Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Überraschender Besuch
Scholz fährt zum Wahlkampf bis nach Kiew

This handout photograph taken and released by the Ukrainian Presidential Press Service 
on December 2, 2024, shows Ukrainian President Volodymyr Zelensky (R) and German Chancellor Olaf Scholz (C) visiting injured Ukrainian soldiers at a hospital in Kyiv, amid the Russian invasion of Ukraine.. Scholz made a surprise visit to war-torn Ukraine on Monday to reaffirm Berlin's support for Kyiv in its fight against Russia. (Photo by Handout / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Deutschland liefert im Dezember Waffen im Wert von 650 Millionen Euro.
  • Scholz diskutierte mit Selenski auch Möglichkeiten für dauerhaften Frieden.
  • Scholz’ Besuch war aber auch sichtlich an ein deutsches Publikum gerichtet.

Zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren ist Olaf Scholz am Montag nach Kiew gereist. Bei der überraschenden Visite besuchte der deutsche Bundeskanzler am Montag zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski unter anderem schwer verletzte ukrainische Soldaten. Auch auf dem Maidan zeigte er sich, wo blau-gelbe Fähnchen an Gefallene auf den Schlachtfeldern im Osten und Süden des Landes erinnern.

Sein Besuch sei ein «Zeichen der Solidarität» mit einem Land, das sich seit mehr als 1000 Tagen «auf heldenhafte Art und Weise gegen den erbarmungslosen russischen Angriffskrieg» verteidige, sagte Scholz. Er kündigte an, dass Deutschland der Ukraine noch im Dezember weitere Waffen im Wert von 650 Millionen Euro liefern werde.

Deutschland sei der zweitgrösste Unterstützer Kiews nach den USA, meinte Scholz, und würde auch in Zukunft der grösste Europas bleiben. In diesem Jahr habe seine Regierung mehr Hilfe geleistet als Frankreich und Grossbritannien zusammen. Auf Berlin könne sich Kiew verlassen, anders als für andere Länder gelte für Deutschland: «Wir sagen, was wir tun. Und wir tun, was wir sagen.»

Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy, right, and German Chancellor Olaf Scholz take a look at drones during Scholz's visit to Kyiv, Ukraine, Monday, Dec.2, 2024. (AP Photo/Efrem Lukatsky)

Im Gespräch mit Selenski wollte Scholz aber auch Wege ergründen, die zu einem «gerechten und dauerhaften Frieden» führen könnten. Der Deutsche und der Ukrainer werden dabei auch auf Irritationen zu sprechen gekommen sein, die das Verhältnis in den vergangenen Wochen belastet hatten.

Mitte November hatte Scholz zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen dieser zu einem Waffenstillstand bereit wäre. Selenski hatte Scholz danach mit den Worten kritisiert, dieser habe damit die «Büchse der Pandora» geöffnet.

Als die USA, Grossbritannien und Frankreich kurze Zeit später der Ukraine erlaubten, Raketen und Cruise Missiles auch für Schläge auf weit entfernte Ziele in Russland zu verwenden, bekräftigte Scholz seine Weigerung, der Ukraine den deutschen Marschflugkörper Taurus zu liefern. Zuvor war Berlin Washington bei solchen Entscheidungen meist gefolgt. Aus Sicht des Kanzlers könnte ein Einsatz des Taurus zu einer Eskalation führen, die er nicht verantworten wolle.

Deutschland und die USA sperren sich auch zuvorderst gegen eine Einladung der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis Nato – einen Schritt, den Selenski für die Zukunft seines Landes für entscheidend hält.

Scholz wettert gegen «Kreml-Lautsprecher»

Wie alles, was deutsche Politiker derzeit tun und sagen, war Scholz’ Besuch in Kiew aber auch bereits Teil seines Wahlkampfs. Der 66-jährige Sozialdemokrat empfiehlt seine Ukraine-Politik als einen «besonnenen» Mittelweg: Er sorge dafür, dass Deutschland die Ukraine weiterhin nach Kräften unterstütze, und verhindere gleichzeitig, dass das Land in den Krieg mit Russland hineingezogen werde.

Am Samstag hatte Scholz beim Wahlkampfauftakt der SPD alle anderen Parteien scharf angegriffen: Die «Kreml-Lautsprecher» der Alternative für Deutschland und von Sahra Wagenknecht drängten die Ukraine zur Kapitulation, die «Heisssporne» von CDU/CSU und Grünen hingegen verkennten die Gefahren einer Eskalation.

Am härtesten ging Scholz Friedrich Merz an, den Christdemokraten, der ihn nach der Bundestagswahl Ende Februar als Kanzler ablösen will. Merz habe der Atommacht Russland in der Taurus-Frage faktisch ein Ultimatum gestellt. «Ich kann da nur sagen: Vorsicht! Mit der Sicherheit Deutschlands spielt man nicht Russisch Roulette.» Das Land brauche einen kühlen Kanzler, keinen oppositionellen Hitzkopf. Merz hatte im Bundestag vorgeschlagen, Putin mit der Lieferung des Taurus an die Ukraine zu drohen, stelle dieser seine Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung nicht ein.

Wollte Scholz mit seinem Besuch nur Merz zuvorkommen?

Merz reagierte am Wochenende seinerseits mit Vorwürfen. «Die Mobilisierung von Kriegsangst ist DNA der SPD», schrieb er am Sonntag. «Krieg mit der CDU, sichere Renten nur mit der SPD – das scheint nun die Aufstellung der SPD im heraufziehenden Bundestagswahlkampf 2025 zu werden. Diese Grundmelodie begleitet die SPD seit den frühen 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts.» Mit seiner Angstmacherei lenke Scholz nicht zuletzt von der schlechten Wirtschaftslage ab – aus Sicht von CDU/CSU und den meisten Umfragen dem Thema, das die Deutschen am meisten besorgt.

Scholz’ Besuch in der Ukraine wurde kurzfristig geplant, nach einem Telefongespräch mit Selenski am Freitag. Im Kanzleramt gab man sich zwar Mühe, zu betonen, dass eine Reise lange geplant gewesen sei – zwischen der Wahl in den USA Anfang November und der Amtsübernahme des neuen Präsidenten Ende Januar. Gerüchten zufolge könnte für den schnellen Aufbruch aber eine andere Überlegung eine Rolle gespielt haben: Auch Merz hatte eine Einladung von Selenski – Scholz habe seinem Rivalen schlicht zuvorkommen wollen.