Kampf um SchlüsseltechnologienBiden sucht Verbündete gegen Chinas Hightech-Expansion
Die USA wollen mit anderen Ländern zusammenspannen, um zu verhindern, dass wichtige westliche Hightech-Firmen aufgekauft werden. Damit gerät auch die Schweiz unter Druck.
Das Ringen zwischen den USA und China um die Vorherrschaft bei Schlüsseltechnologien wird härter. So hat das amerikanische Komitee für ausländische Investitionen, kurz Cfius, die Übernahme des Halbleiterherstellers Magnachip Semiconductor durch den Investmentfonds Wise Road Capital blockiert. Das interministerielle Cfius-Komitee prüft die möglichen Auswirkungen von Firmenfusionen auf die nationale Sicherheit der USA.
Das Besondere an dem Fall: Wise Road sitzt in Peking, Magnachip in Südkorea, genauer gesagt in Cheongju. Eine chinesische Firma übernimmt also eine südkoreanische, und die USA intervenieren – kein Wunder, dass die Beteiligten umgehend aufschrien. Die US-Regierung jedoch zeigte sich davon unberührt: Sie will die Position ihres Landes als wichtigster Halbleiterhersteller der Welt sichern und Chinas Aufstieg zur Tech-Supermacht stoppen – mit allen Mitteln.
Biden setzt auf Verbündete
Dass Washington in dem konkreten Fall überhaupt eingreifen kann, liegt an zwei Dingen. Erstens: Magnachip ist an der New Yorker Börse kotiert und unterliegt damit den US-Finanzmarktregeln. Und zweitens: Seit seinem Amtsantritt im Januar bemüht sich Biden darum, das Cfius viel enger als bisher mit den entsprechenden Gremien in befreundeten Ländern zu verzahnen – etwa mit den Kollegen in Südkorea, welche die Produkte von Magnachip nur einen Tag nach der US-Entscheidung prompt zur «nationalen Kerntechnologie» und damit für praktisch unverkäuflich erklärten. Wo Donald Trump noch allein marschierte, schmiedet sein Nachfolger Biden nun eine globale Allianz gegen China.
Im Rahmen dieses Bündnisses soll sich das Cfius, dem unter Federführung des US-Finanzministeriums Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Behörden angehören, nicht nur mit den Südkoreanern enger abstimmen. Vielmehr hat Biden auch Brüssel, Berlin, Paris, London, Tokio und viele andere Hauptstädte im Blick.
Nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie soll ein Komitee prüfen, welche Auswirkungen ein potenzieller Firmenzusammenschluss auf internationale Lieferketten hätte und ob sich die USA allzu abhängig von ausländischen Herstellern macht.
Das US-Komitee Cfius selbst soll dabei künftig noch häufiger von sich aus tätig werden und dabei den Begriff der «nationalen Sicherheit» weit auslegen. Laut dem «Wall Street Journal» soll das Komitee nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie zudem sehr viel genauer prüfen, welche Auswirkungen ein potenzieller Firmenzusammenschluss auf internationale Lieferketten hätte und ob sich die USA allzu abhängig von ausländischen Herstellern machen würden.
TikTok weiter im Visier
Hinzu kommt die Frage, ob persönliche Daten amerikanischer Bürger in die Hand ausländischer Regierungen geraten könnten. So wird etwa die unter Trump begonnene Prüfung der bei Jugendlichen beliebten chinesischen Tanz-App Tiktok auch unter Biden fortgesetzt. Um all diese Aufgaben zu bewältigen, soll das Cfius auch personell aufgestockt werden.
Als eine ihrer wichtigsten Partnerinnen im Machtkampf mit China erachten die Amerikaner dabei die EU. Beide Seiten haben jüngst einen gemeinsamen Handels- und Technologierat geschaffen, der sich unter anderem mit der Frage befassen soll, wie westliche Schlüsseltechnologien vor dem Zugriff staatlich protegierter chinesischer Firmen geschützt werden können.
Deutschland hat bereits sein Aussenwirtschaftsgesetz ganz nach Gusto der USA verschärft. So kann die Regierung eine Übernahme durch einen ausländischen Investor bereits ablehnen, wenn nur eine «voraussichtliche Beeinträchtigung» der öffentlichen Sicherheit und Ordnung droht.
Schweiz plant neue Genehmigungsbehörde
Auch in der Schweiz soll die Kontrolle von Firmen-Übernahmen verschärft werden. Zwar ist der Bundesrat dagegen, doch das Parlament verpflichtete die Regierung dazu, ein Kontrollregime auszuarbeiten. Im Frühling 2020 hatten National- und Ständerat die Motion von Ständerat Beat Rieder (Die Mitte) angenommen, welche die Schaffung einer neuen Genehmigungsbehörde für die Investitionskontrolle ausländischer Direktinvestitionen vorsieht. Laut dem zuständigen Staatssekretariat für Wirtschaft sei die Umsetzung noch in Arbeit.
Details sind aber noch nicht bekannt. Das Vorhaben wird oft als «Lex China» bezeichnet, doch wird der Bundesrat erpicht darauf sein, dass das Vorhaben sich nicht gegen China richtet. Auslöser der Schweizer Pläne war indes die Übernahme Syngentas durch die staatliche ChemChina im Jahr 2017. Die Schweiz bemüht sich, nicht zwischen den USA und China wählen zu müssen, doch sollte noch einmal eine chinesische Firma nach einem Schweizer Vorzeige-Konzern greifen, dürfte der Druck der USA gross sein, das zu untersagen.
Neben dem Cfius ist mit der Entwicklungsfinanzierungsagentur DFC noch eine zweite US-Behörde in die Initiative eingebunden. Sie kann bis zu 60 Milliarden Dollar investieren, um Regierungen in Afrika, Asien und Lateinamerika zu überzeugen, chinesische Gegenangebote abzulehnen.
Das Ziel: Häfen, Mobilfunknetze und andere strategisch wichtige Einrichtungen sollen dem Zugriff der Volksrepublik entzogen bleiben. Notfalls kann die Agentur sogar selbst Eigentümerin werden, derzeit erwägt sie etwa, eine Schiffswerft in Griechenland zu kaufen, auf die auch die Chinesen ein Auge geworfen haben. Auch die DFC soll künftig sehr viel stärker mit Partnerbehörden in den anderen grossen Industrieländern der G-7 zusammenarbeiten.
Mitarbeit: Holger Alich
Fehler gefunden?Jetzt melden.