Sieg für PutinUmstrittene Pipeline Nord Stream 2 ist fertig
Trotz Widerstand hat Russland die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 fertiggebaut. Die Kritiker des Projekts sollen aufgeben, fordert die Regierung von Wladimir Putin.
Gute drei Jahre nach Baubeginn ist die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 fertig – und lässt einen alten Streit neu aufflammen: Der Kreml forderte am Freitag eine zügige Inbetriebnahme, die ukrainische Regierung kündigte an, sie werde das Projekt weiterhin bekämpfen. Zuvor hatte der russische Energieriese Gazprom, der an der Pipeline massgeblich beteiligt ist, die Fertigstellung verkündet.
Die Bauarbeiten an Nord Stream 2 seien am Freitagmorgen «vollständig abgeschlossen» worden, sagte Konzernchef Alexej Miller nach Angaben von Gazprom. Die Betreiberfirma der Pipeline, die Nord Stream 2 AG, bestätigte dies einige Stunden später. «Heute wurde der von der deutschen Küste kommende Abschnitt des zweiten Strangs der Nord-Stream-2-Pipeline mit dem aus den dänischen Gewässern kommenden Abschnitt durch eine so genannte Überwasserschweissnaht verbunden», erklärte das Unternehmen.
Ein Verlegeschiff habe die Röhren aus dem Wasser gehoben, dann seien sie zusammengeschweisst worden. «Im Anschluss wurde die verbundene Pipeline als ein durchgehender Strang auf dem Meeresboden abgelegt.» Nun folgten «die erforderlichen Aktivitäten vor der Inbetriebnahme», führte die Firma aus. «Das Ziel ist, die Pipeline noch in diesem Jahr in Betrieb nehmen zu können.»
Die russische Führung mahnte zur Eile. «Wir haben alle ein Interesse daran, dass es so schnell wie möglich passiert», antwortete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow auf die Frage, wann die nötigen Genehmigungen für den Start des Gastransfers vorliegen würden.
Ukraine kämpft weiter, Deutschland äussert sich nicht
Die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa, forderte Kritiker des Projekts zur Aufgabe ihrer Position auf. «Es ist allen klar, auch den Kritikern von Nord Stream 2 und denen, die sich verzweifelt gegen den Bau gestemmt haben, dass das Projekt nicht gestoppt werden kann», schrieb sie im Messengerdienst Telegram.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen «hat immer betont, dass die Ukraine gegen dieses politische Projekt Russlands kämpfen werde», sagte Selenskyjs Sprecher Sergiy Nykyforow. Dies gelte «bis zur Fertigstellung und danach und auch nach Beginn der Gaslieferungen».
Deutschland wollte sich zum weiteren Ablauf nicht äussern. Was die nächsten Schritte seien, würden die Betreiber entscheiden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
Der Bau von Nord Stream 2 hatte im Mai 2018 begonnen. Die etwa 1200 Kilometer lange, aus zwei Leitungen bestehende Pipeline soll künftig in weitaus grösserem Umfang als bislang russisches Erdgas nach Deutschland bringen. Hinter dem Projekt stehen neben Gazprom auch Uniper und Wintershall Dea aus Deutschland, der französische Konzern Engie, der britisch-niederländische Konzern Shell sowie OMV aus Österreich als Finanzinvestoren.
Der Bau der Röhren auf dem Grund der Ostsee hatte sich insbesondere wegen Widerstands der USA verzögert. Ende 2019 verhängte die damalige Regierung von US-Präsident Donald Trump Sanktionen, um die Fertigstellung der Pipeline zu verhindern. Die Bauarbeiten wurden daraufhin ausgesetzt.
Erst im Juli dieses Jahres gab es zu dem Projekt eine Einigung mit den USA. Umstritten ist das deutsch-russische Projekt auch innerhalb Europas. Befürchtet wird, dass sie die Position traditioneller Gas-Transitländer wie der Ukraine schwächen könnte. Umweltschützer wiederum kritisieren die Pipeline aus klimapolitischen Gründen.
AFP/aru
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