Taktisch wählen am 22. OktoberWer eine Zürcher Frau im Ständerat will, sollte einen Mann wählen
Wer ein politisches Ziel verfolgt oder eine Lieblingskandidatur hat, muss beim Ausfüllen des Wahlzettels die richtige Taktik anwenden. Das ist knifflig. Eine Wahlhilfe.
Vier Männer und zwei Frauen haben Chancen, einen der beiden Zürcher Sitze im Ständerat zu ergattern.
Favorit ist Amtsinhaber Daniel Jositsch. Dem Sozialdemokraten gelang bereits zweimal die Wahl im ersten Wahlgang, er scheint also einen grossen Rückhalt im Kanton Zürich zu geniessen. Und gemäss der jüngsten Umfrage von Tamedia und «20 Minuten» hat sich daran nichts geändert. Doch auch Gregor Rutz (SVP), Regine Sauter (FDP), Daniel Leupi (Grüne), Tiana Moser (GLP) und Philipp Kutter (Die Mitte) haben Aussichten auf Erfolg. Abgeschlagen ist Nik Gugger (EVP).
Die Auswahl ist also gross. Die Wählerinnen und Wähler können unterschiedliche Ziele verfolgen. Am besten erreichen sie diese, wenn sie im ersten Wahlgang am 22. Oktober taktisch vorgehen. Wir präsentieren sechs Strategien.
Frau(en) in den Ständerat
Seit 2015 ist die Zürcher Vertretung rein männlich. Wer also findet, es brauche dringend eine oder gar zwei Frauen im Ständerat, könnte dazu verleitet sein, die beiden Kandidatinnen Sauter und Moser auf den Wahlzettel zu schreiben.
Aber Vorsicht: Wer das tut, könnte das Ziel sogar gefährden. Warum dieser scheinbare Widerspruch? Verzetteln sich die Stimmen und wird niemand im ersten Wahlgang gewählt, haben die beiden Männer Jositsch und Rutz die besten Karten, wenn im zweiten Wahlgang das relative Mehr gilt. Es könnte also die bessere Idee sein, Jositsch und eine der beiden Frauen zu wählen. Jositsch wird am ehesten zugetraut, am 22. Oktober das absolute Mehr zu erreichen und somit gewählt zu werden. Die Chancen für Sauter und Moser steigen, wenn Jositsch im zweiten Gang am 19. November nicht nochmals antreten muss.
Bürgerliche Mehrheit
Wer zurück zur früher viel beschworenen ungeteilten (bürgerlichen) Standesstimme will, steckt in einem taktischen Dilemma. Die offensichtliche Strategie wäre: Man wählt Rutz und Sauter. Kutter ist zwar auch eine Option, doch hat er die geringsten Chancen in einem zweiten Wahlgang. Aber auch hier besteht ein Risiko: Verteilen sich die Stimmen zu stark und muss Favorit Jositsch in die zweite Runde, hat der SP-Mann da sehr gute Chancen. Und dann wird nur eine bürgerliche Person gewählt. Höchstens. Denn wenn sich SVP und FDP nicht auf eine Kandidatur im zweiten Wahlgang zu einigen vermögen, könnte sich neben Jositsch plötzlich eine Mitte- oder gar linke Kandidatur durchsetzen, falls sich diese Parteien absprechen.
Wer Rutz pushen will, sollte nur ihn auf den Wahlzettel schreiben. Der SVP-Mann hat die besten Chancen auf einen Sitz, wenn es im November ein Alle-gegen-alle gibt. Wer wiederum Sauter bevorzugt, sollte sie aufschreiben und Rutz weglassen, damit die FDP in den Verhandlungen mit der SVP bessere Karten hat. Rein taktisch liegen Sauter-Fans nicht falsch, wenn sie neben dem Namen der Freisinnigen auch jenen von Jositsch notieren. Wie oben beschrieben, hat Sauter bessere Chancen, wenn die Wahl des SP-Manns vorzeitig gesichert ist.
Linke Mehrheit
Wer eine ungeteilte linke Standesstimme anpeilt, wählt Jositsch und Leupi. Jositsch nicht zu wählen, damit dieser eher in einen zweiten Wahlgang gehen muss, birgt ein zu grosses Risiko. Leupi hat eine bessere Chance, wenn er im zweiten Wahlgang allein gegen Rutz und/oder Sauter antritt (und sich Moser, Kutter und Gugger zurückziehen).
Pro Klimaschutz
Wem es vor allen anderen Belangen ums Klima, um Umweltschutz und Biodiversität geht, hat neben dem Grünen Leupi und dem Sozialdemokraten Jositsch auch die Grünliberale Moser zur Auswahl. Sie hat analog zu Leupi die besten Chancen, wenn Jositsch im ersten Wahlgang erfolgreich ist und sie im entscheidenden Gang allein gegen Rutz und Sauter antritt, sich also Leupi, Kutter und Gugger zurückziehen.
Politische Mitte stärken
Wem Polparteien suspekt sind, wählt Kandidierende aus der politischen Mitte wie Kutter, Moser oder Gugger. Und wer taktisch wählt, lässt Gugger weg, da dieser im zweiten Wahlgang chancenlos ist und voraussichtlich gar nicht antritt. In gewissen Konstellationen könnten Moser oder Kutter erfolgreich ins Ziel gelangen. Dass beide gewählt werden, ist aber praktisch unmöglich.
Nur Männer
Wer auf ein männliches Duo aus (und politisch schmerzfrei) ist, wählt Jositsch und Rutz. Sie haben die grösste Basis und damit die besten Chancen. In einem zweiten Wahlgang könnte es bei einer vorzeitigen Wahl Jositschs gut zu einem Mann-Frau-Duell kommen, und da sind die Chancen von Rutz höher als jene von Leupi oder Gugger.
Die Version Jositsch und Kutter auf dem Wahlzettel f¨ür den ersten Wahlgang wäre auch eine Möglichkeit. Die Überlegung: Jositsch wird gewählt, und Kutter tritt im zweiten Wahlgang gegen Rutz und/oder Sauter an, während Moser und Gugger verzichten.
Wer übrigens die Grenze des absoluten Mehrs erhöhen möchte, schreibt die Lieblingskandidatur auf plus zum Beispiel den eigenen Namen oder jenen der Nachbarin, sofern sie wahlberechtigt ist. Diese Taktik macht es allen etablierten Kandidierenden schwerer, auf Anhieb gewählt zu werden.
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