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Streit um ukrainische Getreideexporte
Über Umwege raus aus der Kornkammer

Die Welt braucht Getreide aus der Ukraine: Weizenfeld in der Nähe von Ismail in der Region Odessa.
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Es war eine positive Nachricht, die Rumäniens Transportminister Sorin Grindeanu am 7. Juli verkündet hat. Einen Monat vor Plan habe Rumänien eine vor 22 Jahren stillgelegte Eisenbahnlinie in den Donauhafen Galati wieder flottgemacht. «Ab sofort können Frachtzüge, die aus der Ukraine über Moldau kommen, ihr Getreide direkt im Hafen von Galati entladen», sagte Grindeanu. Mit Transporten über Rumänien, aber auch über Polen versucht Europa, ukrainisches Getreide trotz der russischen Blockaden auf die Weltmärkte zu bringen.

Bis zum Krieg war die Ukraine der viertgrösste Getreideexporteur der Welt. Vor allem arme Länder in Afrika oder dem Nahen Osten warten auf Weizen oder Sonnenblumenöl aus der Ukraine. Ohne dieses und anderes Getreide auch aus Russland drohen gemäss der UNO Hungersnöte auf der ganzen Welt.

Die Wiederinbetriebnahme der kleinen Bahnstrecke in Rumänien ist nicht die einzige positive Entwicklung in der kriegsbedingten Getreidekrise. Seit die ukrainische Armee Ende Juni die Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurückerobert hat, fahren wieder Frachtschiffe in den ukrainischen Donauhäfen ein. Das dort geladene Getreide können die Schiffe über Rumäniens grössten Hafen Constanta oder über den Donau-Schwarzmeer-Kanal und den anschliessenden Rhein-Main-Donau-Kanal bis in die Nordsee transportieren.

22 Millionen Tonnen Getreide warten auf Export

Gemäss Behördenangaben in Kiew hat die Ukraine im Juni knapp eine Million Tonnen Getreide exportiert. In nächster Zeit werde die Ukraine in der Lage sein, ihre Getreideausfuhr monatlich um weitere bis zu 500’000 Tonnen zu steigern. Das aber wäre immer noch weit weniger als die 3,5 Millionen Tonnen, die die Ukraine vor Kriegsbeginn jeden Monat auf die Weltmärkte geliefert hatte – damals zu vier Fünfteln über die nun von Russland blockierten oder besetzten ukrainischen Häfen wie Odessa, Berdjansk oder Mariupol.

In den ukrainischen Silos lagern derzeit 22 Millionen Tonnen Getreide. Ab Ende Juli kommen noch einmal bis zu 50 Millionen Tonnen der neuen Ernte hinzu. Getreide, bei dem noch niemand weiss, wo es gelagert werden, geschweige denn wie es ausgeführt werden soll. Selbst wenn USA, wie versprochen, den Bau weiterer Getreidespeicher finanzieren, reicht dies nicht, um auch nur den Rückstau aufzulösen und die ohnehin unter explodierten Getreidepreisen leidende Welt wieder mit Weizen aus der Kornkammer Ukraine zu versorgen.

Theoretisch ist die Lösung einfach: Die Ukraine muss nur die Minen entfernen, die es selbst vor seiner Küste gelegt hat, um Russland eine Landung etwa in Odessa unmöglich zu machen. Und Russland muss nur die Blockade der ukrainischen Häfen aufheben und zivile Transportschiffe etwa in Odessa Getreide laden und weiter durch das Schwarze Meer fahren lassen.

Russland und Ukraine verhandeln in Istanbul

Zur Lösung des Streits um Getreideexporte aus der Ukraine fanden heute Nachmittag in Istanbul weitere Gespräche statt zwischen Vertretern von Russland, der Ukraine und der Türkei sowie der Vereinten Nationen. Der ukrainische Aussenminister Dmitro Kuleba gab sich gemässigt zuversichtlich. Die Gespräche über die sogenannten Getreidekorridore seien in ihrer letzten Phase, doch hänge nun alles von Russland ab. (Lesen Sie zum Thema auch die Analyse «Der Deal wird die Hungersnot kaum lindern».)

Die Ukraine zeigt sich bereit, ihre auf Seekarten dokumentierten Minen teils zu räumen und Getreideschiffe selbst mit ihren Schiffen über Korridore aus ukrainischen Gewässern in die internationalen Gewässer zu lotsen – dort könnten andere Besatzungen übernehmen und die Transportschiffe ihre Fahrt fortsetzen.

Moskau verlangt indes, die Getreideschiffe als einzige zu inspizieren – angeblich um sicherzugehen, dass Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, tatsächlich leer sind und nicht etwa Waffen schmuggeln. Als Kompromissvorschlag boten die Türkei und die Vereinten Nationen an, die Inspektionen zu übernehmen. Im Weiteren fordert Russland, eigenes Getreide und andere Produkte exportieren zu dürfen. Dafür aber müsste etwa die EU bestehende Sanktionen gegen Russland aufheben, wofür es bisher keinerlei Anzeichen gibt.