Rettung für SolarexpressBund will die Finanzierung alpiner Solaranlagen verlängern
Einsprachen verzögern den Bau geplanter Projekte. Im Parlament arbeitet man an einer Verlängerung der Finanzierung. Weil dies wohl zu lange dauern würde, prüft der Bund eine Rettung per Verordnung.
- Alpine Solarprojekte werden durch Beschwerden verzögert.
- In der Urek-S wird nächste Woche eine Fristverlängerung des Solarexpress besprochen.
- Der Bund prüft parallel eine Verlängerung der Förderung auf Verordnungsstufe.
Das Projekt Morgeten Solar im Berner Oberland wäre bereit. Pläne wurden ausgearbeitet, und auch die Bevölkerung hat per Abstimmung Ja gesagt. Doch als die Promotoren des acht Hektaren grossen Solarparks im Gantrischgebiet im Frühling die Baubewilligung erhielten, reichten drei Verbände Beschwerde ein, darunter die Stiftung Landschaftsschutz. Sie stören sich besonders an der Stromleitung, die durch eine Moorlandschaft führen soll. Dies solle gerichtlich überprüft werden, fordern sie.
Doch bis das entschieden ist, kann es dauern. Mehrere Wochen wurden Schriften hin- und hergeschickt. Dann waren noch Herbstferien. Der Beschwerdeentscheid im Plangenehmigungsverfahren wird im Dezember erwartet. Er kann ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden, dieser wiederum ans Bundesgericht. «Werden alle Instanzen angehört, rechnen wir mit keinem Entscheid vor Sommer 2026», sagt Projektleiter Peter Stutz.
Doch bis dahin ist eine wichtige Frist abgelaufen: Der Bund bezahlt bis zu 60 Prozent der Investitionskosten – aber nur, wenn bis Ende 2025 10 Prozent der geplanten Anlage Strom ins Netz speist. Von den geplanten Projekten in den Alpen werde es deshalb gemäss seiner Einschätzung nur eines rechtzeitig schaffen – «und das ist Sedrun-Solar bei Tujetsch», sagt Stutz.
Rettung auf zwei Stufen
Die Zeit zur Umsetzung des Solarexpress wurde bewusst knapp bemessen. Möglichst schnell sollten in den Alpen grosse Solarkraftwerke entstehen, um im Winter unabhängiger von Stromimporten zu werden. So sah es das Parlament im Herbst 2022 vor.
Doch Einsprachen der Umweltverbände gegen Morgeten Solar, Grengiols Solar und weitere Projekte machten inzwischen aus dem Express einen Bummler.
Hinter den Kulissen ist man in Bundesbern derzeit daran, den Solarexpress zu retten. Laut mehreren Quellen wird kommende Woche in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats ein Rettungsversuch aufgegleist. Der Bündner Martin Schmid (FDP) soll einen entsprechenden Vorstoss einreichen. Präsident der Kommission ist der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder. Mit Verweis auf das Kommissionsgeheimnis wollten sie das Geschäft nicht kommentieren. Doch gemäss öffentlicher Sitzungsliste ist das Energiegesetz und eine Änderung des Beschleunigungserlasses traktandiert.
Rieder gilt als Vater des Solarexpress. Er war eigentlich gegen eine Verlängerung, aber nach den Einsprachen der Umweltverbände änderte er seine Meinung. Im Juli sagte Rieder dieser Redaktion: «Persönlich bin ich aufgrund der Verzögerungstaktik der Umweltverbände für Fristverlängerungen bei der Finanzierung dieser Projekte, soweit diese von den Gemeinden und der lokalen Bevölkerung gutgeheissen wurden.»
Doch auch in den Kantonen ist ein Rettungsversuch für den Solarexpress Thema. Dort gibt ebenfalls ein Walliser den Ton an: Staatsrat Roberto Schmidt präsidiert die kantonale Konferenz der Energiedirektoren. Laut ihm gibt es zwei Varianten. «In jedem Fall wäre es dringend notwendig, die Subventionierung von alpinen Solaranlagen über den 31. Dezember hinaus zu regeln», hält Schmidt fest. «Denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Versorgungssicherheit im Winter.» Gleichzeitig sei eine Wirtschaftlichkeit selbst bei einer hohen Subventionierung nur schwer zu erreichen, so Schmidt.
Auch der Kanton Graubünden fordert, dass die Frage der Finanzierung nach 2025 geklärt werde, «damit die Projekte Rechtssicherheit erlangen», wie eine Sprecherin des Bündner Volkswirtschaftsdepartements sagt. «Die Verantwortung dafür liegt jedoch beim Bund.»
Für den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) ist eine Anschlusslösung zwingend, um die Planungs- und Investitionssicherheit über 2025 hinaus zu gewährleisten. «Fehlende Planbarkeit ist für die Realisierung solcher Projekte Gift», sagt ein VSE-Sprecher.
Bund prüft eine Förderung auf Verordnungsstufe
Das Bundesamt für Energie will sich noch nicht festlegen, ob der Solarexpress gescheitert ist. Das werde sich erst «in den nächsten Monaten weisen», schreibt Sprecherin Marianne Zünd in einer Stellungnahme und fügt hinzu: «Das BFE beobachtet nun die Entwicklung.» Man könne den Express nicht einfach verlängern, die Anforderungen dafür sei nun mal im Energiegesetz geregelt. «Die Förderung kann ohne eine entsprechende Gesetzesrevision nicht einfach verlängert werden», so Zünd.
Trotzdem lässt man beim Bund eine Hintertür offen: «Wir prüfen derzeit, ob eine Förderung von Anlagen mit hoher Winterstromproduktion auf Verordnungsstufe möglich wäre», sagt Zünd. Ein Beschluss sei jedoch noch nicht gefasst. «Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit informieren, falls er eine entsprechende Anpassung der Verordnung vorschlagen will.» Wahrscheinlich will er auch zuerst die Beratungen in den Kommissionen und im Parlament abwarten.
Für Peter Stutz von Morgeten Solar geht dieser Zeitplan nicht auf: «Die Unsicherheit bei der Planung lähmt», sagt er. Statt Offerten einzuholen und den Baubeginn vorzubereiten, warte er nun auf einen möglichst schnellen Entscheid durch die Gerichte. Ein Baustart auf der Alp Morgeten im kommenden Frühling hält er aber für unrealistisch. Erst recht die Einspeisung von Strom bis Ende 2025.
Stutz hofft, dass der Bundesrat den Solarexpress auf dem Verordnungsweg verlängert. Auch hier geht es um das Tempo: Via Parlament dauere der ganze Prozess zu lange.
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