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Zur Lage des Schweizer Fussballs
Wie gut diese Super League bloss ist!

epa11567906 YB's players celebrate their victory in the locker room after the UEFA Champions League play-off second leg soccer match between Galatasaray Istanbul and BSC Young Boys, in Istanbul, Turkey, 27 August 2024. EPA/THOMAS HODEL
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Im Kopf ist noch immer diese eine Satz von Christoph Spycher, dem Denker und Lenker in Bern. «Wir sind getroffen», gab er sichtlich betrübt zu Protokoll, als die Young Boys mit dem 0:4 in St. Gallen die dritte Niederlage innerhalb einer Woche kassiert hatten. Analysen wurden verfertigt, was bei ihnen alles falsch lief. Im Zentrum der Kritik stand ihre ganze Personalpolitik.

Einen Monat ist das erst her, und es macht den Eindruck, als sei das alles aus einer anderen Zeitrechnung. Zwei Spiele haben genügt, um den Stimmungswandel herbeizuführen.

Ja, nur zweimal neunzig Minuten (und etwas Nachspielzeit), aber was für Minuten und was für Auftritte der Berner ausgerechnet im Playoff der Champions League gegen Galatasaray Istanbul. Zuerst erwachen sie daheim mit einem 3:2 aus der Krise und legen diesen Dienstag in Istanbul mit einem 1:0 nach. Und weil sie sich als Tabellenletzter der Super League den Einzug in die Champions League sichern, liesse sich mit einem Augenzwinkern eines festhalten: Wie gut diese Schweizer Liga bloss ist!

Ein No-look-Penalty als «Hammermoment!»

Die Young Boys haben sich in diesem Playoff auf eine Art durchgesetzt, die Respekt und Lob verdient. Plötzlich finden sie auf einmal die Motivation für ihren Beruf und die richtige Einstellung und spielen um Klassen besser. Im Tor tritt Marvin Keller so auf, als wäre er nicht erst 22, sondern ein alter Hase. Bei ihm ist undenkbar, dass er je die Beherrschung verlieren und einen Mitspieler am Kragen packen könnte wie David von Ballmoos. Auch dank Keller zieht YB zum achten Mal innert neun Jahren in eine Gruppenphase ein, zum vierten Mal in der Champions League.

Zwei Tage nach YB legt der FC St. Gallen nach, auch in der Türkei, 1000 Kilometer östlich in Trabzon. Er gewinnt auch seine dritte K.-o.-Runde, diesmal im Elfmeterschiessen. Für die Entscheidung sorgt Stephan Ambrosius, indem er bei seinem Schuss den Kopf zur Seite dreht und weder auf den Ball noch aufs Tor schaut. No look, heisst das. Von einem «Hammermoment!» schwärmt Präsident Matthias Hüppi. 

Nur das «St. Galler Tagblatt» verliert leicht den Überblick, wer sich nun wirklich für die Conference League qualifiziert hat. «Wir sind Europacup», titelt es, als wäre es gleich selbst Teil des Clubs. Am nächsten Tag verabschiedet sich Isaac Schmidt für 2,8 Millionen Franken nach Leeds, nicht vom Tagblatt, sondern vom FC.

Servette gibt mit dem 2:1 und einer phasenweise furiosen Darbietung gegen die faszinierend wahllos zusammengewürfelte Milliardenauswahl von Chelsea wenigstens eine Ehrenmeldung ab. Und das trotz eines Rasens, der so miserabel ist, dass sich die Schweizer Nationalmannschaft schon fast schämen muss, wenn sie hier in einer Woche in der Nations League Europameister Spanien empfängt.

Und da ist noch Degen, der nicht aus seiner Haut kann

YB also in der Champions League (und möglicherweise um rund 40 Millionen Franken reicher), St. Gallen und Lugano in der Conference League. Das lässt sich als Bilanz sehen und sorgt ein Stück weit für die Verlängerung der Hochgefühle, für die das Nationalteam an der EM gesorgt hat.

Das lässt aber nicht vergessen, dass es auch noch den FC Zürich gibt, der in Person von Ricardo Moniz zwar gross redet, aber nichts hält und gegen Guimaraes in der Qualifikation zur Conference League von A bis Z chancenlos ist. Und der FC Lugano ist trotz der Millionen aus Chicago weit weg davon, in die Champions League zu kommen. Bei Besiktas erlebt er schliesslich sein Debakel mit drei Gegentoren in sechs Minuten und muss nach dem 1:5 mit dem kleinsten Wettbewerb zufrieden sein.

Am Wochenende ist der Alltag zurück. Und es wird lustig bleiben. Die Young Boys stürzen sich gleich beim ersten Auftritt nach Istanbul wieder in ihr lausig sitzendes Liga-Tenü und blamieren sich beim 1:1 gegen Lausanne. Zudem ist da ja noch der FC Basel, bei dem auch diesmal nichts von Ruhe auf dem Transfermarkt zu bemerken ist. Acht Spieler sind neu, vor allem Xherdan Shaqiri, und doppelt so viel weg. David Degen kann doch nicht aus seiner Haut. Gut so für die Unterhaltung.