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Solarkraftwerke in den Alpen
Graubünden überholt das Wallis im Express-Tempo

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Diese Woche veröffentlichte das Bundesamt für Energie eine Übersichtskarte zu den geplanten Solarkraftwerken in den Alpen. Nur drei Standorte sind dort aufgeführt. Die Projekte im Wallis – über die in den vergangenen Monaten immer wieder berichtet wurde und die den Anstoss für den Solarexpress gaben – fehlen. Dafür ist in der oberen Surselva ein blauer Punkt eingetragen. Hier, auf über 2000 Meter über Meer, auf dem Gebiet der Gemeinde Tujetsch plant das lokale Energieunternehmen Energia Alpina ein Solarkraftwerk mit 28,6 Gigawattstunden Ertrag pro Jahr. Einmal gebaut, soll es Strom für rund 6300 Haushalte liefern.

Von der übrigen Schweiz weitgehend unbemerkt, hat der Energieanbieter mit 25 Mitarbeitenden in den vergangenen Monaten vorwärtsgemacht. Bereits im April wurde eine Testanlage installiert, im Sommer folgte die Zustimmung durch die Gemeindeversammlung. In diesen Tagen läuft die Einsprachefrist für das Baugesuch aus. «Als wir die Pläne öffentlich präsentierten, interessierte sich niemand dafür. Wir erwarteten deshalb keinen Widerstand», erklärt Geschäftsleiter Ciril Deplazes.

Im Herbst 2022 gab das eidgenössische Parlament grünes Licht für den Solarexpress. Das Gesetz zur Förderung alpiner Solarkraftwerke sieht eine finanzielle Beteiligung des Bundes von bis zu 60 Prozent an den Investitionen vor. Doch die grosszügige Unterstützung ist an Bedingungen geknüpft: Mindestens 10 Prozent der geplanten Anlage müssen bis Ende 2025 gebaut sein und Strom ins Netz speisen. Für Energieversorger, die es gewohnt sind, dass von der Planung bis zur Vollendung eines Projekts mehrere Jahre vergehen, eine sehr kurze Zeit. Kein Wunder, haben schweizweit denn auch erst drei Projekte ein Baugesuch eingereicht: am Gantrisch BE, bei Scuol GR und eben in der Surselva am Oberalp.

Nicht unglücklich über den grossen Zeitdruck

Dort trieb ein kleines Team aus Spezialisten von Energia Alpina und externen Unternehmen das Projekt in den vergangenen Monaten voran. Kurze Entscheidungswege und das fast vollständige Ausbleiben von politischer Einflussnahme haben die Sache vereinfacht. Hinzu kommt: Bereits vor Jahren hatte man die Idee, in dem Gebiet auf den Lawinenverbauungen oberhalb Tschamut in der Nähe des Skigebiets Sedrun ein Solarkraftwerk zu realisieren. Wegen der hohen Investitionskosten wurde das Projekt nicht weiterverfolgt. «Als der Bund die Förderung beschloss, war für uns klar, dass wir diese Chance nutzen müssen», so Deplazes. Und so machte sich der Energieversorger, der bereits Erfahrung mit der Realisierung von PV-Anlagen auf Hausdächern hatte, an die Planung. Wie werden die Modultische konstruiert, und vor allem, wie werden sie befestigt? Wie viel kostet der Bau? Ist das Gebiet erschlossen? Wie führt man den Strom ab, und kann die Anlage überhaupt wirtschaftlich betrieben werden? Nach und nach beantworteten die Planer fast alle Fragen.

«Ich bin nicht unglücklich über den grossen Zeitdruck», sagt Deplazes. «So werden alle Beteiligten gezwungen, vorwärtszumachen – auch die Bewilligungsinstanzen.» Obwohl die Baugenehmigung erst im Frühjahr 2024 erwartet wird, werden noch in diesem Jahr die öffentlichen Ausschreibungen platziert. Nur so wird die Wirtschaftlichkeitsrechnung konkret und kann man mit den potenziellen Abnehmern für den Strom verhandeln. Auch der Förderungsantrag werde derzeit vorbereitet, obwohl dieser erst nach der erteilten Bewilligung eingereicht werden kann. «Zurzeit läuft vieles parallel, was eigentlich bei Grossprojekten nicht die Regel ist – aber sonst können wir den sehr engen Zeitplan nicht einhalten», erklärt Deplazes.

Im Vergleich zu den Bündnern sind die Walliser inzwischen abgehängt: Nach den Ankündigungen 2022 und der Verabschiedung des Solarexpress im Parlament wurde es in diesem Jahr ruhiger um ihre Projekte. Ein Rückschlag war die kantonale Abstimmung über Solarkraftwerke, in deren Rahmen die Verfahren vereinfacht werden sollten. Tatsächlich hat noch kein Walliser Kraftwerksprojekt ein Baugesuch beim Kanton eingereicht. Die kantonale Baukommission bestätigt bloss, dass vier Projekte in Ausarbeitung seien. Gondo Solar will ein Baugesuch noch vor Weihnachten einreichen, wie es bei Alpiq auf Anfrage heisst. Vispertalsolar will bis im Januar Baugesuche für drei Standorte eingeben. Und Grengiols Solar, das mit seinen Plänen den Solarexpress ins Rollen brachte, stimmt am 10. Dezember über das Projekt ab. Danach wird das Baugesuch eingereicht.

Frist soll nicht verlängert werden

Der Bündner Deplazes kennt das Walliser Saflischtal oberhalb von Grengiols und war schon vor Ort. «Das Gelände hat vor allem im oberen Bereich nur wenig Vegetation und wenig Steine. Für ein Solarkraftwerk wäre es gut geeignet», sagt er. Das Projekt ist im Vergleich zu Sedrun Solar um ein Vielfaches grösser, was die gesamte Umsetzung mit diesem engen Zeitplan noch anspruchsvoller macht. Als die ersten Visualisierungen öffentlich wurden, seien die Leute teilweise erschrocken, sagt Deplazes: «Wir waren über die Grösse des Projekts überrascht.»

Warum ist man in der Surselva viel weiter? Möglich gemacht habe dies, dass der Gemeinderat das Projekt von Anfang an unterstützt habe. «Nicht die Abgabe an die Gemeinde oder andere Fragen standen im Vordergrund, sondern der sofortige Beginn der Planungsarbeiten», sagt Deplazes. Zentral für das Vorgehen sei, offen mit allen zu kommunizieren, «vor allem mit der Bevölkerung der Gemeinde Tujetsch».

Trotzdem fände es Deplazes nicht angemessen, wenn der Bund die Spielregeln respektive die Frist zur Umsetzung der alpinen Solarkraftwerke verlängern würde. «Wir arbeiten hart daran, diese einzuhalten.» Im kommenden Frühjahr soll mit dem Bau begonnen werden, im Herbst sollen, wenn alles klappt, die ersten Modultische montiert werden. Läuft alles nach Plan, fliesst im Frühling 2025 der erste Bündner Solarstrom ins Netz.