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Finanzprodukte mit höherer Rendite
Strukturierte Produkte: Hochrisiko oder sinnvolle Ergänzung?

Bei strukturierten Produkten müssen Anleger die Marktentwicklung häufig eng verfolgen.
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«Manchmal verstehen nicht einmal Bankberater die strukturierten Produkte, die sie ihren Kundinnen und Kunden verkaufen», sagt der unabhängige Vermögensberater Pirmin Hotz. Er ist nicht der einzige Vermögensberater, der vor strukturierten Produkten – kurz Strukis – warnt. Denn zu den Grundregeln der Geldanlage zählt: Nur kaufen, was man versteht. Strukis sind kompliziert. Zudem enthalten sie oft Produkte mit hohen Gebühren, die nicht günstiger werden, nur weil sie zu einem strukturierten Produkt zusammengeschnürt werden. Und schliesslich sind sie riskant: Anleger können zwar innert kurzer Zeit viel Geld gewinnen, aber auch alles verlieren.

Trotzdem kaufen vermehrt Privatanleger solche Finanzprodukte, weil das Geld auf dem Konto keine Zinsen mehr abwirft. Laut Branchenkennern haben die Corona-Pandemie sowie die Digitalisierung generell den Handel mit Wertpapieren – darunter auch Strukis – beflügelt. Die Digitalisierung erleichtert den Zugang zum Beispiel über die App am Smartphone. Und während der Pandemie fanden die Leute mehr Zeit, sich um ihre Finanzen zu kümmern. André Buck, Verkaufschef bei der Schweizer Börse SIX, verweist auf die im vergangenen Jahr knapp 900’000 Handelsabschlüsse mit einem Volumen von total 22,5 Milliarden Franken. Die Zahl der Transaktionen mit kleineren Beträgen im Umfang von einigen Tausend Franken habe dabei stark zugenommen.

Die Vorteile

Als Vorteil bei strukturierten Produkten sieht Buck die Möglichkeit, mit einer Transaktion eine ganze Branche oder eine aktuelle Entwicklung abzudecken. Jürg Schwab, Handelschef bei Swissquote – dazu gehört mit Swiss Dots die wichtigste Schweizer Handelsplattform für strukturierte Produkte – unterstreicht die höheren Renditen bei breiter Diversifikation und klar eingrenzbarem Verlustrisiko. Zudem habe es der Anleger selber in der Hand, die Basiswerte – also beispielsweise die Aktien, auf denen Strukis basieren – selber auszuwählen. Anlagefonds seien in dieser Hinsicht oft weniger übersichtlich, erläutert Schwab. Er verweist ebenfalls auf eine starke Zunahme des Kundeninteresses: Die Handelsplattform Swissquote erhielt allein im Corona-Jahr über 50’000 Kontoeröffnungen.

«Wenn Kunden ein Risiko bewusst eingehen, reklamieren sie nicht.»

André Buck, Verkaufschef SIX

Auch André Buck von der SIX sagt, dass Anleger Finanzprodukte entweder genau verstehen oder sonst die Finger davon lassen sollten. Er ist aber zuversichtlich, dass die Kundschaft weiss, was sie kauft. Denn beim Markteinbruch im vergangenen März sei es zwar zu erheblichen Verlusten, aber zu keiner einzigen Reklamation gekommen. «Wenn Kunden ein Risiko bewusst eingehen, reklamieren sie nicht», sagt er.

Der Branchenverband Swiss Structured Products Association (SSPA) hat auf seiner Internet-Seite nebst vertiefenden Informationen auch einen «Produktfinder» aufgeschaltet. Dieser hilft, unter einer grossen Zahl von Strukis nach individuellen Kriterien ein passendes Produkt auszuwählen. Auf den Handelsplattformen Swiss Dots und SIX sind in der Schweiz rund 130’000 strukturierte Produkte handelbar.

Der SSPA hat zudem fünf verschiedene Kategorien von Strukis definiert. Die nachfolgende kurze Beurteilung dieser Kategorien erlaubt, die strukturierten Produkte etwas differenzierter zu betrachten.

Kapitalschutz

Vor einem Kaufentscheid stellt sich stets die Frage, wie viel Risiko ein Anleger eingehen will und von welcher Marktentwicklung er ausgeht. Wie die Bezeichnung andeutet, können Anleger bei Kapitalschutzprodukten das investierte Kapital absichern. Sie können selber bestimmen, wie hoch die Absicherung sein soll. In der Regel erhalten sie garantiert zwischen 90 und 100 Prozent zurück. Je höher die Absicherung, desto geringer sind die Rendite-Chancen.

Kapitalschutzprodukte kaufen vor allem Anleger, die von volatilen Märkten mit starken Kursschwankungen ausgehen und eher risikoscheu sind.

Renditeoptimierung

Bei Renditeoptimierungsprodukten werden nach einer bestimmten Laufzeit sogenannte Coupons im Umfang von mehreren Prozenten ausbezahlt. Beliebt sind die Barrier Reverse Convertibles, bei denen der Coupon unabhängig vom Kursverlauf an den Kunden geht. Er erhält das eingesetzte Kapital aber nur zurück, wenn der Marktwert des Zertifikats innerhalb der Laufzeit eine bestimmte Grenze (Barrier) nicht unterschreitet. Fällt das Zertifikat bei einer Marktkorrektur darunter, erhält der Anleger anstelle seines Kapitals nur noch die Aktien der hinterlegten Basiswerte zurück, die am meisten Kursverluste hinnehmen mussten.

Diese Finanzprodukte kaufen Anlegerinnen und Anleger, die von einigermassen stabilen Märkten ausgehen (Seitwärtsbewegung) und bereit sind, ein gewisses Risiko einzugehen.

Wenn die Kurse steigen, sind bei Partizipationsprodukten, wie zum Beispiel einem Outperformance-Zertifikat, überproportionale Gewinne möglich. Bei sinkenden Kursen müssen Anleger zwar auch hohe Verluste hinnehmen, doch diese fallen nicht überproportional, sondern linear aus. Käufer von Partizipationszertifikaten wetten auf steigende oder fallende Kurse und gehen ein erhebliches Risiko ein.

Bei Hebelprodukten droht Totalverlust

Bei Hebelprodukten wie beispielsweise Warrants ist innert kurzer Zeit sowohl ein sprunghafter Gewinn wie auch ein Totalverlust möglich. Bei allen Strukis ist Interesse und Zeitaufwand erforderlich. Bei Hebelprodukten gilt das in besonderem Mass. Sie eignen sich nicht für Einsteiger, sondern allenfalls für versierte Anleger, die eine sehr hohe Risikobereitschaft haben und mit kleinen Einsätzen die Marktentwicklung eng verfolgen.

Als fünfte Kategorie nennt die SSPA strukturierte Produkte «mit zusätzlichem Kreditrisiko». Das ist sowohl mit Kapitalschutz-, Renditeoptimierungs- sowie Partizipationsprodukten möglich. Dabei werden Anleihen von Drittparteien mit höherem Risiko verwendet. Das bedeutet, dass Anleger entsprechend mehr riskieren, aber im Idealfall auch eine höhere Rendite erzielen können.