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Trickbetrug im Netz
Französin glaubte, Brad Pitt habe sich in sie verliebt – und bezahlte viel Geld

Collage mit Szenen aus einem Krankenhaus: Ein Mann im Krankenbett, medizinische Geräte und Infusionen, ein Chirurg im OP.
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Wer jetzt lacht, hat kein Herz. Anne, so nennen sie die französischen Medien, 53 Jahre alt, Innendekorateurin, hat eineinhalb Jahre lang geglaubt, dass sie irgendwie amourös liiert sei mit Brad Pitt, dem amerikanischen Schauspieler. Ohne ihn je leibhaftig gesehen zu haben. Die Bilder, die er ihr über die sozialen Medien zusandte, waren ihr Beleg genug.

Und weil dieser Brad Pitt angeblich an Nierenkrebs litt und nach seinem Scheidungskrieg mit Angelina Jolie kein Geld mehr hatte für die teure Behandlung, übermittelte ihm Anne über die Zeit der vermeintlichen virtuellen Liebe insgesamt 830’000 Euro – obschon sie alle gewarnt hatten, auch ihre Tochter.

Anne ist das Opfer eines Trickbetrügers geworden. Seit Sonntag weiss das ganze Land davon. TF1, der grosse Privatsender, hat ihre Geschichte in seiner Sendung «Sept à huit» erzählt. Und seither wird Anne unter dem Hashtag #BradPitt für ihre Naivität mit viel Häme und Hohn überzogen, so sehr, dass TF1 den Beitrag inzwischen aus seiner Mediathek gelöscht hat, was nur selten vorkommt, um sie zu schützen. Aber dafür ist es wohl schon zu spät. Die Frau leidet an Depressionen, sie muss in einer Klinik behandelt werden. Und sie ist untröstlich, will aber, dass ihr Beispiel wenigstens anderen dient. Es sei ja auch alles nicht ganz so einfach, wie es jetzt dargestellt werde, sagte sie. Und erzählte den Medien die lange Version.

Kontakt zu «Brad Pitt» kam über Instagram

Anne war mit einem Millionär verheiratet, der sich nicht mehr für sie interessierte. Man habe zwar im selben Haus gelebt, aber aneinander vorbei. Vor eineinhalb Jahren entdeckte sie Instagram, ihre erste Erfahrung auf Social Media. Anne postete Fotos aus den Ferien. Dann wurde sie kontaktiert von einer Person, die sich als Mutter von Brad Pitt ausgab. Und die wollte in den Bildern, die sie auf ihrem Instagram-Konto sah, die ideale Frau für ihren Sohn erkannt haben. Sie, Anne! Was für ein Glück, schier unfassbar.

Bald war Anne mit «Brad Pitt» direkt in Kontakt, der ihr auch einen Heiratsantrag machte und von seiner Krankheit berichtete. Er sandte ihr Bilder, die er mit künstlicher Intelligenz bearbeitet hatte – recht rudimentär zwar, aber das reichte aus, um Anne zu täuschen. Es waren auch Fotos aus dem Spital dabei: Der Betrüger montierte den Kopf Brad Pitts auf Symbolbilder.

Ein Mann in einem Krankenhausbett mit einem Krankenhauskittel, umgeben von medizinischen Geräten.

Von der Scheidung von ihrem Mann besass Anne ein Kapital: 775’000 Euro. Die investierte sie nun ganz in das vermeintliche Schicksal Brad Pitts. Alle drei Tage fielen 600 Euro für die nötigen Dialysen an, dann eine astronomische Summe für eine Transplantation. Und sie zahlte. Alle Appelle zur Vernunft schlug Anne in den Wind. Endlich fühlte sie sich wieder geliebt. Der Betrüger schrieb ihr: «Anne, I love you.» Nur einmal hatte Anne kurz Zweifel, als nämlich die Medien berichteten, dass Brad Pitt eine neue Liebschaft habe. Alles Gossip, sagte sie sich, erfindet die gelbe Presse nicht ständig solche Geschichten? Bis sie endlich aufwachte aus diesem Märchen, das sich um sie herum gesponnen hatte. Wie ein Käfig.

Das Interview auf TF1 war ein Versuch, ihr Unglück zu teilen, damit andere gewarnt sind. Vor Enkeltrickbetrügern, die sich telefonisch meist bei Älteren melden und sich als Enkel in einer Notsituation ausgeben, und vor Love-Scamming warnen die Behörden auch in Frankreich. Die Betrüger haben mit KI jedoch immer mehr Möglichkeiten, auf perfide Weise ihre Opfer hereinzulegen. Sie spielen mit den Ängsten um Familienangehörige und dem Wunsch nach mehr Kontakt. Einige Opfer zeigen den Betrug nicht mal an, weil sie sich schämen, hereingefallen zu sein. Die Zeitung «Libération» vergleicht Anne deshalb mit einer Whistleblowerin, einer wertvollen Warnerin. Stattdessen wird sie ausgelacht.