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Nach Tod des Kremlkritikers
Nun klagt Nawalnys Mutter auf Herausgabe ihres Sohnes

«Sie haben mir nicht einmal gesagt, wo er ist»: Nawalnys Mutter fordert Putin dazu auf, den Leichnam ihres Sohnes freizugeben.
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Die Mutter von Alexei Nawalny will die russischen Behörden gerichtlich dazu zwingen, den Leichnam ihres Sohnes herauszugeben. Eine entsprechende Klage habe sie bereits eingereicht, meldete die russische Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch. Die Verhandlung zu dem Antrag sei für den 4. März angesetzt worden und solle hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Einen Tag zuvor wendete sich Nawalnys Mutter direkt an Wladimir Putin. In einem Video, das derzeit in den sozialen Medien kursiert, steht Nawalnaja vor der Strafkolonie Polarwolf. Dort soll Nawalny verstorben sein. «Sie haben mir den Leichnam nicht übergeben und mir nicht einmal gesagt, wo er ist.» Nawalnys Mutter appelliert an Putin, umgehend zu handeln. Alles hänge nur von ihm ab. Die 69-Jährige fordert die sofortige Herausgabe des Leichnams, damit sie ihn «auf menschenwürdige Weise» begraben könne.

Das Video war erst wenige Stunden online, als bekannt wurde, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB Nawalnys jüngeren Brüder Oleg zur Fahndung ausgeschrieben hat. Weshalb, bleibt vorerst unklar. Die staatlich kontrollierte Agentur Tass nannte keine konkrete Anschuldigung. Einige Beobachter vermuten, die Fahndung könnte eine indirekte Bestrafung sein – als Reaktion auf das Video von Nawalnys Mutter.

Putin selbst äusserte sich bislang nicht öffentlich zum Tod seines grössten Widersachers. Stattdessen schickte er den Kremlsprecher Dmitri Peskow vor, um zu verkünden, «man dürfe von Putin keine Reaktion auf den Tod des Oppositionspolitikers erwarten». Momentan laufe eine Untersuchung und «alle notwendigen Massnahmen» seien ergriffen worden.

«Putin hat meinen Mann getötet»

Zuvor gab Nawalnys Team bekannt, dass die Ermittlungsbehörden den Leichnam noch mindestens 14 Tage zurückhielten, um «chemische Untersuchungen» durchzuführen. Letztlich sind die russischen Behörden verpflichtet, die sterblichen Überreste an die Angehörigen zu übergeben. Doch sie können den Leichnam (abgesehen von Ausnahmefällen) bis zu 30 Tage unter Verschluss halten.

Die Witwe des umgekommenen Kremlgegners, Julia Nawalnaja, sagte am Montag in einem emotionalen Video: «Putin hat meinen Mann getötet.» Sie kündigte an, seinen Kampf fortführen zu wollen, und beschuldigte die russischen Behörden, Nawalnys Leiche bewusst zu verstecken. «Sie warten darauf, dass die Spuren des Nervengifts Nowitschok aus seinem Körper verschwinden.» Beweise legte sie dafür keine vor, doch sie kündigte an, in den kommenden Tagen weitere Details über den Tod ihres Ehemanns zu veröffentlichen.

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Von Journalisten darauf angesprochen, meinte Kremlsprecher Peskow, er «kenne diese Rede von Nawalnaja nicht». Aber falls es solche Worte gegeben habe, dann seien diese nichts als unbegründete Anschuldigungen. Peskow wollte sich jedoch «aus Rücksicht» auf die kürzlich verwitwete Nawalnaja nicht weiter dazu äussern.

Das liess sich Julia Nawalnaja jedoch nicht gefallen. «Mir ist völlig egal, wie der Pressesprecher des Mörders meine Worte kommentiert», schrieb sie auf der Onlineplattform X. Auch sie forderte die Rückgabe des Leichnams, damit sich die Angehörigen von ihrem Ehemann verabschieden können. Was dann geschah, hatte wohl niemand erwartet: Die Plattform X sperrte Nawalnajas Konto. Begründung: Es habe gegen die Richtlinien verstossen. Inzwischen ist das Konto wieder sichtbar.

Zwei Minuten – zwischen Tod und Meldung

Womöglich ordnet Putins Regime keine unabhängige Untersuchung an, um die Deutungshoheit über Nawalnys Tod nicht zu verlieren. Auch ein öffentliches Begräbnis, eine Art Märtyrer-Gedenkstätte, ist wohl nicht im Interesse des Kremls. In einem Monat stehen die Präsidentschaftswahlen an. Vermutlich deshalb macht Putins Entourage derzeit vor allem zwei Dinge: Sie schweigt oder dementiert. Das aber bietet Raum für Spekulationen, von denen seit Nawalnys Tod immer mehr kursieren.

Bisher scheint einzig klar zu sein, dass Nawalny tot ist. Die entsprechende Todesurkunde hat seine Mutter inzwischen erhalten. Darauf steht, Nawalny sei am Freitag um 14.17 Uhr gestorben. Was dabei überrascht: Nur zwei Minuten später, also um 14.19 Uhr, hatten die russischen Strafvollzugsbehörden bereits die Mitteilung über Nawalnys Tod publiziert.

Es dauerte kaum eine Stunde, und das russische Staatsmedium RT behauptete, zu wissen, woran Nawalny gestorben sei: an einem Blutgerinnsel. Dabei wiesen Experten in russischen Exilmedien darauf hin, dass so eine Diagnose ohne ärztliche Untersuchung nicht möglich sei. Später wurde Nawalnys Mutter mitgeteilt, ihr Sohn sei an einem «plötzlichen Todessyndrom» gestorben. Was das genau heissen soll, bleibt unklar.

Putin befördert einen Gefängnischef

Auch über den Verbleib des Leichnams gibt es keine gesicherten Informationen. Das Portal «Mediazona» wertete Aufnahmen von Überwachungskameras aus und meint, einen Konvoi identifiziert zu haben. Dieser habe Nawalnys Überreste möglicherweise nach Salechard gebracht, der Hauptstadt des Gebiets Jamal-Nenzen. Als Nawalnys Mutter dort auftauchte, wurde sie laut Angaben ihrer Anwälte jedoch abgewiesen.

Ob die Todesursache überhaupt je geklärt werden kann, wird von einigen Experten angezweifelt. Gesicherte Fakten gibt es wenige. Putin scheint jedoch mit den Entwicklungen zufrieden zu sein. Drei Tage nach Nawalnys Tod beförderte er den Leiter der Vollzugsbehörde in der Strafkolonie Polarwolf, wie das russische Portal «iStories» berichtete. Der nun aufgestiegene Mann soll dafür verantwortlich sein, dass Nawalny im Straflager drangsaliert wurde.