Tesla-Chef schliesst Deal Elon Musk kauft Twitter für 44 Milliarden Dollar
Der Kurznachrichtendienst hat den Widerstand gegen eine Übernahme durch den Tech-Milliardär aufgegeben. Musk zahlt einen guten Preis – und will Twitter von der Börse nehmen.
Twitter war Donald Trumps Lieblingswerkzeug zur Kommunikation. Wenn er eine Kurznachricht schrieb, konnte das weltpolitische Folgen haben. Aber auch wenn Elon Musk einen Tweet absetzt, bewegt das zumindest die Finanzmärkte.
Klar also, dass Twitter, die Plattform für Kurznachrichten, Videos und Live-Debatten, eine grössere als nur eine wirtschaftliche Bedeutung hat. Und klar auch, dass es viele Fragen gibt, wenn einer wie der Tesla-Chef Musk, der reichste Mensch der Welt, Twitter kaufen will.
Dies ist nun nach einem Wochenende mit langen Verhandlungsnächten tatsächlich Wirklichkeit geworden. Musk hatte dem Unternehmen mit Sitz in San Francisco ein neues Finanzierungsangebot vorgelegt - und das überzeugte den Twitter-Verwaltungsrat offenbar, die eigene Übernahme zu akzeptieren und den Aktionären die Transaktion zu empfehlen. Man sei bereit, die Offerte in Höhe von 54,20 Dollar je Aktie anzunehmen, teilte das Unternehmen am späten Montagabend mit. Danach soll Twitter von der Börse genommen werden.
Öffentlich hatte Musk, der auch das Raumfahrtunternehmen Space-X, den Bezahldienst Paypal und einige andere Firmen gegründet hat, zwar behauptet, die wirtschaftliche Seite von Twitter sei ihm nicht wichtig. Doch auch er musste die etwa 44 Milliarden Dollar (etwa 42,19 Milliarden Franken), die für die Übernahme des sozialen Netzwerks nötig waren, erst einmal auftreiben.
Sein gigantisches Vermögen von etwa 250 Milliarden Dollar besteht ja vor allem aus Tesla-Aktien. Wie amerikanische Medien berichten, habe es dazu in der vergangenen Woche hektische Aktivitäten gegeben, um das Geld von Banken zusammenzubekommen, offenbar mit Erfolg.
Musks Vision, wie er Twitter führen und profitabel machen will, sei bei den Geldinstituten gut angekommen, berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf vertrauliche Gespräche mit einigen der Banker. Musks Leute hätten Präsentationen gezeigt, mit einigen der grösseren potenziellen Geldgeber habe Musk auch per Videochat kommuniziert und dabei sehr begeisternd gewirkt.
Die Grossbank Morgan Stanley soll dabei eine führende Rolle nicht nur als erster Geldgeber gespielt haben, sondern auch dabei, andere Banken wie Société Générale, BNP Paribas und Barclays mit an Bord zu bekommen. Einigen aber ging die Sache etwas zu schnell.
Was ist mit der Redefreiheit?
Zudem erlaubt die Art der von Musk angestrebten Übernahme vorab keine Einsicht in die Bücher von Twitter. Mehr als die öffentlich verfügbaren Informationen und die von Musk vorgestellten Pläne hatten die Geldgeber also nicht, um zu entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht.
Der Twitter-Vorstand liess zunächst nur verlauten, man wolle die Sache ernsthaft prüfen, dann hiess es - allerdings noch inoffiziell - Twitter sei bereit, Musks Angebot zu akzeptieren. Schliesslich die Nachricht, das Twitter-Board habe den Aktionären empfohlen, Musks Angebot anzunehmen. Der Verwaltungsrats-Vorsitzende Bret Taylor sprach vom «besten Weg nach vorne».
Davor hatten die Manager bei Twitter den Deal noch abgelehnt und Gegenmassnahmen eingeleitet, die Musk den Kauf weiterer Aktien erschweren sollten. Sie erlaubten es anderen Aktionären, Twitter-Aktien günstiger zu kaufen, wenn der Anteil eines Aktionärs 15 Prozent übersteigt.
Elon Musk hatte in den vergangenen Monaten bereits neun Prozent der Twitter-Anteile eingesammelt. Nun aber wurde ganz offenbar auch der Druck der anderen Twitter-Aktionäre stärker, auf die Offerte einzugehen. Schliesslich liegt Musks Angebot deutlich über dem derzeitigen Aktienkurs von Twitter.
Die Übernahme von Twitter ist aber nicht nur wegen der finanziellen Details in der Diskussion. Es geht auch um die Bedeutung der Plattform als soziales Medium. Musk hatte angekündigt, er wolle sich für Redefreiheit einsetzen.
«Twitter besser machen als jemals zuvor»
Viele fragen sich allerdings, welche Freiheit er damit meint. Musk ist für seine ablehnende Haltung kritischen Journalisten gegenüber bekannt. Als das Tesla-Werk bei Berlin in Betrieb ging, bekamen etliche Medienleute, die sich davor kritisch geäussert hatten, keine Akkreditierung für die Feier. Auch kritische Anfragen an das Unternehmen werden oft nicht beantwortet oder die Fragesteller mit Phrasen abgespeist – so ähnlich wie man das auch von anderen US-Tech-Konzernen kennt.
Musk erklärte, er wolle Twitter «besser machen als jemals zuvor». Dazu wolle er neue Funktionen anbieten, die Algorithmen des Kurzbotschaftendienstes öffentlich machen, um «Vertrauen zu vergrössern», sogenannte Spam-Bots «besiegen» und «alle Menschen authentifizieren».
«Die freie Meinungsäusserung ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie», erklärte der Unternehmer weiter. «Und Twitter ist der digitale Ort, an dem Themen debattiert werden, die von grundlegender Bedeutung für die Zukunft der Menschheit sind.»
Ärger vor Gericht droht
Musk, der nach eigenem Bekunden am Asperger-Syndrom leidet, einer milden Form des Autismus, hat sich also mächtig ins Zeug gelegt, um das soziale Netzwerk übernehmen zu können.
Doch droht ihm just von einem früheren Tweet Ungemach. Vergangene Woche stellte ein Richter in San Francisco fest, dass eine der Kurznachrichten, in der Musk 2018 behauptet hatte, dass er seine Elektroauto-Firma Tesla von der Börse nehmen wolle, gelogen gewesen sei. Musk bestreitet das.
Der berühmt-berüchtigte Tweet mit dem Inhalt «funding secured» (Finanzierung gesichert) hatte damals die Tesla-Aktie stark ansteigen lassen - einige Anleger hatten deswegen viel Geld verloren.
Die Entscheidung des Richters aus San Francisco fiel in einem von mindestens zwölf hochkarätigen Verfahren rund um diese Tweets. Die Sache, die damals auch die Aufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) auf den Plan gerufen hatte, könnte ihm nun auf die Füsse fallen.
Musk und seine Anwälte gehen gegen die Entscheidung des Richters vor. «Nichts wird jemals die Wahrheit verändern, die da ist, dass Elon Musk erwogen hatte, Tesla von der Börse zu nehmen und das auch hätte tun können», sagte Musks Anwalt Alex Spiro zu Bloomberg.
Wie sehr ihm die Sache nun schaden wird, darüber gehen die Meinungen auch unter amerikanischen Rechtsexperten auseinander. Interessant ist jedenfalls, dass Musk eigentlich dazu verpflichtet war, jeden Tweet, der mit Tesla zu tun hat, vor der Veröffentlichung einem firmeninternen Mitarbeiter vorzulegen, dem sogenannten Twitter-Sitter.
Bei einem Verfahren rund um die Behauptungen Musks, das Investoren gegen ihn angestossen haben und das im kommenden Januar verhandelt werden soll, werden Verluste in Höhe von zwölf Milliarden Dollar eingeklagt.
Nicholas Porritt, der Anwalt der Gegenseite, jedenfalls sieht gute Chancen. Dass der zuständige Richter einen Angeklagten bereits vor Verhandlungsbeginn derart diskreditiere, komme sehr selten vor und vor allem nicht in einem solch grossen Fall.
(mit Material der AFP)
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