Kamala Harris’ Vize-KandidatTim Walz hat einen so engen Bezug zu China wie kaum ein anderer US-Politiker
Der Gouverneur von Minnesota unterrichtete in China und verbrachte dort seine Flitterwochen. Erste Republikaner stempeln ihn bereits zum Kommunistenfreund.
Seine Vita weist Kamalas Harris’ Vize-Kandidat Tim Walz als Mann mit unterschiedlichsten Lebenserfahrungen aus. Er war Lehrer, Nationalgardist, Football-Trainer und gilt als bodenständiger Midwestern Dad. Sein Horizont reicht aber weit über die Landesgrenzen hinaus. So unterrichtete Walz 1989 ein Jahr lang Englisch und amerikanische Geschichte in der chinesischen Provinz Guandong. Ein Fakt, der seine Wahl auch in chinesischen Medien und Onlinediensten zum Thema machte. Sein Entscheid, in China zu unterrichten, sei einer der besten in seinem Leben gewesen, sagte Walz einmal. Der Zeitung «Nebraska Star Herald» erzählte er nach seiner Rückkehr 1990, er sei in China ausserordentlich gut behandelt worden. «Es gab keine antiamerikanischen Gefühle.»
Dafür fiel ein historisches Ereignis in diese Zeit. Am 4. Juni 1989 schlug Chinas Führung die friedlichen Demokratie-Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking mit Panzern nieder. Das Massaker habe viele seiner amerikanischen Lehrerkollegen veranlasst, China zu verlassen, sagte Walz später. «Ich hatte das Gefühl, dass es wichtiger denn je war, dorthin zu gehen, um sicherzustellen, dass diese Geschichte erzählt wird, und um die Chinesen wissen zu lassen, dass wir bei ihnen sind.»
Als Walz fünf Jahre später seine Lehrerkollegin Gwen Whipple heiratete, suchte er sich dafür den 4. Juni aus. «Er wollte ein Datum haben, an das er sich immer erinnern wird», sagte seine Frau einer lokalen Zeitung. Ihre Flitterwochen verbrachten die Eheleute in China. Walz gab 2016 an, China bereits etwa dreissigmal besucht zu haben. Zwischenzeitlich führten er und seine Frau das Unternehmen, Educational Travel Adventures, das bis 2003 Sommerreisen nach China koordinierte. Angeblich soll der Vize-Kandidat der Demokraten noch immer etwas Mandarin sprechen.
«Es ging immer um die Menschenrechte»
Angesichts der eher chinafeindlichen Stimmung in der US-Politik erstaunt es nicht, dass Walz’ chinesische Bande in den USA schnell zum Thema wurden. Richard Grenell, unter Donald Trump US-Botschafter in Deutschland, behauptete auf X, das kommunistische China sei «sehr glücklich» über die Kandidatur. Keiner sei mehr pro China als «Marxist Walz». Trumps Vize-Kandidat J.D. Vance warf Walz vor, mit seiner progressiven Energie- und Klimapolitik dafür zu sorgen, dass mehr Fabrikjobs aus den USA nach China verlegt werden. Und ein Fox-News-Moderator forderte das FBI auf, Walz’ Kontakte nach China gründlich zu durchleuchten.
Der demokratische Vize-Kandidat brachte sich im US-Repräsentantenhaus allerdings immer wieder bei Gesetzesentwürfen ein, in denen die Menschenrechtslage in China kritisiert wurde. Er war Mitinitiant einer Resolution, die 2009 die Inhaftierung des später verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo verurteilte, traf sich mit dem Dalai Lama und kritisierte China im Ukraine-Krieg dafür, sich auf Russlands Seite zu stellen.
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Walz machte sich auch immer wieder für die Hongkonger Demokratie-Bewegung stark. Den meisten US-Politikern gehe es bloss um die Bedrohung, die China für Handel, Geopolitik und Sicherheit darstelle, sagt der in die USA emigrierte Hongkonger Aktivist Jeffrey Ngo der «Washington Post». «Bei Walz ging es immer um die Menschenrechte.»
Zhu Feng, Direktor des Instituts für Internationale Studien an der chinesischen Universität Nanjing, sagt, Walz habe eine «konstruktivere» Sichtweise auf China als andere amerikanische Politiker. Sein Einfluss auf die Position seiner Partei – und seines Landes – gegenüber China sei aber begrenzt. «Die Republikanische Partei hat Walz’ Verbindung zu China bereits genutzt, um ihn anzugreifen. Das könnte Walz zwingen, eine härtere Haltung gegenüber China einzunehmen», mutmasst Zhu.
Demokratie-Aktivist Ngo wiegelt ab. Walz habe die chinesische Regierung über Jahrzehnte immer wieder kritisiert. Als er 1990 von seinem China-Jahr in die USA zurückkehrte, sagte Walz einer lokalen Zeitung: Es gebe «keine Grenzen» für das, was die Chinesen erreichen könnten, «wenn sie die richtige Führung hätten».
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