Truppen in der UkraineEin historischer Fehler, den Nordkorea gerade begeht
Diktator Kim Jong-un hilft seinem neuen Freund Wladimir Putin mit Soldaten aus. Andere Staaten sollten daraus ihre Lehren ziehen.
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol klingt manchmal schon so, als wolle er in der Ukraine den nächsten Korea-Krieg ausfechten. Der Norden schickt offensichtlich Truppen an Wladimir Putins Front dort – das hat Yoon alarmiert. «Diese illegale militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea ist eine erhebliche Sicherheitsbedrohung für die internationale Gemeinschaft und könnte ein ernstes Risiko für unsere nationale Sicherheit darstellen», hat er am Dienstag laut der Nachrichtenagentur Yonhap in einer Kabinettssitzung gesagt und «Gegenmassnahmen» angemahnt. Aber was heisst das? Und ist es wirklich klug, sich in einen Krieg einzumischen, nur weil der verfeindete Bruderstaat dies tut?
Yoon Suk-yeol hat recht: Man darf sich keine Illusionen machen über jene «strategische Partnerschaft», die Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und Russlands Präsident Wladimir Putin im Juni geschlossen haben. Sie geht weiter, als man zunächst dachte. Pyongyang beliefert Moskau nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Soldaten. Längst haben die USA und die Nato erste Berichte aus der Ukraine und Südkorea bestätigt, wonach nordkoreanische Truppen nach Russland gebracht wurden.
Der Hass auf die USA eint Kim und Putin, aber …
Ob sie wirklich in der Ukraine zum Einsatz kommen, muss sich noch weisen. Aber zur Friedenstaubenzucht sind sie sicher nicht gekommen. Und weder Moskau noch Pyongyang bringen noch richtige Dementis zustande. Präsident Putin hat die Berichte als «unsere Angelegenheit» abgetan. Laut Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA erklärte Vizeaussenminister Kim Jong-gyu: «Wenn es so etwas gibt, worüber die Weltmedien reden», dann werde das schon rechtens sein.
Wenn Nordkorea als Drittstaat in Putins Krieg einsteigt, ist das schon deshalb nicht rechtens, weil Putins Krieg laut UNO-Charta nicht rechtens ist. Auch hier hat Yoon recht. Und ebenfalls stimmt es, dass Südkorea die Entsendung nicht egal sein kann. Denn Kim bekommt etwas zurück von Putin. Unter anderem wohl Hilfe bei der nuklearen Aufrüstung.
Aber ob Nordkoreas Auslandseinsatz wirklich mehr bringt als Zeit für Putin in seinem Krieg, kann man bezweifeln. Denn diese Moskau-Pyongyang-Connection ist ja keine Allianz zweier Staaten, die in ewiger Eintracht für die gleichen Werte kämpfen. Der Hass auf die USA eint Kim und Putin, aber sonst hat jeder nur seine Interessen im Kopf. Putin will seine Macht erweitern, verliert dabei aber zu viele Männer. Kim möchte seine sanktionierte Parteidiktatur absichern. Beide sind auf die Hilfe des jeweils anderen angewiesen. Und dabei scheint vor allem Kim die Nebenwirkungen des Deals übersehen zu haben.
Kim opfert die Söhne seines Landes
Wenn Kim Jong-un Tausende Soldaten in die Ukraine schickt, opfert er Söhne seines Landes in einem Krieg, der mit Korea gar nichts zu tun hat. Schwächt die heimische Armee. Wirft möglicherweise Zweifel in der eigenen Elite auf. Legt sich mit der Nato an. Irritiert seinen grössten Wirtschaftspartner China. Und dabei kann Kim sich nicht einmal sicher sein, ob die Freundschaft hält, wenn der Krieg vorbei ist und Putin ihn nicht mehr braucht.
Was tun? Nichts überstürzen, damit die Lage nicht noch schlimmer wird. Südkoreas Präsident Yoon erwägt, Waffen an die Ukraine zu liefern – das tun viele. Aber er überlegt auch, ein militärisches Team zur Beobachtung in die Ukraine zu schicken. Damit würde noch eine Nation in den Krieg ziehen, das wäre nicht gut. Niemand sollte den historischen Fehler nachmachen, den Nordkorea gerade begeht.
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