Beschwerde beim RegulatorWegweisender Entscheid? Swisscom erleidet Niederlage gegen Winterthurer KMU
Beim Datenverkehr darf die Swisscom der Konkurrenz keine Gebühren für den Zugang zu ihrem Netz verrechnen. Für das KMU Init7 ist das Urteil eine europäische Premiere.
- Beim Entscheid geht es um den kostenlosen Austausch von Daten im Internet.
- Die Winterthurer Firma Init7 hat das Verfahren angestossen und sieht den Entscheid als wegweisend.
- Die Swisscom prüft, gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einzulegen.
Der Winterthurer Netzbetreiber Init7 des Unternehmers Fredy Künzler hat einen Erfolg gegen den Schweizer Marktführer Swisscom erzielt. Die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) als Regulatorin kommt in einer aktuellen Verfügung zum Schluss: Die Swisscom darf anderen Internetanbietern den Zugang zu ihrem Netz nur so verrechnen, dass am Ende für beide Parteien bei den Kosten ein Nullsummenspiel herausschaut.
Konkret geht es um das sogenannte Interconnect Peering. Um im Internet den Datenverkehr zwischen einzelnen Anbietern sicherzustellen, verbinden die Betreiber ihre Netzwerke direkt miteinander. Dabei sind die anfallenden Kosten so zu berechnen, dass sie gedeckt sind. Die Rede ist hier vom kostenorientierten Prinzip.
Da für Init7 und Swisscom aber für die gegenseitige Nutzung der Netze in etwa gleich hohe Ausgaben anfallen, muss laut Verfügung der ComCom jeder Anbieter seine Kosten selber tragen. Beide Betreiber haben deshalb darauf zu verzichten, dem anderen Gebühren für die Mitbenutzung der Infrastruktur zu verrechnen.
In der Branche spricht man in einem solchen Fall von einem Zero-Settlement-Peering.
Init7 zeigte sich am Montag in einer Medienmitteilung zufrieden: Mit dem vorliegenden Entscheid verfüge «erstmals ein europäischer Telecom-Regulator über Internet-Peering». Der Entscheid werde «im In- und Ausland Wellen schlagen».
Die Frage der Marktmacht
Der Entscheid der Regulatorin hat eine lange Vorgeschichte: Im Frühling 2013 hatte Init7 bei der ComCom ein Gesuch für ein kostenneutrales Peering gestellt. Das Unternehmen wollte so verhindern, dass die Swisscom ihre Marktmacht missbraucht, indem sie Entgelte für den Zugang zu ihrem Netz verlangt.
Der staatsnahe Betrieb weist diesen Vorwurf zurück: Die Swisscom sei beim Interconnect Peering nicht marktbeherrschend, sagte ein Firmensprecher. Zudem missachte der verfügte Preis von 0 Franken «das Prinzip der Kostenorientierung».
Das Verfahren umfasste zwei Marktuntersuchungen des Bundesamts für Kommunikation, mehrere Gutachten der Wettbewerbskommission, eine Stellungnahme des Preisüberwachers sowie je ein Parteigutachten von Init7 und Swisscom.
2018 hatte die ComCom noch gegen Init7 entschieden. Doch das Bundesverwaltungsgericht hob die damalige Verfügung im April 2020 auf und schickte den Fall zur Neubeurteilung an die Regulatorin zurück, die am 19. Dezember 2024 ihre Verfügung veröffentlicht hat.
Init7 hält die Swisscom auf Trab
Es ist nicht das erste Mal, dass Init7 die Konkurrentin Swisscom auf Trab hält. Das Unternehmen hat bereits den Glasfaser-Streit ins Rollen gebracht.
Die aktuelle Verfügung der ComCom ist noch nicht rechtskräftig. Die Swisscom hat die Möglichkeit, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Sie prüfe einen solchen Schritt, sagte der Swisscom-Sprecher weiter.
Init7 schätzt die Chancen auf ein Urteil im Sinne der Swisscom jedoch als «sehr gering» ein, da das Gericht bereits im April 2020 zugunsten von Init7 entschieden habe.
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