Pro und Kontra zum HomeofficeSollen Schweizer Arbeitskräfte weiter im Ausland arbeiten können?
Die SBB holen Mitarbeitende, die im Ausland in der Ferienwohnung oder im Hotel gearbeitet haben, wieder ins Büro zurück. Was dafür und was dagegen spricht.
Ja
Unter gewissen Umständen spricht nichts dagegen, der Schweiz auch für den Arbeitsalltag zu entfliehen. Da ist es sogar besser, tausend statt zehn Kilometer voneinander entfernt zu arbeiten.
Man stelle sich vor, man hätte die Wahl: morgens joggen am Strand, Abendessen auf der Piazza. Oder joggen durch den verregneten Schweizer Sommer und Kochen daheim. Dazwischen wäre das Programm jeweils das gleiche: Arbeit am Computer und am Telefon. Nicht im Büro, sondern im Homeoffice.
Da stellt sich nur die Frage, wo zu Hause ist. Unter den Millionen Arbeitnehmern hierzulande, die grosse Teile der Pandemie daheim verbracht haben, würde sich wohl eine Mehrheit für eine gewisse Zeit für die Auslandsoption entscheiden, wenn sie denn könnte.
Allzu häuslich einrichten darf man sich im Ausland auch nicht.
Das Argument der ausländischen Konkurrenz, der man sich mit solchen Schritten aussetze, gilt nämlich nur für die wenigsten: In der Schweizer Dienstleistungsgesellschaft sind insbesondere Berufe, die sich für Homeoffice eignen, so spezialisiert und Schweiz-spezifisch, dass man sie kaum auslagern kann. Sonst wäre das schon geschehen; die Firmen hätten mit der Pandemie die beste Begründung für entsprechende Sparschritte gehabt.
Natürlich muss fürs Arbeiten vom Ausland aus eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein: Man hat keine fixen Termine im Geschäft, die Internetverbindung muss genauso gut sein wie daheim. Das Ganze lässt sich mit sozialen und familiären Verpflichtungen vereinbaren, und allzu häuslich einrichten darf man sich im Ausland auch nicht, sonst gibt es wegen der Steuern und Sozialversicherungen Ärger mit den Behörden.
Ist all das erfüllt, bietet das Homeoffice im Ausland nur noch Vorteile: Die neue Umgebung regt Sinne und Kreativität an und hebt die Laune, steigert also im besten Fall die Produktivität. Und selbst für das während der Pandemie viel beklagte Sozialgefüge springt etwas raus, wenn jemand an der Videositzung nicht vom immer gleichen Trott zu berichten hat.
Nein
Arbeiten im Homeoffice hat seine angenehmen Seiten. Die Arbeit wird genauso gut erledigt wie im Büro, also warum nicht gross denken und dort arbeiten, wo es richtig schön ist?
Wenn Homeoffice in der Schweiz funktioniert, dann klappt es auch vom Ausland her. Dieser Schluss klingt naheliegend, ist aber falsch. Das Totschlagargument sind die sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Gründe: Wenn Mitarbeitende dauerhaft vom Ausland her arbeiten, müssen sie im Wohnland Steuern und Sozialabgaben zahlen – das droht teuer zu werden.
Wer immer vom Ausland aus arbeitet, droht den Kontakt zur Firma und zu seinen Kolleginnen und Kollegen zu verlieren.
Auch sonst hat Homeoffice aus dem Ausland handfeste Nachteile. Denn fast überall auf der Welt sind die Gehälter tiefer als in der Schweiz. Wer überwiegend vom günstigen Ausland aus arbeitet, dem könnte der Arbeitgeber den Lohn an die lokalen Kosten anpassen. Oder den Betreffenden gleich durch eine günstigere Lokalkraft ersetzen, wenn es keine Sprachbarrieren gibt.
Diese Lohndifferenzierung ist bereits Realität – sogar schon innerhalb der Landesgrenzen: Laut dem Lohnrechner von Google droht Mitarbeitern der New Yorker Niederlassung eine Einbusse von 15 Prozent, wenn sie in Stamford im Bundesstaat Connecticut wohnen und nur vom Homeoffice aus arbeiten.
Wer immer vom Ausland aus arbeitet, droht zudem den Kontakt zur Firma und zu seinen Kolleginnen und Kollegen zu verlieren. Die Präsenz im Büro hat eine wichtige soziale Bedeutung. Spontane Treffen und Diskussionen sind entscheidend für die Kreativität.
Kurzum: An der Mittelmeerküste ist es zwar schön, aber ganz ohne persönliche Präsenz im Büro geht es nicht.
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