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Globale Steuer für Grosskonzerne
Ungarn blockiert die Mindeststeuer – die EU will die Reform trotzdem einführen

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bei einem Auftritt in den USA. 
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Im Streit um die geplante Mindeststeuer für Konzerne erhöhen die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung den Druck auf Ungarn. Denn zur Not soll diese Untergrenze nun ohne Mitwirkung der Budapester Regierung eingeführt werden.

Der Mindestsatz von 15 Prozent ist Teil der globalen Jahrhundert-Steuerreform und soll das Geschäftsmodell von Steueroasen erschweren. Doch bei Steuerfragen ist in der Europäischen Union Einstimmigkeit nötig, und Ungarn blockiert das entsprechende EU-Gesetz seit Juni mit einem Veto. In Brüssel klagen viele, dass dies nicht aus Sachgründen geschehe, sondern weil der autoritäre Ministerpräsident Viktor Orbán Zugeständnisse im Rechtsstaatsstreit mit der Kommission erpressen wolle.

Dabei wollte Deutschland die Mindeststeuer bereits national umsetzen. Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold von den deutschen Grünen schreibt als Begründung auf Twitter, dass Berlin «nicht länger tatenlos zusehen» dürfe, «wie ein Veto Orbáns den deutschen Staat Milliarden» an Steuereinnahmen koste.

Für die Schweiz schlägt der Bundesrat vor, dass grosse international tätige Unternehmen mit Umsätzen über 750 Millionen Euro ab Anfang 2024 auch in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent bezahlen müssen. Erreicht werden soll das über eine Ergänzungssteuer, welche die Differenz zwischen einer tieferen Besteuerung und der Mindeststeuer deckt. Der Bund soll mit bis zu 25 Prozent an den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer partizipieren und diese Mittel zugunsten des Standorts Schweiz verwenden.

«Wir versuchen, alle Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, vor allem einen.»

Christian Lindner, deutscher Finanzminister

Der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte kürzlich, Deutschland unterstütze einen europäischen Ansatz sehr. «Wir versuchen, alle Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, vor allem einen, aber wir haben uns entschieden, die Mindeststeuer für Unternehmen» in Deutschland zur Not auch national einzuführen, wenn es keine Verständigung auf EU-Ebene gebe. «Ich denke, andere Staaten werden offen sein für einen ähnlichen Ansatz», sagte Lindner.

Tatsächlich horcht die Kommission bereits bei den anderen EU-Regierungen nach, ob diese Interesse haben, die Untergrenze im Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit einzuführen. Dies sagte ein EU-Diplomat gegenüber dieser Zeitung. Zuvor hatte das Nachrichtenportal «Politico» darüber berichtet. Bei diesem Ansatz können einzelne Mitgliedstaaten, in dem Fall 26 von 27, gemeinsam Initiativen umsetzen. Wer wie Ungarn nicht mitmachen will, muss nicht – hat aber auch kein Veto.

Passend dazu veröffentlichte der deutsche Finanzminister Christian Lindner am Freitagmittag zusammen mit den Amtskollegen aus Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden eine Stellungnahme, in der die fünf Ministerinnen und Minister geloben, die Mindeststeuer pünktlich «und auf jedem juristischen Weg, der möglich ist» einzuführen, egal, ob Ungarn sein Veto aufgibt oder nicht.

Ungarn und Polen erhalten keine Corona-Hilfen

Konkret geht es bei dem Streit um eine Richtlinie, mit der die EU einen Teil der Jahrhundertreform der Unternehmensbesteuerung umsetzen will. Im Herbst verständigten sich 137 Staaten bei der Industrieländerorganisation OECD darauf, unter anderem eine Mindeststeuer von 15 Prozent auf Gewinne von grossen Konzernen einzuführen. Diese sogenannte Säule 2 der Vereinbarung soll Steueroasen unattraktiver machen.

Die Steuer zieht auf Internetfirmen wie Google ab, die in Europa bislang kaum Steuern zahlen, weil sie die Gewinne überwiegend in den USA versteuern.

Daneben sieht Säule 1 der Reform vor, dass Länder, in denen Konzerne viel Umsatz erzielen, aber keine nennenswerten Standorte haben, künftig mehr Besteuerungsrechte erhalten. Das zielt vor allem auf Internetfirmen wie Google ab, die in Europa bislang kaum Steuern zahlen, weil sie die Gewinne überwiegend in ihrer Heimat, den USA, versteuern. In Zukunft sollen mehr Profite in der EU versteuert werden. Doch hier ziehen sich die Detailverhandlungen bei der OECD hin.

Ungarns Regierung nennt die Verzögerungen bei Säule 1 als einen Grund, wieso die EU Säule 2 – die Mindeststeuer – noch nicht als Gesetz verabschieden sollte. Kritiker sehen allerdings eher einen Zusammenhang mit dem Streit mit der EU-Kommission über Rechtsstaatlichkeit. Wegen dieses Disputs erhielten Ungarn und auch Polen bisher kein Geld aus dem Brüsseler Corona-Hilfstopf. Zunächst blockierte Polen die Mindeststeuer mit einem Veto. Nachdem dieser Widerstand ausgeräumt geworden war, machte Ungarn auf einmal im Juni Bedenken geltend.