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Meinung

Gastbeitrag zu Unwettern
Ist die Schweiz bald auch unversicherbar?

Eine Geroelllawine ueberdeckt einen Dorfteil, am Dienstag, 13. August 2024 in Brienz. Am Vorabend haben heftige Gewitter einen Murgang ausgeloest und Gebaeude, parkierte Fahrzeuge, Strassen sowie Infrastruktur des oeffentlichen Verkehrs beschaedigt. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
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Die Überschwemmungen und Murgänge der letzten Zeit, diese Woche wieder in Brienz, haben zu chaotischen Zuständen geführt, wie sie für die Schweiz selten sind. Sie bringen Schäden in Millionen- oder gar Milliardenhöhe mit sich, die primär von Versicherungen und deren Rückversicherungen getragen werden. Der Schweizerische Versicherungsverband wagte Mitte Juli eine erste Prognose von 160 bis 200 Millionen Franken an versicherten Schäden, die durch Unwetter dieses Jahr bis Mitte Juni entstanden sind.

Extremwetterereignisse werden durch die Klimakrise immer häufiger. Dadurch – neben weiteren Gründen wie dem Wohlstandswachstum – nehmen die versicherten Schäden stetig zu, in den vergangenen fünfzehn Jahren jährlich um 5 bis 7 Prozent global. 2023 war das vierte Jahr in Folge, in dem die versicherten Schäden global 100 Milliarden Dollar übertrafen. Das geht nicht spurlos an den Versicherungen vorbei.

Schweiz wird nicht verschont bleiben

Im US-Bundesstaat Florida, der regelmässig von Wirbelstürmen heimgesucht wird, haben sich Versicherungsprämien für Hauseigentümerinnen und -eigentümer verdoppelt oder verdreifacht. Sieben Versicherungen mussten Insolvenz anmelden, und fünfzehn zogen sich gemäss einem WWF-Report gänzlich aus der Versicherung von Gebäuden in Florida zurück. Hauseigentümerinnen und -eigentümer haben folglich mit massiv höheren Prämien zu kämpfen oder haben Mühe, überhaupt eine Versicherung abschliessen zu können.

Auch die Schweiz wird längerfristig nicht von dieser Entwicklung verschont bleiben. Europa hat sie jedenfalls bereits erreicht: In Frankreich wurde dieses Jahr rund 2000 Städten die Versicherung für ihre Infrastruktur gekündigt. Der damalige AXA-CEO Henri de Castries machte in der Zeitung «Le Monde» bereits 2015 düstere Prognosen: «Ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 2 Grad mag noch versicherbar sein, aber ein Anstieg um 4 Grad ist es sicher nicht.» 

Was jetzt nötig ist

Während sich die Versicherungen aus zu hohen Risiken zurückziehen, möchten sie auf die lukrativen Geschäfte mit der Kohle-, Öl- und Gasindustrie aber nicht verzichten. Gemäss der internationalen Kampagne «Insure Our Future» wurden 2022 durch die Versicherung der fossilen Brennstoffindustrie global geschätzte 21 Milliarden Prämien eingenommen. Überspitzt gesagt lassen die Versicherer also die Opfer der Klimakrise im Stich, während sie selbst die Klimakrise weiter vorantreiben.

Die Schweizer Grössen Zurich und Swiss Re haben mittlerweile die Versicherung von Kohle fast gänzlich ausgeschlossen und sich auch von der Deckung neuer Öl- und Gasfelder verabschiedet. Das ist sehr erfreulich, doch leider nicht ausreichend. Nötig ist ein sofortiger Stopp der Versicherung jeglichen Ausbaus fossiler Anlagen und ein rascher Rückzug aus den bestehenden. Nur so können Versicherungen sicherstellen, dass sie ihren Teil der Verantwortung übernehmen – und langfristig ihr eigenes Geschäftsmodell nicht torpedieren.

Nora Scheel ist Campaignerin bei der Organisation Campax.