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Tabubruch im Iran
Konzert ohne Kopftuch – junge Sängerin trotzt den Mullahs

Jetzt droht ihr ein Verfahren wegen «Nichteinhaltung rechtlicher und religiöser Vorschriften»: Die iranische Sängerin Parastoo Ahmadi ohne Kopftuch.
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In Kürze:
  • Parastoo Ahmadi singt in Teheran ohne Kopftuch, was als Tabubruch gilt.
  • Das iranische Regime kündigt ein Strafverfahren gegen die Sängerin und ihre Band an.
  • Demnächst soll ein neues Gesetz in Kraft treten, das Frauen mit drakonischen Strafen droht, wenn sie ihr Kopftuch ablegen.

Es ist ein seltenes Video, das aus Teheran kommt. Die junge Sängerin Parastoo Ahmadi hat am Mittwochabend ein virtuelles Konzert in der iranischen Hauptstadt gegeben – ohne Kopftuch. Die Aufführung konnte auf ihrem Youtube-Kanal verfolgt werden.

Auf der Schrifttafel, die zu Beginn eingeblendet wurde, steht: «Es ist mein Recht, für das Land und die Menschen zu singen, die ich leidenschaftlich liebe.» Danach singt Parastoo Ahmadi, die eine Halskette in Form der iranischen Landkarte trägt, persische Pop-Balladen.

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Für ihren Auftritt an einem unbekannten Ort ohne Publikum werden Ahmadi und ihre vierköpfige Band in den sozialen Medien gefeiert. Unter dem Video finden sich mehr als 14’000 Kommentare. Von einem Tabubruch ist die Rede, von einer historischen Premiere und von grossem Mut.

Die Islamische Republik hat als Reaktion auf die Aufführung ein Verfahren gegen die Sängerin und ihre Band angekündigt aufgrund von «Nichteinhaltung rechtlicher und religiöser Vorschriften». Das schreibt «Mizan News», das offizielle Organ der iranischen Justiz, auf seiner Website. Dort heisst es, dieses Konzert sei «illegal» gewesen, da es «keine Genehmigung» hatte und den «kulturellen und rechtlichen Standards des Landes nicht entspricht».

Das Mullah-Regime ist geschwächt

Expertinnen und Experten sehen im Auftritt von Parastoo Ahmadi einen weiteren Riss im Fundament der Islamischen Republik. Denn die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Säulen des Mullah-Regimes. Nach dem Umsturz in Syrien ist auch die Islamische Republik Iran geschwächt, weil sie einen aussenpolitisch wichtigen Verbündeten verloren hat.

Aber auch innenpolitisch ist der Druck auf das Regime gestiegen. Immer wieder sind es junge Frauen, die die Mullahs herausfordern.

So sorgte Anfang November eine Studentin für weltweite Schlagzeilen, weil sie in Unterwäsche auf dem Gelände der Universität Azad in Teheran herumlief. Sie hatte ihre Kleidung aus Protest ausgezogen, nachdem sie von der Sittenpolizei kontrolliert worden war.

Eine Studentin hatte sich in Teheran bis auf die Unterwäsche ausgezogen – als Widerstand gegen die Kleiderordnung für Frauen.

Daraufhin kündigte das iranische Regime an, ein spezialisiertes Zentrum in Teheran zu eröffnen, in dem Frauen behandelt werden sollen, die das Kopftuch nicht tragen wollen. Dies berichtete das Exil-Nachrichtenportal «Iranwire» mit Verweis auf offizielle Angaben. Die Klinik soll von der «Zentrale für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters» beaufsichtigt werden.

Diese Behörde ist für die Durchsetzung strenger religiöser Normen zuständig und untersteht dem obersten Führer Ali Khamenei. Seine Botschaft ist klar: Der Widerstand der Frauen beruht nicht etwa auf einer bewussten, freiwilligen Entscheidung; er ist ein psychisches Problem, das es zu behandeln gilt.

Neues Kopftuchgesetz liegt auf Eis

Ausserdem steht derzeit ein neues Gesetz im Iran zur Debatte, das Frauen mit drakonischen Strafen wie Auspeitschung, Gefängnis oder sogar Hinrichtung droht, wenn sie sich dem Kopftuchzwang widersetzen.

Das neue Gesetz wurde ursprünglich als Reaktion auf die landesweiten Proteste gegen das Regime geschaffen. Der Aufstand unter dem Motto «Frau Leben Freiheit» ergriff das Land, nachdem die 22-jährige Jina Mahsa Amini von der Sittenpolizei zu Tode geprügelt worden war, weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen hatte.

Der Menschenrechtsrat der UNO mandatierte daraufhin in einer Sondersitzung eine Fact-Finding-Mission zum Iran. Diese stellte ihren 300-seitigen Bericht im letzten März vor und kam zum Schluss, dass bei der brutalen Unterdrückung der Proteste im Iran «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» verübt worden seien. Als Beispiele nannte die Kommission aussergerichtliche Tötungen, Folter, Vergewaltigung, Verschwindenlassen und geschlechtsspezifische Verfolgung.

«Die Frauen im Iran bleiben trotzig»

Wie die Nachrichtenagentur SDA diese Woche berichtet, hätte das neue Kopftuchgesetz diesen Freitag durch den iranischen Parlamentspräsidenten eingeführt werden sollen. Doch nach scharfer Kritik liegt die Strafreform offenbar wieder auf Eis. Im Sicherheitsrat sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Verabschiedung des Kopftuchgesetzes um einige Monate verschoben werden müsse.

Jedenfalls versucht das Regime im Iran mit diesem Kopftuchgesetz, die aufständischen Frauen im Zaum zu halten. Doch das gelinge ihm immer weniger, so der Tenor in den sozialen Medien. Dort heisst es zum Beispiel: «Parastoo Ahmadi verkörpert die Protestbewegung ‹Frau Leben Freiheit›.» Und in einem anderen Beitrag steht: «Das Regime will seine drakonischen Gesetze zum Kopftuchzwang verschärfen. Aber die Frauen im Iran bleiben trotzig.»