US-Bundesstaat TexasHinrichtung von autistischem Mann ausgesetzt
Der 57-jährige Robert Roberson soll im Jahr 2002 seine Tochter zu Tode geschüttelt haben. Neue Beweise deuten aber auf eine andere Ursache. Er soll nun erneut aussagen.
Die Justiz im US-Bundesstaat Texas hat in letzter Minute die Hinrichtung eines autistischen Mannes ausgesetzt. Die Vollstreckung des Todesurteils gegen den 57-jährigen Robert Roberson werde aufgeschoben, damit er vor einem Parlamentsausschuss aussagen könne, entschied der Oberste Gerichtshof von Texas am Donnerstagabend.
Eine parteiübergreifende Gruppe von 86 texanischen Abgeordneten hatte unter Berufung auf «umfangreiche neue wissenschaftliche Beweise» auf eine Begnadigung Robersons gedrängt und ihn für Montag zu einer Anhörung vorgeladen. «Wenn das Urteil vollstreckt wird, kann der Zeuge offensichtlich nicht (zur Anhörung) erscheinen», erklärte Richter Evan Young zur Urteilsbegründung.
Roberson war im Zusammenhang mit dem Tod seiner zweijährigen Tochter im Jahr 2002 verurteilt worden. Seine Anwälte zweifeln die vom Krankenhaus festgestellte Todesursache eines Schütteltraumas an und führen den Tod des Kleinkindes stattdessen auf eine falsch behandelte Lungenentzündung zurück. Das Mädchen erhielt Medikamente, die heute als ungeeignet gelten.
Sie war zudem in der Nacht, bevor Roberson sie in den Notfall brachte, aus dem Bett gefallen. Die behandelnden Ärzte vermuteten das Schütteltrauma aufgrund ihrer Symptome und untersuchten die jüngste Krankengeschichte nicht.
Auch das Verhalten des Vaters in der Notaufnahme trug zur Verurteilung bei, es wurde vom medizinischen Personal und der Polizei als gefühllos angesehen und als Zeichen seiner Schuld angesehen. In Wirklichkeit war es womöglich ein Ausdruck einer Autismus-Spektrum-Störung, die bis 2018 nicht diagnostiziert wurde, argumentieren die Anwälte.
Der leitende Detektiv im Fall zeigt sich heute reuig. «Ich schäme mich, dass ich so sehr darauf konzentriert war, einen Täter zu finden und jemanden zu verurteilen, dass ich Robert nicht gesehen habe. Ich habe seine Stimme nicht gehört», erklärte der Mann bei einer Anhörung am Mittwoch. «Er ist unschuldig und wir hätten ihn fast getötet für eine Tat, die er nicht begangen hat.»
Mann in Alabama mit Giftspritze hingerichtet
Vollzogen wurde am Donnerstag hingegen die Hinrichtung von Ryan Dearman, der im Bundesstaat Alabama wegen der Ermordung mehrerer Menschen mit einer Axt verurteilt worden war. Der 36-Jährige, der die Morde gestanden hat, wurde mit einer Giftspritze hingerichtet.
Bisher wurde in diesem Jahr in den USA 20 Mal die Todesstrafe vollstreckt. 2023 waren es nach Angaben des Informationszentrums für Todesstrafen insgesamt 24 Hinrichtungen. Am höchsten war die Zahl im Jahr 1999 mit 98 Hinrichtungen. Die Todesstrafe wurde in 23 der 50 US-Bundesstaaten abgeschafft. In sechs weiteren Bundesstaaten sind Moratorien in Kraft.
AFP/anf
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