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Kanton fordert Steueranteil
Hausverkäufe bescheren den Gemeinden Millionen – davon will auch der Zürcher Finanzdirektor profitieren

Porträt von Finanzvorsteher Ernst Stocker vor einem bunten, abstrakten Hintergrund. (Foto: Urs Jaudas/Tages-Anzeiger)
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In Kürze:
  • Der Zürcher Regierungsrat will von den Grundstückgewinnsteuern profitieren, die heute nur an die Städte und Gemeinden gehen.
  • Der Finanzdirektor Ernst Stocker schlägt eine Beteiligung von 25 Prozent vor. Es geht um Hunderte von Millionen Franken.
  • Der Vorschlag löst Kritik aus – die Umsetzung könnte sich schwierig gestalten.

1,3 Milliarden Franken – so viel hat der Kanton Zürich im vergangenen Jahr für Bauten und Infrastruktur ausgegeben, vor allem im Schul- und im Spitalbereich. Der Kanton kann seine Investitionen derzeit nicht aus eigener Kraft stemmen, weshalb er viel teures Fremdkapital aufnehmen muss. Der Schuldenberg wächst.

Fast 1,3 Milliarden Franken – zufälligerweise die gleiche Summe haben die 160 Zürcher Städte und Gemeinden zuletzt über Grundstückgewinnsteuern eingenommen.

Die Grundstückgewinnsteuer wird fällig, wenn Hauseigentümer ihre Liegenschaften mit einem Profit verkaufen. Die Städte und Gemeinden leben gut davon, denn in den letzten Jahren sind die Einnahmen wegen der hohen Immobilienpreise enorm gestiegen. Allein in der Stadt Zürich waren es zuletzt 460 Millionen Franken.

Von diesem Geld sieht die kantonale Finanzdirektion bisher: nichts. Ändern will das der Kassenwart des Kantons Zürich, der Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP).

Seine Idee brachte Finanzdirektor Stocker im August 2024 erstmals auf. «Ich weiss, ich begebe mich auf dünnes Eis. Aber so wie heute kann es nicht weitergehen», sagte er damals. Er spielte darauf an, dass der Kanton den Gemeinden höhere Beiträge an die Ergänzungsleistungen für AHV- und IV-Renten sowie an den Gemeindestrassenbau leisten muss.

Grundstückgewinnsteuer: Kanton Zürich braucht Geld für Investitionen

Nun lässt Stocker Taten folgen. Er schlägt vor, dass der Kanton Zürich zu 25 Prozent am Gesamtertrag der Grundstückgewinnsteuern beteiligt wird. Zuletzt wären dies über 300 Millionen Franken gewesen. Eine entsprechende Änderung des Steuergesetzes hat der Regierungsrat am Dienstag in Vernehmlassung gegeben.

Heute würden alle Kantone ausser Zürich und Zug mindestens 25 Prozent der Grundsteuer bekommen, in einigen Kantonen seien es sogar sämtliche Einnahmen, sagte Stocker an einer Medienkonferenz am Dienstagvormittag.

Das starke Bevölkerungswachstum erfordere den stetigen Ausbau der Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Verkehr. Die kantonalen Ausgaben seien, gemessen am Bevölkerungswachstum und an den Gemeindeausgaben, überproportional gewachsen.

Vom Kanton Zürich werde verlangt, dass er wettbewerbsfähig bleibe und alle Investitionen tätigen müsse. Das gehe nicht ohne zusätzliches Geld. An die Gemeinden und Parteien gerichtet, sagte Stocker: «Man kann nicht den Fünfer und das Weggli haben.»

Die kantonalen Bauprojekte seien teuer: «Sobald wir einen Strich im Richtplan machen, beginnen die Landpreise stark zu steigen», sagte Stocker. Der Kanton müsse dadurch mehr bezahlen, und davon landet ein Teil später als Grundstückgewinnsteuer bei den Städten und Gemeinden.

«Der Kanton finanziert also mit, aber nur die Gemeinde profitiert von der besseren Erschliessung der Infrastruktur, und nur die Gemeinde wird an den höheren Grundstückgewinnsteuern beteiligt.»

Kritik von links und rechts an Ernst Stocker

Politisch dürfte es Stockers Viertelvorschlag schwer haben, dies zeigen erste Stellungnahmen von SP und SVP.

Die Begründung, der Kanton übernehme immer mehr Aufgaben und deren Finanzierung von den Gemeinden, mache stutzig, schreibt die SP. Denn erst kürzlich habe sich der Regierungsrat geweigert, den Gemeinden einen Teil der Kinderbetreuungskosten abzunehmen. Im Kantonsrat habe er zudem eine Steuersenkung für Konzerne durchgedrückt, die auch bei den Gemeinden massive Steuerausfälle verursache. «Der Regierungsrat nimmt den Gemeinden und gibt den Konzernen», schreibt die Partei deshalb. Sie werde den Prozess «kritisch begleiten».

Für die SVP stellt das Vorhaben einen «massiven Eingriff in die finanzielle Autonomie der Gemeinden» dar. Diese zusätzliche Belastung führe dazu, dass Gemeinden, die bereits sorgsam mit ihren Finanzen umgehen, bestraft werden, während andere von den kantonalen Investitionen profitierten – insbesondere die Stadt Zürich. Die geplante Abschöpfung sei deshalb inakzeptabel.

Gemeinden lehnen Vorschlag ab

Der Verband der Zürcher Gemeindepräsidien (GPV) lehnt Stockers Pläne klar ab. Die Gemeinden könnten die finanziellen Einbussen nicht kompensieren, heisst es in einer Mitteilung. «Steuererhöhungen werden die Folge sein.»

Die Gemeinden würden mit eigenen Investitionen ihren Beitrag für einen attraktiven Kanton Zürich leisten und seien wie der Kanton von den steigenden Bodenpreisen und der Bauteuerung betroffen.

Der Verband lehnt «einseitige Ertragsverschiebungen», ohne dass sich die Aufgabenteilung ändere, ab. Es gebe keine Gründe, dass sich der Kanton Zürich an den Einnahmen aus der Grundstückgewinnsteuer beteiligt.