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Offizielles Treffen in Luxemburg
«Historischer Tag» für die Ukraine: Wie es weitergeht mit dem EU-Beitritt

Deputy Prime Minister for European and Euro-Atlantic Integration of Ukraine Olga Stefanishyna attends a press conference after an Intergovernmental Conference focus on the accession of Ukraine during a General Affairs Council to the European Union at the EU Council building in Luxembourg on June 25, 2024. (Photo by Jean-Christophe Verhaegen / AFP)
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Der Auftakt ist gemacht: Die Ukraine will der EU beitreten, und seit dieser Woche sind die Verhandlungen dafür offiziell eröffnet. Künftig treffen sich EU und Kiew regelmässig. Wie realistisch ist der Eintritt in die EU, und woran kann er noch scheitern? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die Verhandlungen haben begonnen. Was heisst das konkret?

Zum grossen Treffen am Dienstag in Luxemburg kamen Vertreterinnen und Vertreter aller EU-Staaten sowie Abgesandte der Ukraine. Letztlich ging es vor allem darum, wie die künftigen Gespräche gestaltet werden, doch das Treffen war auch der Auftakt zum offiziellen Beitrittsprozess, also der Grundstein für die Aufnahme der Ukraine in die EU. Auf ukrainischer Seite war die Freude darüber entsprechend gross, die Delegationsführerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Olga Stefanischyna sprach von einem «historischen Tag». Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte das Beitrittsgesuch am 28. Februar 2022, dem fünften Tag der russischen Vollinvasion, unterzeichnet.

Auch Moldau schickte eine Delegation. Für das Land, das sich von Russland bedroht sieht, ist seit Dienstag ebenfalls der Beitrittsprozess gestartet.

Was muss die Ukraine jetzt leisten?

Die Ukraine muss angeschobene Reformen umsetzen und weitere auf den Weg bringen. Insgesamt gibt es 35 Verhandlungskapitel mit Forderungen der EU, die erfüllt werden müssen. Hauptsächlich geht es darum, dass das Land EU-Standards erfüllen kann. In der gesamten Ukraine muss die Korruption zurückgedrängt, der Schutz der Menschenrechte und der Rechtsstaat gestärkt werden. Ausserdem muss die Ukraine den Schutz der Minderheiten im Land sicherstellen – ein Streitpunkt, auf den vor allem EU-Mitglied Ungarn immer wieder zurückkommt.

Wo hakt es bei den Reformen in der Ukraine?

Kiew muss noch in vielen Bereichen nachbessern, vor allem die Korruption in weiten Teilen der Verwaltung ist ein grosses Problem, die organisierte Kriminalität ebenso. Auch die Justiz im Land muss verbessert werden, so soll die Ukraine ein vertrauenswürdiges Verfassungsgericht schaffen und dafür nach EU-Regeln Richterinnen und Richter benennen. Dieser Prozess ist angestossen, aber noch nicht abgeschlossen. Das Gericht stand in der Vergangenheit immer wieder wegen Korruptionsfällen im Fokus, auch, weil Richtersprüche eine Reform der Institution verhinderten.

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Ist ein Beitritt überhaupt realistisch – und wenn ja, wann?

Alle Beteiligten gehen davon aus, dass sich der Prozess noch über Jahre zieht. Die ukrainische Seite rechnet nicht mit einem Eintritt in die EU vor 2030, einige Beobachter halten aber selbst das für zu optimistisch und sprechen von weiteren Jahrzehnten. Bis dahin werden viele Verhandlungstreffen stattfinden, inhaltlich gesprochen werden soll aber bereits in den kommenden zwölf Monaten. Fällt die Ukraine in ihren Reformbemühungen zurück, verlangsamt das den Prozess. Aber auch die EU-Kommission muss vieles prüfen, etwa inwieweit das nationale Recht der Ukraine noch vom EU-Recht abweicht. Auch wird der Ukraine der Krieg keinen Vorteil im Beitrittsprozess verschaffen. Das bekräftigte die Kommissionschefin der EU in dieser Woche. Es gebe «keine Abkürzungen» in die EU, sagte Ursula von der Leyen.

Auch ist die Stimmung unter EU-Bürgern nicht eindeutig: In baltischen Staaten ist man vermehrt dafür, die Ukraine aufzunehmen, in Österreich beispielsweise ist die Ablehnung hoch, auch, weil ein Beitritt der Ukraine die EU-Länder viel Geld kostet.

Andere Beitrittskandidaten, etwa Serbien, warten seit mehr als zehn Jahren auf die Mitgliedschaft; die Verhandlungen mit der Türkei liegen auf Eis. Es kann auch durchaus sein, dass die Ukraine nie Mitglied der EU wird. Für die Ukraine geht es dennoch ab Donnerstag inhaltlich weiter: Beim EU-Gipfel in Brüssel werden auf Ebene der Staats- und Regierungschefs sogenannte Sicherheitsgarantien für die Ukraine Thema sein.

Ungarn hatte den Prozess gebremst. Welche Rolle spielt Viktor Orban?

Budapest ist auch weiter gegen die Aufnahme der Ukraine, Regierungschef Viktor Orban erklärte aber unlängst in einem Interview: «Ungarn ist mit diesem Beitrittsprozess nicht einverstanden, aber wir blockieren ihn nicht und unterstützen den Start der Verhandlungen.» Hintergrund ist unter anderem, dass Ungarn die Rechte der ungarischen Minderheit im Land, insbesondere in der Grenzregion Transkarpatien, nicht gewahrt sieht. Allein zu diesem Thema hat Ungarn 12 Forderungen aufgestellt, die die Ukraine erfüllen soll.

Auch spielen Orbans eigene politische Interessen hinein: Der Ungar pflegt gute Beziehungen zu Wladimir Putin – und der Kremlchef ist gegen eine Aufnahme der Ukraine. Ende 2023 hatte Orban allerdings eingelenkt und sein Veto – das einzige im europäischen Bündnis – aufgehoben. Das war entscheidend, die meisten Schritte im Verfahren erfordern Einstimmigkeit der 27 EU-Mitglieder. Ungarn wird in der Frage aber auch künftig im Fokus stehen, das Land übernimmt am 1. Juli für sechs Monate die Ratspräsidentschaft der EU. Während dieser Zeit rechnen Diplomatinnen und Diplomaten damit, dass Orban wieder Gebrauch von seinem Veto macht, um die Gespräche zu verlangsamen.