Kritik an hohen Netzgebühren«Seit Jahren wird den Stromkunden wahnsinnig viel Geld aus der Tasche gezogen»
Kunden zahlten jährlich 400 Millionen zu viel: Der Preisüberwacher kritisiert «das vergoldete Netz der Strombranche». Andere sprechen von «befremdlicher Gier».
![Strommasten bei einem Elektrizitätswerk in Winterthur, 23. August 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG](https://cdn.unitycms.io/images/2bzGCbq7a1aAsWHxQ9p5Hs.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=EHSswFt7frA)
Die Schweizer Stromverbraucher bezahlen jedes Jahr Hunderte Millionen Franken zu viel Netzgebühren. «Wir vergolden das Netz der Strombranche», sagt der Preisüberwacher Stefan Meierhans in der «NZZ am Sonntag». Gemäss seinen Berechnungen haben die Stromkunden während der Tiefzinsphase knapp 400 Millionen pro Jahr zu viel bezahlt. «Das ist einfach wahnsinnig viel Geld, das den Stromkunden seit Jahren aus der Tasche gezogen wird», so Meierhans. Das sei auch volkswirtschaftlich schädlich.
Auch die Gruppe Grosser Stromkunden (GGS), hinter der Firmen wie Migros oder Swiss Steel stehen, übt scharfe Kritik. Es sei nicht richtig, dass die Betreiber jedes Jahr stolze Gewinne erzielen dürften – obwohl es sich beim Stromnetz um ein «völlig risikoloses Monopolgeschäft mit einem staatlich garantierten Gewinn» handle.
Die hohen Gebühren würden auch für den Werkplatz Schweiz zum Problem, sagt der GGS-Geschäftsführer Roger Ambort. Das von der Schliessung bedrohte Stahlwerk Gerlafingen musste allein 2024 Netzgebühren von 17 Millionen Franken bezahlen, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Das sei ein massiver Kostenblock und viel mehr als bei der Konkurrenz in Italien oder Frankreich.
2024 können Swissgrid und die Stromkonzerne rund 900 Millionen Franken abschöpfen. «Das grenzt schon fast an Gier und ist befremdlich», sagt Ambort.
Die heute angewandte Berechnungsmethode ermögliche der Strombranche systematisch zu hohe Gewinne. Mittlerweile sieht auch der Bundesrat Handlungsbedarf. Er will die Formel anpassen, mit welcher der zulässige Gewinn berechnet wird. Die Netzbetreiber könnten so 127 Millionen Franken weniger einstreichen, die Kunden würden entlastet.
Dagegen wehrt sich die Strombranche mit Händen und Füssen. Die Änderung gefährde die dringend notwendigen Investitionen ins Verteilnetz, sagt Michael Frank vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Wegen der Energiewende brauche es massive Um- und Ausbauten. Swissgrid argumentiert ähnlich.
Preisüberwacher Meierhans geht die vom Bundesrat angestrebte Senkung hingegen zu wenig weit. Er schlägt eine neue Berechnung vor, welche die Stromkunden «massiv entlasten» würde.
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