Widerstand in UK gegen US-PräsidentStaatsempfang von Trump wird für Starmer zum Problem, immer mehr Abgeordnete fordern Absage
Die britische Regierung bemüht sich um Donald Trump und will dessen Besuch in London gross aufziehen. Nun machen Gegner mobil, es ist von Massenprotesten die Rede.

- König Charles lud Trump überraschend zu einem zweiten historischen Staatsbesuch ein.
- Der Staatsempfang soll entgegen üblichen Gepflogenheiten im September stattfinden.
- Dagegen gibt es nun Widerstand, Grossdemonstrationen sind in Planung.
Es war gedacht als eine ganz spezielle Geste – im verzweifelten Bemühen um das Wohlwollen Donald Trumps. Dass dem US-Präsidenten nach seinem Staatsbesuch von 2019 in Grossbritannien die gleiche Ehre prompt ein zweites Mal zuteilwerden würde, kam selbst für den Geehrten überraschend. Es war ein diplomatischer Coup.
Kein Wunder, dass sich Trump geschmeichelt fühlte, als ihm Premier Keir Starmer das Einladungsschreiben König Charles’ im Februar persönlich überbrachte und Starmer ihm versicherte, so etwas, einen zweiten Staatsbesuch desselben Gastes, habe es «noch nie» gegeben vorher. Mittlerweile sieht der Präsident dem grossen Empfang, den die Briten für ihn auszurichten gedenken, erwartungsvoll entgegen. Schliesslich betrachtet er sich als «einen Freund von Charles».
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Und nicht einmal bis nächstes Jahr müsse er warten, liess Trump die Welt jetzt wissen: Bereits für diesen September sei «das Fest» für ihn geplant. In London will man sich zu diesem einseitigen Terminentscheid fürs Erste nicht äussern. Normalerweise finden Staatsbesuche an der Themse nicht zwischen Juli und September statt, weil britische Monarchen sich gern für einen langen Sommer ins schottische Balmoral zurückziehen. Aber wenn es um Donald Trump geht, steht Charles III. natürlich parat.
Tatsächlich könnte der Präsident sogar schon vorher, im Juli, zu einem Kurzbesuch in Schottland auftauchen, um dort der Einweihung eines neuen Trump-Golfplatzes, gar nicht weit von Balmoral, beizuwohnen und so seinen «Freund» Charles frühzeitig wiederzusehen. Zum Staatsbesuch selbst wird Trump dann in Windsor Castle erwartet. Dort, in der Stammburg der Windsors auf dem berühmten Hügel im Westen Londons, wird auch das grosse Staatsbankett stattfinden. Dort werden die Trumps standesgemäss untergebracht.
2018 und 2019 waren eine Viertelmillion Menschen auf der Strasse
Ob es Keir Starmer nun freilich gelingt, Donald Trump mithilfe der Krone milde zu stimmen und ihn gar noch zur Aufhebung seiner Zölle fürs Vereinigte Königreich zu bewegen: Das ist bislang keineswegs gesagt. Denn dem US-Präsidenten dürfte kaum behagen, dass Vorbereitungen für Massendemonstrationen gegen ihn im «Gastland» bereits in vollem Gange sind.

Bei seinen grossen Auftritten von 2018 und 2019 hatte seine Präsenz ja schon eine Viertelmillion Menschen im Protest auf die Strassen getrieben. Und dieses Mal, versichern die Veranstalter, werde alles noch wesentlich grösser sein. Schon pumpt man probeweise wieder den sechs Meter hohen Luftballon auf, der seinerzeit zum Markenzeichen des «Widerstands gegen Trump» wurde und der Donald Trump als zorniges orangefarbenes Baby in Windeln, mit dem Smartphone in der Hand, zeigt.

Auch dieses Mal bauen die Demo-Organisatoren darauf, dass ihnen Labour-Bürgermeister Sadiq Khan wieder die Erlaubnis erteilt, ihren «Trump Blimp» gut sichtbar über den Strassen Londons fliegen zu lassen, sobald der Präsident auf den Britischen Inseln weilt. Zugleich melden immer mehr britische Parlamentarier, insbesondere im Regierungslager, bei Labour, ihren Unmut über den Trump-Besuch an.
«Keinen führenden Politiker willkommen heissen, der antidemokratisch ist»
Schon in der ersten Trump-Amtszeit wehrten sich ja Dutzende von Abgeordneten gegen einen triumphalen Auftritt Trumps im britischen Parlament. Jetzt verlangen erneut Mitglieder des Unter- wie des Oberhauses von den Sprechern der beiden Kammern, Donald Trump auf keinen Fall zu einer Ansprache in Westminster Hall einzuladen. Eine solche Ehre, wie sie unter den US-Präsidenten nur Ronald Reagan, Bill Clinton und Barack Obama zuteilwurde, halten Trump-Gegner für «völlig unangebracht».
Lord Foulkes, ein früherer Minister der Tony-Blair-Regierung, der die Proteste gegen Trump im Oberhaus koordiniert, räumt ein, dass «unsere Regierung natürlich verpflichtet ist, Beziehungen zu Regierungen aller Art zu unterhalten». Das Parlament dürfe aber «keinen führenden Politiker willkommen heissen, der antidemokratisch ist und Rechtssprechung und Rechtsstaatlichkeit mit Füssen tritt».
Wird der Besuch noch abgesagt?
Letzten Umfragen zufolge teilen zwei Drittel aller Briten diese Überzeugung. Trumps Behandlung der Ukraine stösst auf der Insel ebenso auf Empörung wie seine Verhängung von Strafzöllen, die das Wirtschaftswachstum bei seinen «engsten Verbündeten» ernsthaft bedroht.
Die Hälfte der Bevölkerung plädiert, wie eine wachsende Zahl von Abgeordneten, sogar schon dafür, den Staatsbesuch wieder abzusagen. Aber das kommt nicht infrage für 10 Downing Street. In der britischen Regierungszentrale klammert man sich noch immer an die Hoffnung, von Donald Trump als die grosse Ausnahme in Europa gesehen zu werden – als ein ihm freundlich gesinntes Königreich, das alle diplomatischen Register für ihn zieht.
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