Umstrittene GletscherskirennenRegelverstoss: Zermatter Weltcuppiste muss korrigiert werden
Die Baukommission des Kantons Wallis kommt zum Schluss, dass ein sehr kleiner Teil der Strecke auf dem Gletscher ausserhalb des bewilligten Gebiets liegt. Viele Fragen bleiben unbeantwortet.
Für die Zermatter werden die eigenen Skirennen je länger, je mehr zur Zerreissprobe. Mitte November sollen mit einjähriger Verspätung endlich die ersten Schwünge auf der Gran-Becca-Piste gezogen werden, Schnee ist dieses Mal reichlich vorhanden – aber neben genügend Weiss gibt es auch Zoff im Überfluss.
Vergangene Woche verhängte die Baukommission des Kantons Wallis einen Stopp der Bauarbeiten ausserhalb des homologierten Skigebiets, was implizierte, dass am Theodulgletscher illegal und ausserhalb der bewilligten Zone gearbeitet worden ist. OK-Chef Franz Julen wehrte sich und sagte, die Arbeiten seien korrekt respektive innerhalb der Skisportzone auf Schweizer Seite vorgenommen worden. Nun aber gibt die Baukommission bekannt, dass nicht alles im legalen Rahmen ausgeführt worden sei. Eine sehr geringe Pistenfläche liege ausserhalb des genehmigten Skigebiets. Mit sofortiger Wirkung wurde ein Verbot der Nutzung der betroffenen Anlagen ausgesprochen.
Weiterer Imageschaden
Pikant dabei ist: Eine Sichtung an Ort und Stelle war aufgrund des schlechten Wetters am Montag nicht möglich. Am Sonntag wiederum hatten die zuständigen Behörden trotz besten Verhältnissen erstaunlicherweise auf eine Ortsschau verzichtet – wenngleich sich der «Fall Zermatt» längst zu einer Affäre von nationalem Interesse ausgeweitet hat. Die Baukommission will den Grundriss nach wie vor mit eigenen Augen sehen, schliesslich sollen am Gletscher geometrische Vermessungen durchgeführt werden. Die Lektüre des Streckenplans zeige aber bereits das kommunizierte Verdikt.
Doch was bedeutet das nun für die Organisatoren respektive das erste länderübergreifende Skirennen im Weltcup mit Start im Wallis und Ziel im Aostatal? Nachdem die Bilder von im Einsatz stehenden Baggern auf dem Gletscher da und dort für Empörung sorgten, verschärft sich der Imageschaden. Die neuste Entwicklung ist Wasser auf die Mühlen der Umweltverbände respektive Kritiker des Projekts, die Gletscherskirennen per se für ein Unding halten.
Der Veranstalter wird sich eingestehen müssen, einen Fehler gemacht zu haben, er liegt in der Verantwortung von Pistenarchitekt Didier Défago, der Abfahrtsolympiasieger von 2010 scheint sich in der Linienwahl für einmal verschätzt zu haben. Wenngleich es sich nach Informationen diverser Szenekenner nur um wenige Meter Pistenfläche handelt, die fälschlicherweise bearbeitet worden sind. Das Malheur jedenfalls dürfte problemlos zu korrigieren sein: Es geht um ein Flachstück kurz vor dem Grenzübergang nach Italien, die Zermatter werden die Piste in jenem Bereich ein wenig versetzen müssen. Ob eine Busse ausgesprochen wird, ist unklar. Sobald es die Wettersituation erlaubt, wird das OK die Anpassungen, die sportlich unproblematisch sind, vornehmen – sollten die geometrischen Messungen nicht ein anderes Resultat hervorbringen.
Rennen sind kaum in Gefahr
Ein Rückbau der verrichteten Arbeiten, wie ihn die Umweltverbände fordern, ist an und für sich absurd: Es wäre gewiss niemandem gedient, würden gefüllte Gletscherspalten wieder «geöffnet». Beschwerde einlegen wird das Zermatter Organisationskomitee nicht; damit Klarheit herrscht, fordert es aber weiterhin schnell eine Besichtigung vor Ort. «Wir respektieren das Gesetz und begrüssen das Vorgehen der Baukommission», sagt OK-Chef Julen. «Sollten wir Fehler begangen haben, stehen wir dazu.»
Die Abfahrten der Männer (11./12. November) und Frauen (18./19. November) sind kaum in Gefahr, zumal die Piste aufgrund ihrer Breite Korrekturen zulässt. Und sollte die Sache wider Erwarten komplett aus dem Ruder laufen, besteht theoretisch die Option, dass erst nach dem Grenzübergang losgefahren wird.
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