keinem Politiker, keiner politischen Figur, keinem Anliegen, keiner Sache, gar nichts. Es geht nur um maximale Beschäftigung und Preisstabilität im Namen aller Amerikaner.»
Die New Yorker Börsen profitierten am Mittwoch letztlich trotz erneuter Rekorde nicht nachhaltig von der deutlichen Zinssenkung der Fed. «Dafür, dass die grosse Senkung nur von einem Teil der Akteure erwartetet worden ist, fallen die ersten Reaktionen an den Börsen eher überschaubar aus», kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Auch der Euro profitierte nur kurz vom Fed-Zinsentscheid.
DPA/wy/nag
Fehler gefunden?Jetzt melden.