Unterschriften-SkandalBundeskanzlei rechtfertigt erstmals Informationspolitik
Die Bundeskanzlei habe «diskret» handeln müssen, erklärt sie nach Vorwürfen aus der Politik. Sie glaubt nicht, dass über Initiativen abgestimmt wurde, die nicht hätten vors Volk kommen dürfen.
Die nach dem Bekanntwerden von mutmasslichen Unterschriftenfälschungen in die Kritik geratene Bundeskanzlei hat sich erstmals ausführlich zu den Vorfällen geäussert, welche diese Redaktion publiziert hatte.
Mehrere Parlamentsmitglieder und Politologen liessen am Dienstag kein gutes Haar an der Bundeskanzlei, welche die Unterschriftensammlungen für eidgenössische Volksinitiativen und Referenden prüft. Es sei unverständlich, dass Missstände erst nach einer Tamedia-Recherche ans Licht gekommen seien, lautete der Tenor.
Bundeskanzlei erklärt Schweigen mit Diskretion
Die Bundeskanzlei veröffentlichte am Dienstagabend eine ausführliche Stellungnahme. Sie schreibt, eine auffällige Häufung wurde ihr erstmals im Jahr 2022 aus der Westschweiz gemeldet. Seither hätten die Meldungen weiter zugenommen und seien seit letztem Winter auch aus der Deutschschweiz gekommen.
«Das Amtsgeheimnis, die Unschuldsvermutung, die laufenden strafrechtlichen Verfahren sowie der Schutz der Abstimmungsfreiheit gebieten es der Bundeskanzlei, die bestehenden Verdachtsfälle diskret zu behandeln», erklärt sie ihr Schweigen dazu. Das erste Anliegen sei es, dass allfällige Täter gefasst werden. Man begrüsse aber die Diskussion, die durch die Berichte angestossen worden sei.
Keine Nachkontrollen
Dass so Initiativen vor das Volk kamen, über die man gar nicht hätte abstimmen dürfen, dafür gibt es laut Bundeskanzlei keine Anhaltspunkte: «Solange die laufenden Strafuntersuchungen nicht abgeschlossen sind, kann die BK keine gesicherten Aussagen machen über das Ausmass mutmasslicher Unterschriftenfälschungen. Doch ihres Erachtens liegen keine belastbaren Indizien vor für die Vermutung, dass über Vorlagen abgestimmt wurde, die nicht rechtmässig zustande gekommen sind.» Sie bestätigt aber, dass die Verdachtsfälle «auf eine Zunahme des Phänomens» hindeuten.
Die Bundeskanzlei gibt an, die Kontrollen in den betroffenen Kantonen zusätzlich verstärkt zu haben. «Eine selektive Nachkontrolle einzelner Volksinitiativen erscheint nicht gerechtfertigt, allenfalls sogar problematisch. Der rechtliche Spielraum dafür wäre überdies begrenzt.»
Mit Material der Agentur SDA.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir ein Symbolbild von Unterschriftenbögen der Atomwaffenverbots-Initiative verwendet. Dieses haben wir ausgetauscht. Die Initianten halten fest, dass sie nicht mit kommerziellen Anbietern zusammenarbeiten und niemanden für Unterschriften bezahlen. Die Initiative werde ausschliesslich von Hunderten Freiwilligen gesammelt und beglaubigt.
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