Entscheid zur AtomkraftSVP will neue AKW beschleunigt bauen
Der Bau neuer Atomkraftwerke soll einfacher werden – sofern sie auf dem Gelände bereits bestehender geplant werden.
Zumindest in diesem Punkt herrscht Konsens: Das Parlament will die erneuerbaren Energien rasch und stark ausbauen. Nächste Woche wird der Nationalrat bei der Beratung des sogenannten Mantelerlasses, der wichtigsten energiepolitischen Vorlage der letzten Jahre, aller Voraussicht nach ambitionierte Ziele festsetzen – wie zuvor schon der Ständerat.
Hier will die SVP einhaken. Zeigt sich in den kommenden Jahren, dass der Ausbau der Solar- und Windenergie sowie Wasserkraft nicht wie geplant vorwärtskommt, soll der Bau neuer Kernkraftwerke «vereinfacht möglich» werden. Dieser SVP-Antrag steht in der 140-seitigen Gesetzesfahne zum Mantelerlass. Was die SVP mit «vereinfacht» genau meint, lässt Nationalrat Christian Imark offen. Das müsse im weiteren Verlauf der Gesetzgebung geklärt werden, sagt der SVP-Energiepolitiker. Denkbar wäre aber etwa, dass Bewilligungsverfahren gebündelt und gestrafft würden.
Auch bei Mühleberg möglich
Einzige Bedingung: Der neue Atommeiler müsste an einem bereits bestehenden Standort gebaut werden, also auf dem Gelände von Beznau, Gösgen oder Leibstadt. Denkbar wäre laut Imark auch ein Neubau auf dem Areal des stillgelegten Kernkraftwerks Mühleberg, da dort die Stromleitungen bereits vorhanden seien. Imark rechnet damit, dass die lokale Bevölkerung einen solchen Neubau eher goutieren würde, da sie bereits Erfahrungen mit Atommeilern gemacht habe, auch in Form von Steuereinnahmen, von denen die Standortgemeinden profitieren würden.
«Es ist wichtig, dass wir die Diskussion über neue Kernkraftwerke führen.»
Um aber den Bau überhaupt beschleunigen zu können, muss es der SVP zuerst gelingen, das Neubauverbot für Kernkraftwerke zu kippen – ein Ziel, das auch die Volksinitiative «Blackout stoppen» verfolgt; Imark ist Teil des Initiativkomitees. Zur Abschaffung des Neubauverbots wird sie nächste Woche ebenfalls einen Antrag stellen. Drei Varianten präsentiert sie. Alle zielen sie darauf ab, Meiler der aktuellen, sogenannt dritten Generation zu ermöglichen. Sie gelten als sicherer als ihre Vorgänger, zu denen alle Schweizer Kernkraftwerke zählen.
Die SVP will zudem das vorzeitige Abschalten einer Atomanlage aus wirtschaftlichen Gründen verhindern. Der Bund soll die Betreiber deshalb finanziell unterstützen können. Zudem sollen laufende Kernkraftwerke – ihr sicherer Betrieb vorausgesetzt – nur dann vom Netz, wenn «die entsprechende Ersatz-Stromproduktion zu jeder Saisonalität und Tageszeit vollständig durch inländisch produzierten Strom gewährleistet ist».
Angst, Vorlage zu überladen
Die Anträge der SVP dürften kaum eine Mehrheit finden, allein schon aus taktischen Gründen. Gespräche mit führenden Parlamentariern zeigen nämlich: Die Mehrheit will den Mantelerlass keinesfalls gefährden und auch so ausgestalten, dass er eine Referendumsabstimmung überstehen kann. «Die extrem kontroverse Kernkraftdiskussion in diese Vorlage zu packen, würde bedeuten, den Mantelerlass im Parlament zu versenken», sagt Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini.
Von links-grüner Seite, die selber wieder auf fixe Abschaltdaten drängt, kommen grundsätzliche Bedenken. Nationalrat Bastien Girod sagt zwar, dass ein neues Atomkraftwerk «weniger unsicher» sei als «der angedachte ewige Weiterbetrieb unserer Uralt-AKW». Ökonomisch sei es aber günstiger, auf Stromeffizienz und erneuerbare Energien, insbesondere Solaranlagen auf Gebäuden und Infrastruktur, zu setzen.
Die SVP dürfte im Parlament also scheitern. Imark hält es «trotzdem für wichtig, dass wir diese Diskussion führen». Noch immer sei die Kernenergie für die Mehrheit der Politiker «Teufelszeug». Stattdessen biete das Parlament Hand, fossile Ersatzkraftwerke zu bauen und somit – anders als mit Kernkraft – den CO₂-Ausstoss zu erhöhen. Und es plane überdies mit Solarkraftwerken in den Alpen, mehr Staumauern und Windrädern starke Eingriffe in die Natur – Eingriffe, die mit neuen Kernkraftwerken nicht nötig würden.
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