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Umstrittene Reform
Jetzt protestieren Lehrer – aus Angst vor «Banalisierung des KV»

Berufsschüler im Unterricht: Im KV soll sich bald einiges verändern. 
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Der Chor der Kritiker der KV-Reform ist um eine gewichtige Stimme reicher: Nun bemängelt auch der Zürcher Verband der Lehrkräfte in der Berufsbildung die geplante Reform der kaufmännischen Lehre. «Die Umsetzung würde die KV-Lehre banalisieren und in eine Sackgasse ohne sinnvolle Anschlussmöglichkeiten führen», schreibt der Verband in einer Mitteilung. Dabei ist das KV mit jährlich rund 13’000 neuen Lehrverträgen bei den Jugendlichen die beliebteste berufliche Grundausbildung.

Damit gewinnt die Kritik an der KV-Reform neue Schubkraft: Denn sie kommt nun nicht mehr nur von den Ausbildungsbetrieben, sondern auch von den Lehrern – und damit von zwei der wichtigsten Parteien, die die Reform am Ende tragen müssen.

Aufschub gefordert

In den vergangenen Wochen forderten immer neue Stimmen Verbesserungen an dem enorm wichtigen Ausbildungsvorhaben mit dem Namen Kaufleute 2022. Dazu gehören die Bankiervereinigung, der Zürcher Bankenverband oder auch der Arbeitgeberverband Basel, die Handelskammer beider Basel oder FH Schweiz, der Verband der Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen.

Sie kritisieren, dass Fremdsprachen an Bedeutung verlieren würden, klassische Fächer durch Handlungskompetenzen ersetzt würden oder unklar sei, wie die Lehre künftig mit der Berufsmatur vereinbar sein soll.

Andere sehen den Zeitplan als zu ambitioniert an, weil sich die Ausbildungsbetriebe nicht mehr rechtzeitig auf die Reform einstellen können, und fordern einen späteren Start. Die Reform sollte eigentlich dieses Jahr in Kraft treten. Ab Sommer 2022 sollen dann die ersten KV-Stifte nach dem neuen System ausgebildet werden.

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Am fundamentalsten ist jedoch die Kritik der Zürcher Berufsschullehrer: Sie fordern gleich einen kompletten Neustart der Reform. Zu viel liege im Argen. «Handlungskompetenzen zu unterrichten, ohne vorgängig Grundlagen zu vermitteln, ist wie ein Dach zu bauen, ohne Mauern zu erstellen», schreiben sie in der Mitteilung.

«Ein Neustart der Reform steht nicht zur Diskussion.»

Simone Keller, Sprecherin des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation

Beim Bund will man davon nichts wissen. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) verbreitet stattdessen Durchhalteparolen: «Ein Neustart der Reform steht nicht zur Diskussion», sagt Simone Keller, Sprecherin des SBFI. Die Arbeiten an der Reform neigten sich nun dem Ende zu und dies mit «innovativen, soliden und erfreulichen Ergebnissen». «Einem baldigen Erlass der Verordnung steht vor diesem Hintergrund nichts im Wege», sagt Keller.

Immerhin scheint das Startdatum nicht mehr in Stein gemeisselt. «Das genaue Inkrafttreten, ob 2022 oder 2023, hängt von diversen Parametern wie der Verfügbarkeit der erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen seitens der Kantone ab und wird unter den Verbundpartnern der Berufsbildung zurzeit geklärt», führt Keller aus.

Eine KV-Klasse während einer Stunde Wirtschaft und Gesellschaft. 

Offenbar laufen derzeit Gespräche, um die strittigen Punkte zu klären. Niemand wolle die Reform gefährden, zu viel stehe auf dem Spiel, so ein Kenner der Vorgänge. Man wolle aber einfach eine KV-Lehre, die auch funktioniere. Dass jetzt die Kritik so gross sei, hänge wohl damit zusammen, dass der Inhalt der Reform wichtigen Parteien zu lange nicht bekannt gewesen sei.

«Wie bei jeder Reform werden alle Berufsbildungspartner in den Prozess miteinbezogen. Die Berufsbildung funktioniert nur dank einer guten Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, und Lösungen werden im Konsens gefunden», entgegnet SBFI-Sprecherin Keller.

Bund lässt sich KV-Reform 1,2 Millionen Franken kosten

Die Zürcher Berufsschullehrer glauben, dass die Reform auch wegen einer heiklen Verbindung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in Schieflage geraten sei. Der Auftrag für die Reform ging von der Trägerin der KV-Lehre, der Schweizerischen Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen (SKKAB), an die Firma Ectaveo, die auf Bildungsprojekte spezialisiert ist. Laut dem Zürcher Berufsschullehrer-Verband (ZLB) ist es «stossend», dass ein Vorstandsmitglied der SKKAB zu Ectaveo gewechselt habe, nachdem die Trägerin der Lehre den lukrativen Reformauftrag an Ectaveo vergeben habe.

Roland Hohl, Geschäftsführer der SKKAB, sagt dazu: «Die diffamierenden, auf einzelne Personen fokussierten Feststellungen des ZLB entbehren jeglicher Grundlage.» Alle Entscheide seien durch den Vorstand vorbereitet und durch die Delegiertenversammlung verabschiedet worden. «Das gilt auch für die Wahl der pädagogischen Begleitung durch die Ectaveo AG», so Hohl. Wie gross der Auftrag ist, den die SKKAB an Ectaveo vergeben hat, geben beide Parteien nicht bekannt.

Mittagspause an einer KV-Schule. 

Einzig der Bund legt offen, dass er die Reform der KV-Lehre mit einer Zahlung von 1,2 Millionen Franken an die SKKAB unterstützt hat. Mit der Arbeit der SKKAB ist man dort zufrieden. «Die SKKAB nimmt ihre Rolle als Trägerin der beruflichen Grundbildung wahr», sagt Keller vom SBFI.

Damit zeichnet sich ab, dass die Reform in ihren Kernelementen kaum mehr zu verändern sein dürfte, zu weit ist das Projekt fortgeschritten. Sicher scheint damit aber auch, dass nach Inkraftsetzen der neuen KV-Lehre die Verbesserungsarbeiten daran weitergehen. Damit droht die KV-Lehre zur Dauerbaustelle zu werden.