Krieg in der Ukraine«Die Krim wird bei Russland bleiben»
Der Friedensplan der US-Regierung verursacht eine komplizierte Lage. Donald Trumps Sondergesandter Steve Witkoff reist bereits zum vierten Mal nach Moskau. Nur Nato-Generalsekretär Mark Rutte ist unerschütterlich optimistisch.

- Nach hundert Tagen Amtszeit bleibt Trumps Friedensversprechen für die Ukraine unerfüllt.
- Washington signalisiert Zugeständnisse an Wladimir Putin bezüglich der Kontrolle über die Krim.
- Der US-Sondergesandte Steve Witkoff verhandelt bei seinem vierten Besuch in Moskau über eine ukrainische Verteidigungsarmee.
- Nato-Generalsekretär Mark Rutte bewertet den US-Einsatz für einen Frieden noch immer positiv.
Donald Trump hat sich auf den Weg nach Rom gemacht, wo er dem Begräbnis von Papst Franziskus beiwohnen wird. Das Weisse Haus hat bislang nicht erkennen lassen, ob der US-Präsident bei dieser ersten Europareise seiner zweiten Amtszeit auch politische Gespräche führen wird. Die Gelegenheit wäre jedenfalls günstig, um mit dem britischen Premier Keir Starmer und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über die europäischen Vorstellungen eines Friedensplans für die Ukraine zu reden.
Sinnvoll wäre auch ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymr Selenskyj über die Krim. Dem Magazin «Time» hat Trump soeben gesagt, dass Russland die Schwarzmeerhalbinsel bei einem Friedensvertrag kontrollieren werde: «Die Krim wird bei Russland bleiben.» Laut Trump versteht dies auch Selenskyj, was jedoch zweifelhaft erscheint.
Für Trump hat Putin schon Zugeständnisse gemacht
Der Mann, der diesen Krieg begonnen hat und von dem es abhängt, wann er endet, reist nicht nach Rom: Wladimir Putin. Der russische Präsident war von Trump dieser Tage zwar auf ungewöhnlich scharfe Weise für die nächtliche Bombardierung Kyjiws gerügt worden («Wladimir, STOPP!»), andererseits kann Putin weiter annehmen, dass die USA eher auf seiner Seite als auf jener Selenskyjs stehen.
Als Trump am Donnerstag in Washington gefragt wurde, welche Zugeständnisse der Kreml im zähen Ringen um Frieden machen müsse, sagte er: «Den Krieg zu beenden und nicht das ganze Land einzunehmen? Ein ziemlich grosses Zugeständnis.»
Wenn es tatsächlich die Position des Weissen Hauses ist, dass es schon eine Art Kompromiss wäre, wenn Putin nicht erlaubt wird, die komplette Ukraine zu erobern, dann befindet sich Selenskyj in einer noch schlechteren Verhandlungsposition als bislang angenommen. Ausser im Kreml hatte bislang niemand ernsthaft von der Annexion der gesamten Ukraine von Russland geredet. Es ist derzeit auch nicht realistisch, dass Putin das mit militärischen Mitteln gelingen könnte.
Mark Rutte glaubt weiterhin an positives Ende
Am Ende einer Woche, für die Trump ursprünglich einen Durchbruch auf dem Weg zum Frieden in Aussicht gestellt hatte, stellt sich die Lage also komplizierter dar als zuvor: Selenskyj weigert sich aus guten Gründen, einem Deal zuzustimmen, der den Verzicht der Ukraine auf die russisch besetzte Krim bedeuten würde.
Putin lässt Kyjiw bombardieren, ungeachtet der Meldungen, wonach sich die USA und Russland bereits auf einen Deal geeinigt hätten. Und Donald Trump droht damit, sich bald um gar nichts mehr zu kümmern, wenn das so weitergeht.

Dennoch erklärte Nato-Generalsekretär Mark Rutte nach diversen Gesprächen am Donnerstagnachmittag in Washington: «Ich sehe hier keine Situation, in der die USA davonlaufen. Ich sehe eine Situation, in der das unter der Führung von Donald Trump zu einem positiven Ende gebracht werden kann.»
Trump habe «eine Blockade gebrochen», sagte Rutte. Beobachter waren sich uneins, ob der Niederländer das sagte, weil er es so meinte oder weil er glaubte, das sagen zu müssen, um Trump bei Laune zu halten.
Für Aussenminister Lawrow muss der Deal nur «noch feinjustiert» werden
Unterdessen hat sich der US-Sondergesandte Steve Witkoff in Moskau mit Wladimir Putin getroffen, um einen Friedensdeal zu besprechen, der, wie Russlands Aussenminister Sergei Lawrow dem US-Sender CBS sagte, nur «noch feinjustiert» werden muss. Das russische Staatsfernsehen zeigte Witkoff und Putin am Freitag beim Handschlag. «So gut, Sie zu sehen», sagte der Gast.
Der Agentur Bloomberg zufolge wollte Witkoff von Moskau verlangen, das Recht der Ukraine zu akzeptieren, im Rahmen eines Friedensabkommens eine eigene, angemessen ausgerüstete Armee- und Verteidigungsindustrie aufzubauen. Putin beharrt bislang auf einer weitgehenden Entmilitarisierung der Ukraine als Bedingung für das Ende seines Angriffskriegs.
Das wäre immerhin ein konkretes Zugeständnis, das das Weisse Haus dem Kreml abverlangen würde. Andererseits hat Trump deutlich gemacht, dass sich die Ukraine ihre lange ersehnte Nato-Mitgliedschaft abschminken kann, solange er etwas zu sagen hat. Damit erfüllt er eine Kernforderung Putins.
Witkoff trifft sich bereits zum vierten Mal mit dem russischen Präsidenten. Im Anschluss klang es meist so, als habe nicht Moskau die Bedingungen Washingtons geschluckt, sondern Washington die Sprache Moskaus übernommen. Wird dieses neuerliche Treffen mit Putin den Weg zu einem für alle Seiten einigermassen akzeptablen Verhandlungsergebnis ebnen?
Auch der US-Präsident hat etwas zu verlieren
Donald Trump hatte im Wahlkampf versprochen, dem Krieg in der Ukraine am ersten Tag seiner Amtszeit zu beenden. Anfang kommender Woche wird er 100 Tage im Amt sein, und es ist noch kein Ende des Kriegs in Sicht.
Er wirkt in diesen Tagen wohl auch deshalb so angekratzt, weil seine vermeintlichen Deal-Making-Künste bislang versagen. Das gilt für seine Zollpolitik, seine Nahost-Politik, insbesondere aber seine Russland-Ukraine-Politik.
Als Trump am Donnerstag gefragt wurde, ob es einen Stichtag gebe, bis zu dem Selenskyj und Putin dem US-Friedensplan zustimmen müssten, wich er aus und sagte: «Ich habe meine eigene Deadline.» Das klang so, als ob er gerade gemerkt hätte: Auch er hat in diesem Verhandlungsprozess etwas zu verlieren.
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