PKK soll Waffen niederlegenEine strategische Meisterleistung von Präsident Erdogan
Erstmals seit vier Jahrzehnten gibt es eine Chance auf Frieden zwischen Türken und Kurden. Ob das gelingt, hängt stark vom türkischen Staat ab.

Manchmal braucht es einen alten Kämpfer, damit die jungen das Kämpfen einstellen. Einen, auf dessen Wort sie hören. Für die Kurdinnen und Kurden ist Abdullah Öcalan so jemand, der PKK-Gründer, der für seinen Kampf gegen den türkischen Staat seit einem Vierteljahrhundert im Gefängnis sitzt.
Dass Öcalan lebte, während man ihn über Jahre nicht sah, nicht mal auf einem Foto, gab ihm den Status eines lebenden Märtyrers. Was am Donnerstag geschah, ist deswegen ein kleines politisches Wunder. Und eine strategische Meisterleistung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Öcalans Aufruf an die PKK, sie solle die Waffen niederlegen, ohne dafür von der Türkei eine Gegenleistung zu verlangen, ist im Prinzip die Position der türkischen Regierung. Er ist eher vage gehalten, mit vielen offenen Fragen: Was wird aus Öcalan und den vielen anderen kurdischen Gefangenen in türkischer Haft? Was aus den syrischen Kurden, die ihre Waffen nicht werden abgeben wollen? Öcalans Botschaft war also vor allem eine symbolische.
Er schaffte es sogar, sich bei Erdogan zu bedanken. Und bei Devlet Bahçeli, dem ultranationalistischen Koalitionspartner des Präsidenten, der früher dafür warb, Öcalan hinzurichten. In den vergangenen Monaten war er auf die Kurden zugegangen. Es dürfte nun das erste Mal sein, dass Kurden einer Rede applaudierten, die einen Dank an Devlet Bahçeli beinhaltete.
Türkei muss demokratisch werden
Darin liegt Erdogans Meisterleistung: Niemand kann diesen Schritt ablehnen, den der Präsident angestossen und choreografiert hat. Dass es zum ersten Mal nach vier Jahrzehnten eine Chance auf Frieden gibt. Auf eine Versöhnung zwischen Türken und Kurden.
Ob es Frieden gibt, nachhaltigen Frieden, hängt noch immer davon ab, wie sich der türkische Staat in Zukunft verhält. Selbst wenn die PKK ihre Waffen aushändigt. Die Frage wird sein, ob sich die wachsende kurdische Minderheit in der Türkei endlich gleichbehandelt fühlt. Das wird sich nicht ändern, bis die Türkei wirklich demokratisch wird.
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