Führung der FDP-FraktionTrotz Niederlage ist er nun der Favorit
Der Waadtländer Nationalrat Olivier Feller hat gute Chancen, Fraktionspräsident zu werden. Auch wenn Westschweizer Freisinnige den Neuenburger Damien Cottier auf den Chefposten hieven wollen.
Eine entspannte Sitzung um eine Flasche Chasselas war es nicht. Am Dienstag traf sich die «Groupe latin», die Gruppe mit FDP-Bundesparlamentariern aus dem Tessin und der Romandie, in Lausanne. Das Haupttraktandum: die Wahl eines Kandidaten für das Fraktionspräsidium im Bundeshaus. Die Bewerber: die Nationalräte Olivier Feller und Damien Cottier, aus der Waadt der eine, aus Neuenburg der andere.
Die Groupe latin war ziemlich genau in zwei Hälften gespalten. Damien Cottier bekam 9, Olivier Feller 7 Stimmen.
Die Strategie von Nationalrat Philippe Nantermod, Präsident der Groupe latin, ging damit nicht auf. Der Walliser hatte vor der Sitzung darauf eingeschworen, sich auf einen einzigen Bewerber zu einigen. Damit wollte Nantermod die Chancen erhöhen, dass sich in Bern ein Romand gegen einen Deutschschweizer durchsetzt und so zu einem parteistrategisch wichtigen Posten kommt.
«Zwei Kandidaten vorzuschlagen, ist eine elegante Art, Geschlossenheit zu demonstrieren.»
Sein Plan schlug fehl. Nantermod gibt sich trotzdem zufrieden: «Wir alle sind den Kandidaten freundschaftlich verbunden. Weil es am Ende sehr eng war, beschlossen wir, zwei Kandidaten vorzuschlagen. Das ist eine elegante Art, der Fraktion eine Auswahl zu bieten.»
Gefallen dürfte dem Walliser, dass sich Konkurrenz aus der Deutschschweiz gar nicht abzeichnet. Allerdings läuft die Bewerbungsfrist für das Fraktionspräsidium noch bis am 8. Februar, und gewählt wird erst am 18. Februar.
Interessenten haben sich nicht vorgewagt. Auch vonseiten der FDP-Frauen nicht, deren Präsidentin, die Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher, eine Kandidatur immerhin in Erwägung zog. Die St. Gallerin war für diese Zeitung nicht erreichbar.
Aus Vizes wurden immer Chefs
Obschon er in der Vorwahl Damien Cottier unterlegen ist, würde Olivier Feller beim aktuellen Kandidatenfeld mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Fraktionspräsidenten bestimmt. Das bestätigen mehrere Deutschschweizer FDP-Parlamentarier auf Anfrage. Für Feller spreche die Anciennität, heisst es. Er sei seit zehn Jahren im Bundeshaus, politisiere auf dem Median der Fraktion und könne von dieser Position aus die linken und rechten Ränder gut überschauen.
Eine weitere Trumpfkarte Fellers sei, dass er zwar die Romandie vertrete, aber als Sohn Deutschschweizer Eltern perfekt Schweizerdeutsch spreche. Zudem ist er heute bereits Vizepräsident der Fraktion, und die FDP hat in den letzten Jahren stets die Vizechefs auf den Chefposten befördert. So verfuhr die Fraktion mit Gabi Huber, Ignazio Cassis und dem abtretenden Präsidenten Beat Walti.
Eine Frau als «running mate»
Feller schlug in seinem Bewerbungsschreiben Daniela Schneeberger als Vizepräsidentin – und damit gemäss dieser Tradition künftige Präsidentin – vor. Das überzeugte FDP-Parlamentarier, weil sich die Baselbieter Treuhänderin und der Waadtländer Anwalt nicht nur aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Herkunft, sondern auch wegen ihrer Persönlichkeiten optimal ergänzen. Feller trete stets konziliant und geduldig auf und suche nach Kompromissen, wohingegen Kollegin Schneeberger direkt zur Sache komme, Widerspruch unverblümt äussere und Fraktionsdisziplin und Gruppensolidarität einfordere.
Dass Cottier gegenüber Feller im Nachteil ist, liegt vor allem daran, dass er erst seit 2019 im Nationalrat sitzt. Dasselbe trifft auf Vincenz-Stauffacher zu, wobei die St. Gallerin zuvor nur ein Jahr lang Kantonsrätin war. Sollte sie doch kandidieren, käme wohl ein weiterer Diskussionspunkt auf. Ihr werden Ambitionen für eine Ständeratskandidatur nachgesagt. Würde sie ins Stöckli gewählt, sässe da mit Thierry Burkart bereits der Parteipräsident. Die Konstellation, dass Partei- und Fraktionspräsident im selben Rat sitzen, gilt für die Führung der Fraktion als ungünstig.
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