Vergleich mit Bidens KlimaplänenVier Milliarden Tonnen mehr Emissionen bei Trump-Wahl
US-Präsident Joe Biden hat die Bekämpfung des Klimawandels zur Chefsache gemacht. Donald Trump könnte die Fortschritte in den USA und der Welt zunichtemachen.
Er wurde wie ein Klimaheld geadelt. Das Lob für den noch amtierenden US-Präsidenten Joe Biden war geradezu überschwänglich diese Woche an der New York Climate Week. «Wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels geht, wird Präsident Biden in die Geschichte eingehen», sagte etwa Michael R. Bloomberg, Sondergesandter des UNO-Generalsekretariats für Klimaambitionen und -lösungen und Gründer von Bloomberg Philanthropies am Bloomberg Global Business Forum. Biden habe den Grundstein für einen gerechten Übergang zu Amerikas sauberer Energiezukunft gelegt, sagte Al Gore, ehemaliger US-Vizepräsident und Gründer des Climate Reality Project.
Die New York Climate Week ist jedes Jahr ein Gradmesser dafür, welche Stimmung im Lager grüner Investoren und in der Politik herrscht. Sie wird jährlich in Partnerschaft mit der UNO-Generalversammlung durchgeführt. Mehr als 1000 einflussreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und von Umweltorganisationen trafen sich – und waren eigentlich in Aufbruchstimmung. US-Präsident Joe Biden gehört offensichtlich zu jenen Persönlichkeiten, die dafür mitverantwortlich sind.
So überrascht auch das Motto der Veranstaltung nicht: «Es ist Zeit» – gemünzt auf das erklärte Ziel der letzten Klimakonferenz in Dubai: die Kapazitäten der erneuerbaren Energie zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln. «Menschen und Unternehmen werden sich der Realität bewusst. Nutzen wir diese unbestreitbare Dynamik, um Veränderungen voranzutreiben», sagte Helen Clarkson, Chefin von Climate Group, einer internationalen gemeinnützigen Organisation, die jeweils für das Programm der Climate Week verantwortlich ist.
Sie nahm Bezug auf das Resultat der weltweit grössten Meinungsumfrage des UNO-Entwicklungsprogrammes UNDP und der Universität Oxford: Rund 80 Prozent der Menschen weltweit sind der Meinung, dass ihre Regierungen stärkere Massnahmen zum Klimaschutz ergreifen müssen.
Trump-Wahl bringt Fortschritte in Gefahr
Doch die Aufbruchstimmung wurde getrübt durch eine Frage, die, glaubt man den Medienberichten, wie ein Damoklesschwert über der Climate Week hing: Was passiert, wenn Donald Trump nach den Wahlen im November wieder an der Macht ist?
Der Republikaner hat angekündigt, alles zu unternehmen, um die Klimamassnahmen der Biden-Administration rückgängig zu machen. Dazu gehört namentlich das sogenannte Inflationsreduktionsgesetz aus dem Jahr 2022, das etwa 370 Milliarden US-Dollar für die Förderung der Energiesicherheit und die Bekämpfung des Klimawandels bereitstellt. Zudem sollen Steuergutschriften saubere Energie in den USA wettbewerbsfähiger machen. Das Gesetz ist eines der wichtigsten Instrumente der Biden-Regierung, um das Ziel im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu erreichen: die Emissionen bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005 um 50 bis 52 Prozent zu senken.
Was das bedeuten könnte, hat kürzlich der anerkannte britische Thinktank Carbon Brief aufgezeigt. Er geht davon aus, dass eine Wiederwahl Trumps bis 2030 zu zusätzlichen vier Milliarden Tonnen Treibhausgasemissionen in den USA führen würde im Vergleich zu den Klimaplänen von Joe Biden. «Das würde sämtliche in den letzten fünf Jahren weltweit erzielten Treibhausgaseinsparungen durch den Einsatz von Wind- und Solarenergie sowie anderen sauberen Technologien zunichtemachen», schreiben die Autoren Simon Evans und Verner Viisainen. Ihre Berechnungen beruhen auf Modellrechnungen verschiedener US-Forschungsgruppen. Unter Trump, so schätzen die Autoren, würden die Emissionen bis 2030 nur etwa um 28 Prozent unter das Niveau von 2005 sinken.
Die Autoren der Studie weisen zwar darauf hin, dass ihre Zahlen im Kontext verschiedener Entwicklungen Unsicherheiten aufweisen, weil diese nur bedingt vorhersehbar sind: das Wirtschaftswachstum, der Preis für Treibstoff, die Reaktion des Marktes auf Anreize und letztlich auch die Optionen, die Trump tatsächlich hat, um Bidens Politik rückgängig zu machen.
Unter Trump soll noch stärker nach Erdöl gebohrt werden
Andererseits darf man den Einfluss von Trump auch nicht unterschätzen. In der Analyse wird zum Beispiel sein an einer Wahlveranstaltung verkündetes Versprechen nicht berücksichtigt: «Drill, baby, drill», sagte er und meinte damit, dass unter seiner Führung in den USA noch stärker nach Erdöl und Erdgas gebohrt werden soll.
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Und das wäre verheerend, zumal die USA bei allen Anstrengungen durch die Biden-Politik immer noch weit entfernt vom Ziel sind, das sie anstreben wollen. Die USA sind der weltweit grösste Öl- und Gasproduzent. «Ihre Ausgaben für die Versorgung mit fossilen Brennstoffen – mehr als 200 Milliarden US-Dollar – machen rund 19 Prozent der weltweiten Gesamtausgaben aus», heisst es im diesjährigen Bericht «World Energy Investments» der internationalen Energieagentur IEA. In den USA seien 40 Prozent der neuen Flüssiggas-Exportkapazitäten angesiedelt, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf den Markt kommen sollten.
Auch die US-Behörde für Energieinformationen schreibt in einer Mitteilung im März: «Die Vereinigten Staaten haben in den letzten sechs Jahren in Folge mehr Rohöl produziert als jedes andere Land zu irgendeiner Zeit.»
Der zweite Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen
Trump ist auch ein Verfechter der Empfehlungen des «Project 2025», das auf einer breiten Koalition konservativer Organisationen beruht. Und diese würden die Förderung der fossilen Energie wieder stärken. So sollten zum Beispiel die Subventionen für Elektrofahrzeuge gestrichen und das Amt für Energieeffizienz und erneuerbare Energien geschlossen werden. Bei einer Kundgebung im Mai im Bundesstaat New Jersey versprach er, dass er im Falle seiner Wahl die Offshore-Windenergieprojekte «vom ersten Tag an» stoppen würde.
Eine Wiederwahl von Trump würde vermutlich auch ein weiteres Mal die internationalen Klimaanstrengungen bremsen. Die renommierte US-Tageszeitung «Politico» zitiert einen Sprecher der Trump-Wahlkampagne, der weiss, dass Donald Trump zum zweiten Mal aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen würde bei einer Wiederwahl.
Zur Erinnerung: Als Trump 2017 auf Barack Obama folgte, trat er sofort aus dem Pariser Abkommen aus und nahm der ehrgeizigen Klimapolitik von Obama die Luft raus. Zudem wollte er die Kohleindustrie stützen, was jedoch letztlich misslang. Als die amerikanische Bevölkerung schliesslich vier Jahre später Biden zum Präsidenten wählte, traten die USA wieder dem Pariser Klimavertrag bei und setzte sich zum Ziel, wieder eine Vorreiterrolle einzunehmen.
Doch letztlich bleibt die Weltmacht ein unsicherer Partner. Zu instabil ist die Klimapolitik der USA. Obwohl die Vereinigten Staaten nach China und der EU mit rund 315 Milliarden US-Dollar am drittmeisten in die erneuerbare Energie investiert.
500 Milliarden für Solarenergie
Nimmt man die neusten Zahlen, so ist das Motto «Es ist Zeit» der New York Climate Week durchaus richtig gewählt: Das fossile Zeitalter scheint allmählich zu Ende zu gehen. Die Investitionen in die Solarenergie werden voraussichtlich in diesem Jahr die Grenze von 500 Milliarden US-Dollar übersteigen, wie es im Bericht der Internationalen Energieagentur heisst.
Damit werde mehr investiert als für alle anderen Energiequellen zusammen. Im Jahr 2015 lag gemäss IEA das Verhältnis zwischen Investitionen in saubere Energie und Investitionen in fossile Brennstoffe bei etwa 2:1. Im Jahr 2024 dürfte dieses Verhältnis 10:1 betragen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist allerdings: Die Investitionen in die Erkundung und Förderung von Erdöl und Erdgas steigen weiter an, in diesem Jahr betragen sie voraussichtlich schätzungsweise 570 Milliarden US-Dollar. Am meisten Geld fliesst dabei im Nahen Osten und in Asien.
Optimistische Klimaforscher gehen davon aus, dass dennoch die Treibhausgasemissionen noch in diesem Jahr das Maximum erreichen. Um allerdings die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erfüllen, müssten die Treibhausgase nun in den nächsten Jahren massiv sinken. Angesichts der nach wie vor hohen Investitionen in fossile Energie ist das mehr als fraglich. Und die Wiederwahl von Trump würde die Situation weiter verschärfen.
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