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TV-Kritik «Tatort»
Diese Folge krankt an akuter «Tatortitis»

Letzter Auftritt als «Tatort»-Ermittlungsteam: Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel).
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Hören wir da schon wieder aufwühlende Streicher – oder ist es einfach das E-Auto des Verdächtigen? Drama, Baby, grosses Drama: Im jüngsten «Tatort» aus Franken wird so viel davon aufgetischt, dass es manchmal grenzwertig wird mit dem Schwer- und dem Wankelmut.

Da ist die Handlung: Ein Suizid im Gefängnis eines zu Unrecht Verurteilten, die Spur zu einem früheren Verbrechen, ein bisschen Cold Case, ein bisschen Familienfehde und bald einmal ein unübersichtliches Potpourri an Tätern und Rächerinnen, an Zu-kurz-Gekommenen und In-der-Schuld-Stehenden. Der eigentliche Mord wird – welch reizvolle Idee! – erst spät, fast zur Filmmitte, verübt: Die Schwestern, die ihren Bruder durch den Freitod im Gefängnis verloren haben, stürzen den Mann vom Balkon, der an der Stelle ihres Bruders hätte verurteilt werden müssen. Ein Drehbuch mit akuter «Tatortitis»: zu viele Figuren, die zu wenig greifbar sind und die Wege beschreiten, die einmal zu oft um die Ecke biegen.

Da ist aber auch die Inszenierung: die erwähnten Streicher, viel Dramatik, lange Einstellungen, eine brutale Schiesserei. Schwere Kost, die immer wieder mit kuriosen Elementen gebrochen wird: mit liebevollen Neckereien zwischen den Ermittlern Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) oder mit einem verträumten Cover von Dylans «It’s All Over Now, Baby Blue» während besagter Schiesserei.

«Trotzdem» heisst der zehnte Fall des Franken-Duos Voss und Ringelhahn, er will viel, wohl eben zu viel: knallharter Krimi und eindringliches Melodrama sein, ein Schlaglicht auf die als Figur vom «Tatort» scheidende Ringelhahn werfen – und nicht zuletzt noch eine justizpolitische Debatte anstossen. Die Schwestern des zu Unrecht inhaftierten Lenni bemühten sich während Jahren um eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihren Bruder – entsprechend schlecht zu sprechen sind sie nach dessen Selbstmord auf die Polizei.

Helfer des Bösen mit verletzlicher Seite: Gerhard Liebmann spielt Hans Drescher.

«Der Wahnsinn, in den unsere Welt stürzt, ist mir zuwider», sagt dann einmal der Grossindustrielle Karl Dellmann (Fritz Karl), zu dem die heisseste Spur nach der Täterschaft aus dem wieder aufgerollten Cold Case führt. Natürlich, aus dem Mund des vermeintlichen Übeltäters wirkt so was ironisch gebrochen, dennoch ist es ein bisschen hochtrabend, den Weltenwahnsinn an einem Nürnberger Familiendrama festzumachen, und passt zu diesem «Tatort», der zu viel will.

Zu schlechter Letzt wird Voss, auch das ein wenig unglaubwürdig, vom Abgang seiner Ermittlungspartnerin auch noch komplett überrascht. Mitten in die Abschiedsrede platzt dann der Showdown, mit einem eindringlichen Gerhard Liebmann als verletzlichem Helfer des Bösewichts Dellmann.

Und dann tritt sie wirklich ab, Dagmar Manzel als Kommissarin Ringelhahn. Kollege Voss wird fürs Erste allein ermitteln – wer ihm dereinst zur Seite steht, ist Gegenstand von Ermittlungen.