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Geldblog: Strauchelnde Versandapotheke
Soll ich meine Zur-Rose-Aktien abstossen?

Langer Atmen: Angesichts der ungewissen Situation mit dem E-Rezept ist Zur Rose auf weiteres Kapital angewiesen.
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Ich lese Ihre Artikel immer mit grossem Interesse. Nun muss ich für einmal selber Ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Ich kaufte mir vor 2 Jahren 30 Zur-Rose-Aktien. Diese entwickelten sich in der Folge sehr gut. Heute erhielt ich die Unterlagen zur ordentlichen GV. Neben den üblichen Formalien fielen mir die bis 30-prozentigen Kapitalerhöhungen auf. Die Traktandenliste liest sich wie eine Jammerliste bei einem Start-up kurz vor dem Ende, anscheinend verbrennt Zur Rose viel Kapital. Kapitalerhöhungen führen unweigerlich zur Verwässerung der Gewinne und Vermögensanteile für die bestehenden Aktionäre. Das wird nicht ausgeglichen und stellt meines Erachtens einen Verlust dar. Soll ich die Aktien – mit Verlust – verkaufen? Leserfrage von D.C.

Die Entwicklung der Zur-Rose-Aktien ist in der Tat eine grosse Enttäuschung. Mit den schwachen Zahlen im März und nun auch noch der Kapitalerhöhung im April hat das Unternehmen bei den Investoren viel Goodwill verspielt. Das Anlegervertrauen ist deutlich gesunken – beim Aktienkurs, der heftig nachgegeben hat, kommt dies eindeutig zum Ausdruck. Die Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr waren schlecht. Die Online-Apotheke ist im letzten Jahr noch tiefer in die roten Zahlen abgedriftet.

Das Kernproblem von Zur Rose besteht darin, dass das elektronische Rezept – das E-Rezept – in Deutschland länger auf sich warten lässt. Hier hat das Management eine Fehleinschätzung gemacht. Die Anleger wurden immer wieder vertröstet, während sich das Ergebnis immer weiter verschlechterte. Weil die Zur-Rose-Führung damit gerechnet hatte, dass das E-Rezept anfangs dieses Jahres eingeführt wird, hatte das Unternehmen seine Marketingausgaben im vergangenen Jahr fast verdoppelt. Das hat sich nicht ausbezahlt. Vielmehr scheint es, als würden diese Kosten nun ohne grosse Wirkung verpuffen. Dazu kamen einmalige Kosten für Akquisitionen und Restrukturierungen. Dies alles führt dazu, dass beim Betriebsergebnis ein sattes Minus von 143 Millionen Franken verbucht werden musste und der Reinverlust 226 Millionen Franken beträgt.

Die Grundidee einer digitalen Versandapotheke halte ich nach wie vor für gut und langfristig für erfolgversprechend.

Es ist tatsächlich so, dass das Unternehmen Kapital verbrennt und sich die Aussichten nochmals verschlechtert haben. Da nach wie vor unklar ist, wann das digitale Rezept in Deutschland kommt, musste Zur Rose auch die eigenen Ziele nach unten revidieren – ein Vorgang, der bei den Investoren sehr schlecht ankommt. Sorgen machen würde mir als Anleger vor allem die Tatsache, dass nicht absehbar ist, wann das E-Rezept vielleicht dann doch kommt. Bis es so weit ist, wird die Firma weiter einiges an Kapital aufbrauchen. So ist es denn auch kein Wunder, dass Zur Rose den Aktionären für die Generalversammlung am 28. April 2022 eine Kapitalerhöhung vorschlägt. Und diese fällt ziemlich happig aus, sofern sie von den Aktionären denn angenommen wird.

Es wird nämlich die Schaffung von genehmigtem Kapital in der Höhe von 30 Prozent des eingetragenen Aktienkapitals und die Erhöhung des bedingten Kapitals auf 20 Prozent des eingetragenen Aktienkapitals beantragt. Begründet wird dies unter anderem mit anstehenden Finanzierungen. Dass damit auch noch ein Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm geschaffen werden soll, würde mich als Aktionär befremden. Dennoch dürfte das Unternehmen angesichts der ungewissen Situation mit dem E-Rezept nicht darum herumkommen, neues Kapital zu schaffen. Dies bringt für bestehende Aktionäre Nachteile, da eine Kapitalerhöhung eine Gewinnverwässerung zur Folge hat.

Nun könnten Sie Ihre Aktien noch vor der Generalversammlung verkaufen. Aus meiner Sicht bringt dies aber nichts mehr, da die beantragte Kapitalerhöhung wahrscheinlich bereits im Kurs eingepreist ist. Die Grundidee einer digitalen Versandapotheke halte ich nach wie vor für gut und langfristig für erfolgversprechend. Ich kann mir gut vorstellen, dass Zur Rose damit langfristig Erfolg haben kann. Allerdings halte ich selbst die nach unten revidierten Ziele der Versandapotheke für ambitioniert. Wahrscheinlich dauert es noch länger, bis sich der erwünschte Erfolg einstellt.

Als Aktionär muss man sich fragen, ob man so viel Geduld hat. Auf der anderen Seite scheint schon sehr viel Negatives im Kurs drin zu sein und es ist jederzeit möglich, dass das E-Rezept kommt – dann würden Sie bei der Aktie eine starke Erholung sehen. Wenn Sie das investierte Geld nicht brauchen, würde ich auf dem tiefen Kursniveau wohl eher nicht mehr verkaufen, sondern auf eine Erholung setzen. Die alten Höchstkurse allerdings werden wir bei Zur Rose – wenn überhaupt – sehr lange nicht mehr sehen. Bei Zur Rose wird nicht nur die Geduld, sondern auch das Vertrauen der Anleger schwer strapaziert.