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Russland setzt Moldau unter Druck
Und plötzlich wird das Gas knapp im Armenhaus Europas

Fordert von Moldau 790 Dollar pro tausend Kubikmeter statt wie bisher 550: Der vom Kreml kontrollierte russische Gaskonzern Gazprom. 
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Balti ist die drittgrösste Stadt Moldaus, und sie hat nur noch eine Tankstelle, an der Gas verkauft wird. Die zweite ist wegen Mangel kürzlich geschlossen worden, an der verbliebenen reihten sich Autos aneinander, dass sie eine Schlange bis zur nächsten Kreuzung bildeten. Und das ist noch das geringere Problem: Ende Oktober naht der Winter. Im ärmsten Land Europas droht das Erdgas auszugehen.

Moldau kauft bisher sein Gas ausschliesslich in Russland ein, doch jetzt ist der Staat «in einer kritischen Lage», wie Ministerpräsidentin Natalia Gavrilita sagte. Der russische Energiekonzern Gazprom hat einen im September ausgelaufenen Liefervertrag bis Ende Oktober verlängert, fordert zugleich aber 790 Dollar pro tausend Kubikmeter statt wie bisher 550 sowie die Zahlung alter Rechnungen. Sollten diese nicht bis zum 1. Dezember beglichen werden und sollte bis dahin kein neuer Vertrag unterzeichnet sein, werde Gazprom überhaupt kein Gas mehr liefern.

Chisinau ruft den nationalen Notstand aus

Für die neue, Richtung Europa strebende Regierung Moldaus, aber auch für die Bevölkerung ist die Lage wegen der massiv gestiegenen Gaspreise ernst. In der vergangenen Woche hat Chisinau den nationalen Notstand ausgerufen, der einen Monat lang gilt. Der Notstand ermöglicht der Regierung, auf einfachere Weise Geld aus dem Budget freizubekommen, um damit woanders Gas zu kaufen. Moldau kauft eine Million Kubikmeter Erdgas in Polen und will die Abhängigkeit vom russischen Gas generell verringern. Die EU ist bereit, bei der Energiesicherheit zu helfen. Ist also alles Politik?

Offene Rechnungen nicht zu bezahlen, schwächt auf jeden Fall die Verhandlungsposition. Moldau wirft der moldauischen Gazprom-Tochter Moldovagaz jedoch vor, zugesagte Liefermengen nicht eingehalten zu haben, und die Frage, ob dabei politische Gründe eine Rolle spielen könnten, schwingt in Chisinau stets mit. Das Land, zerrissen zwischen einem nach Russland orientierten und einem in die EU strebenden Teil, hat seit diesem Jahr in Maia Sandu eine westlich geprägte Präsidentin und eine ebensolche Regierung.

Will das Land Richtung Westen führen: Die neue moldauische Präsidentin Maia Sandu. 

Russland weist jeglichen womöglich politisch motivierten Gaskurs zurück. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, es gebe «keinerlei politische Momente, es gehe ausschliesslich um rein kommerzielle Gespräche». Es gebe eine Nachfrage nach Gas, einen angebotenen Preisnachlass und angehäufte Schulden. Dabei wird dem Kreml, der Gazprom kontrolliert, derzeit nicht nur in Bezug auf Moldau vorgeworfen, die Gasversorgung für politische Zwecke zu nutzen. In Europa hat der Konzern seine eigenen Gasspeicher vor dem Winter ungewöhnlich leer werden lassen, was Einfluss auf den ohnehin hohen Gaspreis hat.

Präsident Wladimir Putin sprach Gazprom-Chef Alexei Miller diese Woche in einer öffentlich übertragenen Videokonferenz auf die Lagerbestände an. Das Gasvolumen in diesen unterirdischen Speichern sei «vernachlässigbar, buchstäblich sehr, sehr gering», antwortete Miller. Putin ordnete daraufhin an, mehr Erdgas in die europäischen Lager zu pumpen, sobald Gazprom die russischen Speicher gefüllt habe. Das allerdings wird laut Miller bis zum 8. November dauern.

Putin bietet Gas aus Nord Stream 2 an

Gazprom steht im Verdacht, den Anstieg der Gaspreise absichtlich zu forcieren, auch um Druck auf Deutschland auszuüben und die Inbetriebnahme der Pipeline von Nord Stream 2 zu beschleunigen. Die Betreibergesellschaft wartet derzeit noch auf ihre Genehmigung durch die Bundesnetzagentur. Die Pipeline ist zur Vorbereitung schon mal mit Gas befüllt worden. Ein Zeichen dafür, dass Gazprom selbst nicht an Knappheit leidet.

Putin erklärte dazu, dass Russland über Nord Stream 2 mehr Gas liefern könnte, die Spannungen auf dem Energiemarkt würden dadurch mit «hundertprozentiger» Sicherheit nachlassen. «Das ist eine offensichtliche Sache, aber administrative Hindernisse ermöglichen uns noch nicht, es zu tun», klagt er.