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Tipps für richtige Erholung
Masken, Tracker, Magnesium – was wirklich hilft für gesunden Schlaf

Light is uncomfortable. Tired man with a sleep mask falling asleep while hugging his pillow at night
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Herr Spielmanns, Fussballer Erling Haaland klebt sich den Mund zu und döst mit spezieller Augenmaske, Football-Ikone Tom Brady zog sich einen Infrarotpyjama an. Geht richtig guter Schlaf für Profisportler und auch Hobbyathleten nicht mehr ohne Schnickschnack?

Nein, das ist definitiv nicht so. Klar stehen oder standen die erwähnten Herren im Alltag gewaltig unter Druck, und somit versuchen sie alles, um sich vom Training oder von den Wettkämpfen gut zu erholen. Hinzu kommen die vielen Reisen und die auswärtigen Übernachtungen. Gleichzeitig ist den Profisportlern der Zusammenhang zwischen gutem Schlaf und optimaler Performance durchaus bewusst. Dennoch ist der Nutzen solcher Schlafgadgets wissenschaftlich nicht besonders gut erwiesen. Es gibt vor allem viel Blödsinn auf dem Markt.

Welche Hilfsmittel bringen denn wirklich etwas?

Wissenschaftlich gut belegt ist, dass die sogenannte Unterkieferprotrusionsschiene nützt, wenn jemand schnarcht oder sogar Atemaussetzer hat. Dabei wird der Unterkiefer mithilfe einer Art Zahnspange leicht nach vorne gezogen, somit fällt das Atmen leichter.

Gibt es weitere hilfreiche Gadgets?

Es gibt zudem Pyjamas oder Oberteile mit einem eingebauten Lagesensor, der Alarm schlägt oder vibriert, sobald man sich auf den Rücken dreht. Denn es ist erwiesen, dass Schlafen auf dem Bauch oder in Seitenlage gesünder ist, gerade für Schnarcher.

Und sonst?

Ansonsten gibt es meines Wissens keine weiteren Hilfsmittel, die für besseren Schlaf sorgen. Vielmehr würde ich etablierte Verfahren anwenden, die nachweislich unterstützen.

Der Experte: Marc Spielmanns ist Sportmediziner und Leiter des Zentrums für Schlafmedizin Zürcher Oberland.

Welche sind das?

Autogenes Training vor dem Schlafengehen hilft. Also das bewusste Atmen und gedankliche Ansteuern von Körperteilen. So wird die Durchblutung der jeweiligen Muskeln gefördert, das Stresslevel nimmt ab, und der Puls geht runter. Wir sind entspannter und schlafen besser ein. Auch andere Arten von Meditation können helfen. Ein weiteres sinnvolles Verfahren ist die progressive Muskelrelaxation, bei der Muskelpartien bewusst angespannt und entspannt werden. Sowie natürlich die gängigen Schlafhygiene-Tricks: Die Temperatur im Schlafzimmer auf 16 bis 19 Grad runterkühlen, den Raum abdunkeln, Umgebungsgeräusche minimieren.

Bezüglich Temperatur: Sind gerade für Sportler am Abend nach einem Training kalte Duschen oder Kühlelemente auf dem Körper sinnvoll?

Ich wäre da vorsichtig, weil örtliche oder zu starke Kühlung Stress für den Körper bedeuten kann. Dasselbe gilt für zu kaltes Duschen am Abend. Auch mit kühlenden Eukalyptuscremen wäre ich vorsichtig, da die Konzentrationen an gefährlichen Stoffen hoch sein kann, was im schlimmsten Fall zu örtlichen Vergiftungen führt.

«Gerade bei Jugendlichen sieht man beunruhigende Statistiken, dass sie aufgrund der ständigen Zeit am Handy schlechter schlafen als früher.»

Macht eine Augenmaske Sinn?

Sie macht dann Sinn, wenn es im Raum zu hell ist und dieser nicht weiter abgedunkelt werden kann. Ansonsten bringt sie keinen zusätzlichen Nutzen.

Stichwort Schlafhygiene: Ist Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen tatsächlich so negativ?

Ja, es ist gut belegt, dass Zeit vor dem Computer oder Handy am Abend die Einschlafdauer verlängert. Gerade bei Jugendlichen sieht man beunruhigende Statistiken, dass sie aufgrund dieser ständigen Zeit am Computer oder Handy schlechter schlafen als früher. Wer vor dem Zubettgehen nicht auf das Mobiltelefon verzichten kann, aktiviert den Blaulichtfilter in den Einstellungen, sodass das Schlafhormon Melatonin nicht unterdrückt wird. Besser jedoch ist es, am Abend ein Buch zu lesen, da Zeit am Bildschirm auch oft mit Medienkonsum und somit Stress verbunden ist.

Das Radteam Ineos nutzt bei mehrwöchigen Rundfahrten eigene spezielle Kissen in den Hotels. Was gibt es aus dem Bereich Bettbezüge und Matratzen, was nützt?

Eine allgemeingültige Empfehlung hier ist schwierig. Am Ende muss der Komfort stimmen, und diesen nimmt jeder anders wahr. Geheimmittel gibt es keine. Das Gleiche gilt für Bettauflagen und Matratzen.

Was sollte eine Breitensportlerin am Abend nach einem Training essen, um danach erholsam zu schlafen?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, vor allem im Hobbysportbereich, wo die meisten am Abend nach der Arbeit spät noch trainieren. Da sollte man in erster Linie wissen, dass intensiver Sport näher als drei Stunden vor dem Schlafengehen nicht förderlich ist. Ausserdem ist es wichtig, dass direkt nach dem Training die Flüssigkeits- und Kohlenhydratspeicher aufgefüllt werden. Und Alkohol wirkt zwar beruhigend, führt aber zu weniger tiefem Schlaf und begünstigt das Auftreten von Schnarchen. Darum rate ich davon ab – Sportlern sowieso.

Magnesium scheint für Sportler das neue Wundermittel für besseren Schlaf zu sein. Was sagt die Wissenschaft dazu?

Die Datenlage ist nicht überzeugend. Ein aktueller Bericht der dazu publizierten Literatur ist sehr zurückhaltend und verlangt weitere Untersuchungen. Tatsächlich aber nutzen wir hier im Zentrum für Schlafmedizin bei unseren Patienten teilweise auch Magnesium, allerdings nur bei jenen, die in der Nacht Krämpfe oder unruhige Beine haben. In diesem Fall sehen wir zuweilen einen positiven Effekt. Alle anderen, die Magnesium lediglich als Schlafhilfe einsetzen wollen, sollten beachten, dass hohe Dosen eine abführende Wirkung haben können. Aber es spricht nichts dagegen, damit zu experimentieren.

Gibt es sonstige Lebensmittel oder Supplemente für besseren Schlaf?

Es gibt meines Wissens kein Lebensmittel, das die Qualität direkt verbessert. Beim Abendessen oder dem Snack danach sollte allerdings auf blähende Nahrungsmittel verzichtet werden, dazu zählt beispielsweise auch Salat. Ich empfehle keine grossen Mahlzeiten zwei Stunden vor dem Schlafen. Die Darmdehnung durch die Mahlzeiten regt die Darmbeweglichkeit an und kann zu unruhigem Schlaf führen. Proteine sind natürlich zu empfehlen, gerade für Kraftsportler. Aber auch hier gilt: Eine direkt bessere Schlafqualität lässt sich damit nicht erreichen.

Können Apps im Bereich Meditation oder beruhigende Geräusche helfen?

Ja, es gibt teilweise wirklich gute Apps auf dem Markt, die beim autogenen Training oder der Beruhigung unterstützen. Regenrauschen kann helfen, der Klang von Wellen, Traumreisen oder Musik. Letztlich muss da jeder selber ausprobieren, womit er am besten entspannen kann.

«Bei empfindsamen Menschen kann der Blick auf die Uhr oder die App das Anspannungsniveau nach einer schlechten Nacht sogar noch steigern.»

Funktionieren Fitnesstracker oder Armbänder wirklich, wenn es darum geht, den Schlaf aufzuzeichnen und zu verbessern?

Die Genauigkeit der Schlafanalysen durch Fitnesstracker wird immer besser. Vor allem die Schlafdauer und -effizienz wird gut erfasst. Was die Unterscheidung der unterschiedlichen Schlafstadien betrifft, gibt es jedoch noch sehr grosse Ungenauigkeiten. Zur Diagnosestellung einer konkreten Schlafstörung sind sie nicht geeignet. Und man darf sich von den Trackern auch nicht verrückt machen lassen. Das subjektive Empfinden, ob man gut oder schlecht, ausreichend oder zu wenig geschlafen hat, ist viel wichtiger. Bei empfindsamen Menschen kann der Blick auf die Uhr oder die App das Anspannungsniveau nach einer schlechten Nacht sogar noch steigern und die Schlafproblematik verschlimmern. Das hilft niemandem.

Zusammenfassend gesagt: Spektakuläre neue Schlafhilfen gibt es also nicht. Nützlich sind die klassischen Massnahmen, die wir schon lange kennen.

Richtig. Wichtig zu sagen ist, dass jeder Mensch anders funktioniert. Gewisse geniessen am Abend eine Tasse Tee mit Honig und können so wunderbar einschlummern, andere trinken zehn Minuten vor dem Zubettgehen noch Kaffee, und es macht ihnen nichts aus. Wichtig ist sicher, dass der Schlaf selber nicht zum Stressfaktor wird. Wer nicht einschlafen kann oder in der Nacht wach liegt, der sollte aus dem Bett raus und einer ruhigen Tätigkeit nachgehen: kurz herumspazieren, ein paar Seiten lesen, meditieren. Im Bett rumwälzen löst das Problem nicht. Aversionen gegen den Schlaf sind das Schlimmste.