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Umstrittene Radio- und Fernsehabgabe
Nationalräte wollen bei SRG viel mehr sparen als Medien­minister Rösti

Bundesrat Albert Roesti erscheint auf mehreren Bildschirmen im Regieraum des Schweizer Fernsehens SRF während einer Medienkonferenz zur SRG-Initiative im Bundeshaus in Bern.
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In Kürze:
  • Der Bundesrat hat angekündigt, die Radio- und Fernsehgebühren für private Haushalte auf 300 Franken zu senken.
  • Das Parlament erwägt nun striktere Regeln und weniger Geld für die SRG.
  • Firmen sollen komplett von Radio- und Fernsehgebühren befreit werden.
  • Die Allianz Pro Medienvielfalt kritisiert die finanziellen Einschnitte scharf.

Nun kommt die SRG noch stärker unter Druck, als sie es schon ist. Bereits laufen Sparbemühungen, weil der Bundesrat entschieden hat, die Radio- und Fernsehgebühren für Private auf 300 Franken zu senken. Das SRG-Budget soll insgesamt um rund ein Sechstel gekürzt werden.

Sie leuchte zurzeit mit einer Taschenlampe überall rein, sagte SRG-Generaldirektorin Susanne Wille kürzlich im Interview mit dieser Redaktion. Auch die einbrechenden Werbeeinnahmen machen ihr Sorgen. Und seit dieser Woche ebenfalls das Parlament.

Aus diesem drohen deutlich härtere Einschränkungen – noch einmal weniger Geld, aber auch strengere Auflagen und Regeln. Die nationalrätliche Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen hat sich diese Woche für einen indirekten Gegenvorschlag zur SRG-Halbierungsinitiative ausgesprochen. Das Volksbegehren aus SVP-Kreisen will die Gebühren für Private auf 200 Franken senken und alle Unternehmen von der Abgabe befreien. Nun will die Kommission die SRG per Gesetz ebenfalls einschränken – und zwar gleich fünffach.

  • Erstens sollen die Gebühren für die privaten Haushalte sinken – wie stark, das ist noch offen.

  • Zweitens will die Kommission die Unternehmen von den Radio- und Fernsehabgaben befreien. Im Vergleich zu heute würden so auf einen Schlag noch einmal rund 170 Millionen Franken Gebührengelder wegfallen, wie die Jahresrechnung 2023 für die Unternehmensabgabe für Radio und Fernsehen zeigt.

  • Drittens wollen die Politiker die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) stärken. Beispielsweise gibt es Ideen, dass die UBI bei Verstössen gegen rundfunkrechtliche Bedingungen härtere Sanktionen gegen die SRG aussprechen können soll. Worin diese Sanktionen bestehen sollen, ist noch offen.

  • Viertens soll die SRG dazu gezwungen werden, etwa bei den teuren Sportrechten mit den privaten Radio- und Fernsehanbietern zu kooperieren.

  • Fünftens sollen diese privaten Anbieter, die heute ebenfalls von Radio- und Fernsehgebühren profitieren, nicht unter der Gebührensenkung leiden. Ihr Anteil soll mindestens gleich hoch bleiben wie bisher. Alle Mindereinnahmen gingen also zulasten der SRG.

Ein Signal an den Bundesrat

Der Entscheid der Kommission fiel äusserst knapp aus, mit 13 zu 12 Stimmen. Dafür stimmten die FDP, auf deren Antrag diese parlamentarische Initiative zurückgeht, die SVP sowie einzelne Vertreter der GLP und der Mitte.

Während die SVP grundsätzlich alles gut findet, was die SRG einschränkt, gibt es in der FDP gewichtige Stimmen, die seit Jahren fordern, dass die Gebühren für Unternehmen gestrichen werden sollen. Hinzu kommt: Viele bürgerliche Parlamentarier wollen es nicht dem Bundesrat und Medienminister Albert Rösti (SVP) überlassen, die SRG zu regulieren. Sie wollen ihre eigenen Ideen einbringen. In diesem Sinne ist die parlamentarische Initiative auch als Signal an den Bundesrat zu verstehen – und an die Wählerinnen, die sehen sollen, dass man etwas tut.

Laut FDP-Präsident Thierry Burkart ermöglicht es der indirekte Gegenvorschlag dem Parlament, genau abzuklären, wie stark die Firmen und die privaten Haushalte entlastet werden könnten. «Gerade der immer stärker belastete Mittelstand würde davon profitieren», sagt er.

Auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister ist ein Befürworter der Idee, sämtliche Unternehmen von der Abgabe zu befreien. Die Mitarbeitenden der Firmen bezahlten ja bereits als Privatpersonen die Rundfunkgebühren, «das genügt».

Die Allianz Pro Medienvielfalt – ein Komitee aus Politikern, Organisationen und weiteren Interessierten, das sich gegen die Halbierungsinitiative engagiert – zeigte sich in einer ersten Stellungnahme «verständnislos». Offenbar hätten Teile der Politik die dramatische Lage der Schweizer Medien, die Milliarden an Einnahmen an Techplattformen verlören, immer noch nicht erkannt. «Dass der SRG parallel zu einem heftigen Sparprogramm noch zusätzlich Mittel gekürzt werden sollen, zeugt davon.» Wenn die SRG geschwächt werde, gehe es den privaten Medien nicht besser – im Gegenteil: «Die Spirale dreht weiter abwärts.»

Und was macht Bundesrat Rösti?

Medienminister Albert Rösti verfolgt die Diskussion und wartet erst einmal ab. Sollte das Parlament tatsächlich weitergehende Sparmassnahmen beschliessen, würde der Bundesrat seine Verordnung anpassen. Dies sagte der Bundesrat gegenüber der Kommission. 

Die bundesrätliche Verordnung sieht nicht nur eine schrittweise Senkung der Radio- und Fernsehgebühren für Privathaushalte auf 300 Franken vor, sondern es sollen auch 80 Prozent der Unternehmen ganz von der Gebühr befreit werden. Für die SRG ist diese Massnahme jedoch weniger schmerzhaft, als sie tönt. Denn die verbleibenden Unternehmen, die weiterhin Gebühren zahlen müssen, steuern den Löwenanteil des Geldes bei, weil die Beiträge nach Umsatz abgestuft sind.

Es wird knapp im Ständerat

Am nächsten Montag entscheidet die ständerätliche Fernmeldekommission über die parlamentarische Initiative ihrer Schwesterkommission. Erst wenn auch sie Ja sagt, beginnen die Arbeiten an einer konkreten Gesetzesvorlage. Erst dann wird auch definiert, wie hoch der Betrag für die privaten Haushalte sein soll. Die Chancen, dass das Parlament strengere Regeln für die SRG erlässt, sind zwar intakt. Doch es dürfte sehr knapp werden. Im Ständerat fühlen sich auch aus FDP und Mitte verschiedene Politiker der SRG stark verbunden – weil es im Interesse ihrer Kantone ist. 

Einer von ihnen ist der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli. Er sagt: «Alle Sparvorgaben, die über die Verordnung des Bundesrats hinausgehen, sind verantwortungslos.» Denn dann sei das Risiko gross, dass die Sparerei bei der SRG zulasten der Randregionen und der Sprachenkultur gehe. Als ehemaliger Urner Regierungsrat könne er sagen: «Wir in Uri möchten nicht nur dann in den Nachrichten vorkommen, wenn es Stau hat am Gotthard oder wenn Sawiris wieder etwas baut.» Dafür sei man auf eine starke SRG angewiesen.

Die SRG selber reagierte ebenfalls auf die nationalrätlichen Sparideen. Der vorliegende Gegenvorschlag sei «eine weitere deutliche Verschärfung», teilte die SRG auf Anfrage mit. Alleine aufgrund der Massnahmen des Bundesrats, der rückläufigen Werbeeinnahmen und der Teuerung müsse man bis 2029 mit Einsparungen von 270 Millionen Franken rechnen. «Weitergehende Kürzungen, wie sie der parlamentarische Gegenvorschlag nun vorsieht, hätten massive Auswirkungen auf das Programmangebot, die regionale Verankerung in der Schweiz und die Mitarbeitenden.»