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Erster Solarpark in den Alpen
Startschuss für den Solarexpress – in Sedrun beginnen die Bauarbeiten

zum Baustart der Solar-Grossanlage Sedrun Solar, am Freitag, 16. August 2024, in Sedrun. Der Bau der Anlage mit 5700 Solartischen soll schrittweise bis 2028 erfolgen. Die Anlage wird Strom fuer 6500 Haushalte liefern. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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686 Tage oder umgerechnet 98 Wochen: So viel Zeit ist vergangen, seit das Parlament Ende September 2022 unter dem Eindruck einer möglichen Strommangellage den sogenannten Solarexpress verabschiedet hat. Erklärtes Ziel der nationalen Politik: Solarparks in den Bergen ermöglichen und so zügig zwei Terawattstunden zusätzlichen Strom für die Versorgungssicherheit produzieren.

Am Freitagabend nun erfolgte im bündnerischen Sedrun der Baustart für das erste alpine Solarprojekt der Schweiz: Auf über 2000 Metern, in der Nähe des Skigebiets Sedrun, soll die Anlage Sedrun Solar jährlich Strom für rund 6500 Haushalte liefern, Ende 2025 soll ein erster Teil des Parks ans Netz gehen, bis 2028 soll der Rest folgen.

Eric Wagner, CEO von Aventron, links, und Claudio Deplazes, Verwaltungsratspraesident von Energia Alpina, legen Grundsteine zum Baustart der Solar-Grossanlage Sedrun Solar, am Freitag, 16. August 2024, in Sedrun. Der Bau der Anlage mit 5700 Solartischen soll schrittweise bis 2028 erfolgen. Die Anlage wird Strom fuer 6500 Haushalte liefern. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)

Entwickelt wurde das Projekt von Energia Alpina. Der kleine Sedruner Energieversorger spannte mit Aventron zusammen, einer Tochtergesellschaft des Energieunternehmens Primeo Energie mit Sitz in Münchenstein in Baselland. Geplant ist, dass Primeo Energie sowie Energie Wasser Bern und das Stadtwerk Winterthur den Ökostrom langfristig abnehmen werden. Es profitieren also Haushalte in Bern, Basel und Winterthur.

Sedrun gilt als Modellfall

Um das Projekt in der Surselva war es lange Zeit ziemlich ruhig. Im Frühjahr 2023 wurde die erste Testanlage montiert, im Sommer darauf hiess die Gemeindeversammlung das Vorhaben gut, Einsprachen gegen die Baubewilligung blieben aus. Ein Modellfall also, wie ihn sich Energieminister Albert Rösti und die Stromwirtschaft kaum anders wünschen dürften. 

Cédric Christmann, CEO von Primeo Energie, ist überzeugt, dass das Projekt «Vorbildcharakter» für weitere Vorhaben dieser Art in den Schweizer Alpen hat. «Die Zusammenarbeit mit Energia Alpina zeigt eindrücklich, wie Vertreter der Bergregionen und gleichgesinnte grosse Energieunternehmen wegweisende Projekte realisieren können.»

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Hoffnung hegt auch Michael Frank, der Direktor des Dachverbands der Schweizer Stromwirtschaft VSE: «Sedrun Solar wird Strahlkraft entwickeln.» Das Projekt zeige allen aktuellen und künftigen Projektanten und Investoren, dass es möglich sei, einen solchen Solarpark zu bauen.

Ähnlich äussert sich Stefan Batzli, der Geschäftsführer von Aee Suisse, dem Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz: «Wir brauchen konkrete Projekte, um Erfahrungen sammeln zu können.» Davon würden nächste Anlagen profitieren: technologisch, wirtschaftlich, aber auch, wie sich die Akzeptanz für Freiflächen steigern lasse. 

Vier Projekte bewilligt

Ungetrübt ist die Freude allerdings nicht. Zwar ist der Eindruck falsch, dass die meisten Projekte am Widerstand der Bevölkerung scheitern, im Gegenteil, mehr als die Hälfte wurde bis jetzt bewilligt. Allerdings fährt der Solarexpress nicht mit jenem Tempo, das sich die Politik erhofft hat. Bis jetzt wurden landesweit vier Projekte bewilligt, drei davon rechtskräftig, neben Sedrun Solar sind dies Laax Solar und Nalps Solar in Graubünden. Gegen die Bewilligung des Projekts Morgeten Solar im Kanton Bern haben Umweltverbände und der Schweizer Alpen-Club im Juni Beschwerde eingereicht

Insgesamt sind in der Schweiz 46 alpine Solarprojekte geplant, wie eine aktuelle Auflistung des Verbands VSE zeigt. Zusammen bringen sie knapp 0,9 Terawattstunden zusätzlichen Strom, davon 0,4 im Winter – dann also, wenn die Schweiz auf Importe angewiesen ist. Über alle erneuerbaren Energieträger betrachtet, sind es 122 Grossprojekte, die insgesamt 4,5 Terawattstunden Strom liefern sollen, davon 3,7 besonders wertvollen Winterstrom.

Dass es nicht schneller vorwärtsgeht, hat mehrere Gründe. Verzögerungen bewirken zum einen Einsprachen und fehlende Netzanschlüsse. Den Zeitaufwand in die Höhe treiben aber auch die besonderen technischen Herausforderungen, vor denen alpine Solaranlagen stehen, etwa die starken Temperaturschwankungen im Gebirge sowie der höhere UV-Anteil, der die Lebensdauer der Module verkürzt.

Nicht zuletzt deshalb sind die Anlagen ökonomisch eine Herausforderung – und bleiben es selbst mit der aktuellen Förderung durch den Bund, der 60 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten übernimmt.

«Das wird brutal sportlich»

Eine weitere Hürde hat das Parlament zu verantworten: Fördergelder erhalten nur jene Anlagen, die bis Ende 2025 einen Teil ihres Stroms liefern. An diesem Zeitdruck drohen nun diverse Projekte zu scheitern. Im Januar hatte Albert Rösti deshalb Hilfe in Aussicht gestellt. «Sollte eine Anlage Ende 2025 geplant oder bewilligt sein, aber noch nicht am Netz, finden wir sicher eine Lösung, damit das Projekt doch noch mit Fördermitteln realisiert werden kann», sagte der Energieminister.

Denkbar wäre, dass das Parlament die im Energiegesetz verankerte Frist verlängert. Unabhängig davon prüft das Bundesamt für Energie (BFE) derzeit, ob eine spezifische Förderung von Anlagen mit hoher Winterstromproduktion, wie es alpine Solaranlagen sind, auf Verordnungsstufe möglich wäre.

Ein Beschluss sei aber noch nicht gefasst, sagt Geschäftsleitungsmitglied Marianne Zünd. «Es war klar, dass der enge Zeitplan, den das Parlament zum Solarexpress gesetzt hat, eine Herausforderung sein würde.» Das BFE beobachte nun die Entwicklung. Die nächsten Monate werden laut Zünd zeigen, ob das anvisierte Ausbauziel von 2 Terawattstunden erreicht werden kann.

VSE-Direktor Frank ist skeptisch: «Das wird brutal sportlich.» Für Aee-Suisse-Geschäfsführer Batzli steht bereits fest: «Wir werden das Ziel nicht erreichen.» Die Zeit sei zu knapp. Tatsache sei aber auch: Der Solarboom finde statt – auf Dächern, Fassaden und Infrastrukturen. Pro Woche würden heuer in der Schweiz 1000 neue Anlagen installiert. «Das sind Meilensteine.»